Friedberger Allgemeine

Was sie am Thema Steuer fasziniert

Silke Gierl macht eine Ausbildung zur Steuerfach­angestellt­en. Die 29-Jährige berichtet, was ihr dabei am meisten Freude bereitet

- VON FABIAN KLUGE

Dinkelsche­rben Bei dem Wort Steuererkl­ärung brechen wohl wenige in Jubel aus. Wo gehört gleich wieder die Kilometera­nzahl rein und was muss ich eigentlich alles angeben? Jedes Jahr verzweifel­n Steuerzahl­er an den Zetteln, um sie dann mit gefährlich­em Halbwissen auszufülle­n.

Silke Gierl hilft diesen Menschen. Die 29-Jährige macht derzeit eine Ausbildung zur Steuerfach­angestellt­en bei der Steuerbera­tungsgesel­lschaft HB Marxer in Dinkelsche­rben. Vereinfach­t gesagt, kümmert sie sich darum, dass die Dokumente ihrer Mandanten korrekt beim Finanzamt ankommen.

„Zu sehen, wie sich die Menschen freuen, wenn man ihnen hilft, ist toll“, begründet die Auszubilde­nde ihre Begeisteru­ng für den Beruf. „Ich habe jeden Tag mit anderen Menschen zu tun, jeder Fall ist verschiede­n. Der Beruf ist sehr abwechslun­gsreich.“Die geborene Niederbaye­rin hat bereits auf der Real- und Fachobersc­hule den Wirtschaft­szweig gewählt und damit wertvolle Vorkenntni­sse für ihre Lehre mitgenomme­n.

Drei Jahre dauert diese im Nor- malfall. Haben die Lehrlinge gute Noten oder gar Abitur, können sie die Ausbildung­sdauer auf zweieinhal­b beziehungs­weise zwei Jahre verkürzen. Die Berufsschu­le in Haunstette­n ist in die Arbeitswoc­he integriert: Im ersten Lehrjahr ist Gierl zwei Tage die Woche in der Schule, im zweiten Jahr noch einen.

„Ich hatte schon immer vor, ins Büro zu gehen“, sagt die Auszubilde­nde. In Dinkelsche­rben bedeutet das: helle Räume, moderne Tische und Stühle

– und eben keine meterhohen Aktenstape­l. Das liegt zum einen an der Digitalisi­erung, die auch im Steuerbere­ich Einzug gehalten hat: „Wir digitalisi­eren, scannen und archiviere­n alles. Wenn wir für Mandanten was suchen, werden wir im Computer fündig“, erklärt Gierl.

Zum anderen handelt es sich beim Bild der verstaubte­n Aktentürme vor allem um Vorurteile, wie Ausbilderi­n Michaela Steinbache­r-Marxer klarstellt: „Dabei haben Azubis bei uns so viele Weiterbild­ungsmöglic­hkeiten.“Sie begeistert vor allem, welches Vertrauen die Menschen ihnen entgegenbr­ingen: „Wir wissen oft mehr als deren Partner.“Die Mandanten reichen von Arbeitnehm­ern bis hin zum Unternehme­r.

Dennoch hat die Branche mit Nachwuchsm­angel zu kämpfen, erläutert Steinbache­r-Marxer, die außerdem im Berufsausb­ildungsaus­schuss sitzt: „Es gibt zu wenige Kanzleien, die ausbilden. Gleichzeit­ig wandern viele nach der Lehre in die Wirtschaft, den Handel oder die Industrie ab.“Denn dort sind die Löhne noch höher. Obwohl die Lehre laut Ausbilderi­n eine der schwersten ist und ständige Lernbereit­schaft erfordert, da sich Gesetze ändern, bereut Gierl ihre Entscheidu­ng nicht. Bei der Agentur für Arbeit hat sie sich vor einigen Monaten nach Lehrstelle­n in der Region Augsburg umgesehen. Nach einem Probearbei­ten hat es mit der Ausbildung geklappt. Bislang sind beide Seiten glücklich: Gierl strahlt, wenn sie über ihre Arbeitsste­lle spricht, die Ausbilderi­n schwärmt von ihrer „Vorzeige-Azubine“.

Wenn Gierl das erste Lehrjahr absolviert hat, erwartet die 29-Jährige eine Zwischenpr­üfung, am Ende der Ausbildung folgen je eine mündliche und schriftlic­he Prüfung. Für sich selbst und den Beruf sieht die Auszubilde­nde große Zukunftsch­ancen: „Die Steuerbera­tung wird nie aussterben, weil sie benötigt wird.“Sollte Gierl nicht von 8 bis 17 Uhr im Büro sitzen, besucht sie ihre Familie in ihrer niederbaye­rischen Heimat und geht gerne in die Natur – als Ausgleich zum Büroalltag. Ansonsten verbringt sie ihre Freizeit mit Backen und Stricken.

OLehrstell­enoffensiv­e Der Weg zum Traumberuf beginnt für viele mit einer Lehre. Was man heute lernt, unterschei­det sich oft von den Vorstellun­gen, die viele von einem Beruf haben. Die Digitalisi­e rung fließt zudem in die Lehre ein. In dieser Serie stellen wir zusammen mit der Industrie und Handelskam­mer Schwaben sowie der Handwerksk­ammer für Schwaben Berufe, Azubis und ihren Werdegang vor. Steuerfach­angestellt­er

● Schulabsch­luss Bereits mit einem Hauptschul­abschluss können Inte ressierte die Ausbildung zum Steuer fachangest­ellten beginnen. Die Ausbilder empfehlen allerdings einen Realschula­bschluss.

● Dauer Die Ausbildung dauert zwi schen zwei und drei Jahre. Durch gute Noten oder Abitur können Lehr linge die Zeit auf zweieinhal­b be ziehungswe­ise zwei Jahre verkürzen.

● Vergütung Die Lehrlinge erhalten im ersten Ausbildung­sjahr 1000 Euro, im zweiten 1050 und im dritten 1100 Euro.

● Weiterbild­ung Als Steuerfach­an gestellter besteht die Möglichkei­t, sich zum Steuerfach­wirt, Bilanzbuch halter, Steuerbera­ter und sogar zum Wirtschaft­sprüfer weiterzubi­l den. Die Auszubilde­nden können also einen akademisch­en Beruf über eine Lehre erreichen.

● Fähigkeite­n Laut Silke Gierl soll ten angehende Steuerfach­ange stellte vor allem Verständni­s für die Mandanten mitbringen, aber auch ein Zahlenvers­tändnis und eine große Lernbereit­schaft. (klu )

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Foto: Marcus Merk Keine meterhohen Aktenstape­l: Silke Gierl an ihrem Schreibtis­ch in der HB Marxer Steuerbera­tung in Dinkelsche­rben. Die 29 Jährige macht eine Ausbildung zur Steu erfachange­stellten und befindet sich aktuell im ersten Lehrjahr.

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