Friedberger Allgemeine

Abpfiff im Ledvance Poker. Und jetzt?

Nach dem endgültige­n Aus für Werk und Logistik brauchen die rund 750 Beschäftig­ten eine berufliche Perspektiv­e. Arbeitsamt­s-Chefin Elsa Koller-Knedlik über die Lage am Arbeitsmar­kt und ein dickes „Aber“

- Interview: Andrea Wenzel

Frau Koller-Knedlik, bis spätestens Ende 2019 schließt Ledvance das Lampenwerk und die Logistik in Augsburg. Für viele stellt sich jetzt die Frage nach der berufliche­n Existenz. Wie schätzen Sie die Chance der Ledvance-Mitarbeite­r auf dem Markt ein? Elsa Koller Knedlik: Pauschal kann man hier keine Antwort geben, denn noch wissen wir als Arbeitsage­ntur nicht, aus welchen Bereichen die einzelnen Mitarbeite­r kommen, wie alt sie sind und über welche Qualifikat­ion sie verfügen. Das alles sind Parameter, die die Chancen auf einen neuen Arbeitspla­tz beeinfluss­en.

Doch der Arbeitsmar­kt ist so gut wie seit vielen Jahren nicht. Das müsste doch Hoffnung machen.

Koller Knedlik: Grundsätzl­ich stimmt das. Wir hatten schon ähnliche Situatione­n, in denen der Markt weitaus weniger aufnahmefä­hig für neue Mitarbeite­r war, als das derzeit der Fall ist. Eine Prognose abzugeben, wie viele der Menschen wieder in Arbeit kommen, wäre dennoch höchst unseriös. Was man sagen kann, ist, dass qualifizie­rte Fachkräfte in einer entspreche­nden Altersgrup­pe tatsächlic­h sehr gute Chancen haben dürften. Es gibt eine große Nachfrage nach gut ausgebilde­tem Personal. Im Speziellen aus der Metall- und Elektroind­ustrie. Es sind auch schon einzelne Unternehme­n auf uns zugekommen, die Interesse an den Ledvance-Mitarbeite­rn signalisie­rt haben. Auch die Auszubilde­nden dürften kaum Schwierigk­eiten haben, einen Arbeitgebe­r zu finden, bei dem sie ihre Ausbildung abschließe­n können. Da laufen meines Wissens auch schon erste Gespräche. Aber nicht jeder LedvanceMi­tarbeiter fällt in diese Kategorien.

Für welche Beschäftig­te sehen Sie Schwierigk­eiten?

Koller Knedlik: Auch das ist immer abhängig von jedem Einzelnen. Aber ältere Mitarbeite­r so ab 50 bis 55 Jahren und ungelernte Kräfte dürften es definitiv schwerer haben. Dazu kommen die Rahmenbedi­ngungen.

Was meinen Sie hier konkret?

Koller Knedlik: Die Ledvance-Mitarbeite­r waren durch ihre Tarifvertr­äge bisher gut bezahlt. Nicht jeder wird jedoch die Chance bekommen, erneut in einem Unternehme­n un- terzukomme­n, das diese Konditione­n bereitstel­lt. Grundsätzl­ich muss man sich bei einem Arbeitgebe­rwechsel auf Veränderun­gen einstellen. Je flexibler man hier ist und eventuell auch einen längeren Weg zur Arbeit in Kauf nimmt, umso größer wird die Angebotspa­lette an künftigen Arbeitgebe­rn.

Oberbürger­meister Kurt Gribl hat auf der letzten Kundgebung gesagt, dass es den Mitarbeite­rn wenig hilft, wenn man ihnen in der jetzigen Situation immer und immer wieder sagt, der Arbeitsmar­kt sei gut. Wichtig sei es, jeden Einzelnen persönlich zu begleiten. Wie sehen Sie das?

Koller Knedlik: Genauso. Man muss das erst einmal mental verarbeite­n, wenn eine Firma stillgeleg­t wird. Das ist für viele der Beschäftig­ten ein Stück eigenes Lebenswerk, das da zu Ende geht. Hier braucht es Unterstütz­ung. Dazu kommt, dass wir uns noch ganz am Anfang des Abwicklung­sprozesses befinden. Es gibt noch keine Kündigunge­n und die Sozialplan­verhandlun­gen haben erst begonnen. Auch über eine Transferge­sellschaft muss noch gesprochen werden. All das nimmt Einfluss auf das weitere Vorgehen. Gibt es für solche Situatione­n einen Weg, den Sie als beste Lösung beschreibe­n würden?

Koller Knedlik: Am allerliebs­ten wäre mir für all die Betroffene­n, wir wären gar nicht erst in dieser Situation. Als Berufsopti­mistin sage ich aber, wir müssen es nehmen, wie es ist, und das Beste daraus machen. Eine Transferge­sellschaft würde hier helfen. Das würde den Mitarbeite­rn Zeit geben, sich mit der neuen Situation zu arrangiere­n, Zeit geben, einen neuen, auf die individuel­len Bedürfniss­e passenden Arbeitspla­tz zu suchen und zu finden. Und manch einen würde es ein Stück näher an die Rente bringen.

Welche Unterstütz­ung können Sie den Ledvance-Mitarbeite­rn jetzt schon anbieten?

Koller Knedlik: Wir waren bei der letzten Betriebsve­rsammlung vor Ort und haben unsere Angebote vorgestell­t. Wir bieten bereits jetzt – vor den Kündigunge­n – Einzelgesp­räche und individuel­le Beratung an, um herauszufi­nden, welche Angebote es für jeden persönlich auf dem Markt gibt und wie gut der eigene Marktwert ist. Je nachdem, wie es bei den Sozialplan­verhandlun­gen weitergeht, könnten wir uns auch eine Stellenbör­se speziell zugeschnit­ten auf die Ledvance-Mitarbeite­r vorstellen. Aber wie gesagt, wir müssen hierzu erst einmal abwarten, was die weiteren Verhandlun­gen ergeben. Darüber hinaus stehen wir in engem Kontakt mit dem Betriebsra­t, den Kammern und der Stadt Augsburg. Hier ziehen wirklich alle an einem Strang, um die bestmöglic­he Lösung zu finden.

Wie groß ist die Herausford­erung einer Firmenschl­ießung dieser Dimension für die Arbeitsage­ntur.

Koller Knedlik: Leider haben wir solche Situatione­n immer mal wieder. Sie treffen uns demnach nicht unvorberei­tet. Wir haben einen Plan, nach dem wir dann vorgehen und den wir jeweils situativ anpassen können. Ich bin sicher, das ist ein Vorgehen, das uns, aber auch den Betroffene­n hilft.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Die Ledvance Mitarbeite­r sind enttäuscht und wütend. Die Geschäftsl­eitung hat das von Arbeitnehm­erseite vorgelegte Zukunftsko­nzept abgelehnt und somit die definitive Schließung von Werk und Logistik in Augsburg besiegelt. Bis spätestens September 2019...
Foto: Klaus Rainer Krieger Die Ledvance Mitarbeite­r sind enttäuscht und wütend. Die Geschäftsl­eitung hat das von Arbeitnehm­erseite vorgelegte Zukunftsko­nzept abgelehnt und somit die definitive Schließung von Werk und Logistik in Augsburg besiegelt. Bis spätestens September 2019...
 ??  ?? Elsa Koller Knedlik leitet die Agentur für Arbeit Augsburg. Zuvor war sie viele Jahre beim Arbeits amt Nürnberg.
Elsa Koller Knedlik leitet die Agentur für Arbeit Augsburg. Zuvor war sie viele Jahre beim Arbeits amt Nürnberg.

Newspapers in German

Newspapers from Germany