Kritischer Blick auf die Reform im Nahverkehr
Der Proteststurm gegen die Tarifreform im Nahverkehr hat sich offenbar gelegt. Er ist zumindest nicht mehr so massiv zu spüren wie zu Jahresbeginn. Ist damit alles gut? Nein, denn zum einen lässt sich daraus nicht ablesen, ob die Kritiker tatsächlich besänftigt sind. Zum anderen lohnt sich der genaue Blick auf die Folgen der Veränderungen.
Im ersten Schritt geht es darum, zu prüfen, ob die Tarifreform an sich gelungen ist. Sie bringt unbestreitbar Härten mit sich, wenn etwa die Fahrt ins Zentrum plötzlich doppelt so teuer ist oder Abokunden zwei Zonen zustempeln müssen, weil sie außerhalb ihrer bezahlten Zone unterwegs sind. Man kann auch überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, das Kurzstreckenticket auch in Straßenbahnen zu verkaufen. Auf der anderen Seite müssen die Stadtwerke die Chance erhalten, ihre Perspektive darzustellen. Haben sie auf diesem Weg mehr Abonnenten und Fahrgäste gewonnen? Und was würden Veränderungen kosten? Dahinter liegt jedoch noch eine zweite Ebene.
In Zeiten voller Straßen und verpesteter Luft müssen die Überlegungen über Minimalziele hinausgehen. Will man Menschen für den Nahverkehr begeistern, muss er für alle attraktiv sein. Das Ziel muss sein, möglichst viele Menschen in Busse und Straßenbahnen zu bekommen. Hier kommen die Politiker ins Spiel, die zu Recht eine Überprüfung der Reform gefordert haben. Sie müssen am Ende entscheiden, was noch verändert wird und wohin langfristig die Reise geht. Sie müssen im Zweifel aber auch bereit sein, für die Kosten aufzukommen.