Wie Augsburg gegen die dicke Luft kämpft
Ein Masterplan soll alle Maßnahmen zusammenführen. Doch die Zeit drängt. Mit einer Technologie-Konferenz im Juni will Oberbürgermeister Kurt Gribl zudem Umwelt-Innovationen fördern
Die Karlstraße in der Innenstadt ist die schmutzigste Ecke Augsburgs. 47 Mikrogramm Stickoxide pro Kubikmeter Luft wurden hier 2015 im Jahresmittel berechnet. Insgesamt zehn Augsburger Straßenabschnitte überschreiten den EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm. Damit könnten der Stadt im schlimmsten Fall Diesel-Fahrverbote drohen.
Doch so weit soll es nach dem Willen der Stadtregierung nicht kommen. Im Gegenteil: Während bundesweit über Fahrverbote und blaue Plaketten für saubere Dieselautos diskutiert wird, treibt Augsburgs Umweltreferent Reiner Erben einen Masterplan für gesunde Luft in der City voran. Zudem entsteht im Oberbürgermeisterbüro gerade das Feinkonzept für den „Clean Air Tech Day“, eine Konferenz, in der über kreative und smarte Lösungen im Kampf gegen gesundheitsgefährdende Luftverschmutzung diskutiert werden soll.
Der grüne Umweltreferent Erben steht mit dem „Masterplan nachhaltige und emissionsfreie Mobilität“unter Zeitdruck. Er muss bis zum
31. Juli 2018 fertig sein, damit die Stadt eine Förderung für die Planung aus dem sogenannten DieselFonds der Bundesregierung erhält. Es geht um Zuschüsse in Höhe von 200 000 Euro. Ausgearbeitet wird der Plan von der Münchner Agentur Green City. Er beschreibt vier Bereiche, die in Summe die Augsburger Luft verbessern sollen:
● Nahverkehr Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) soll attraktiver werden. „Eine Stabilisierung beziehungsweise Reduzierung der individuellen Pkw-Mobilität ist sinnvoll“, heißt es in dem Konzept. Durch den Ausbau von Park-andride-Plätzen sollen Tram und Bus intelligent mit dem Privatauto vernetzt werden. Geplant ist die neue Tramlinie 5 vom Hauptbahnhof zum Klinikum. Die bestehende Straßenbahnlinie 3 wird bis Königsbrunn verlängert.
● Elektromobilität Die Stadt will den Ausbau der Lade-Infrastruktur fördern, um Elektro-Autos attraktiver zu machen. Das Ziel ist ein enges Netz von privaten und öffentlichen Stromtankstellen. Die Busse der Stadtwerke fahren bereits seit Jahren emissionsarm mit Erdgas. Hier besteht kein Handlungsbedarf. Doch der Großteil der 440 Autos des städtischen Fuhrparks wird mit äl- Dieselmotoren angetrieben. Bei den Stadtwerken ist die Lage ähnlich. Geplant ist ein vorgezogener Austausch der städtischen AltDiesel. Das Amt für Grünordnung hat bereits vier Elektro-Scooter bestellt.
● Fahrradstadt 2020 Mit dem Projekt soll der Anteil des Fahrradverkehrs am Gesamtverkehr in Augsburg bis 2020 auf 25 Prozent gesteigert werden. Neue Fahrradwege werden an wichtigen Verkehrsachsen wie Neuburger und Donauwörther Straße entstehen.
● Digitalisierung Intelligente Ampeln sollen künftig den Verkehrsfluss verbessern. In der Friedberger Straße ist das bereits umgesetzt. Es folgen neue Systeme für die Haun- stetter und die Donauwörther Straße. Für die Innenstadt ist ein dynamisches Parkleitsystem geplant. Es soll auf vorhandene Parkmöglichkeiten hinweisen und den Parksuchverkehr reduzieren.
Referent Erben ist angesichts des Masterplans sicher: „Bis 2020 ist die Augsburger Luft so sauber, dass keine Grenzwerte mehr überschritten werden.“Dennoch wäre er gerne bei Projekten wie der Fahrradstadt weiter. Erben: „Leider hat umweltfreundliche Verkehrspolitik im Stadtrat oft keine Mehrheit, weil Stadträten von CSU und SPD häufig die Überzeugung fehlt, dass Mobilität mehr ist als Autofahren.“
Die gelegentlich von Einzelhändlern erhobene Forderung nach eiteren nem zusätzlichen Parkhaus unterstützt Erben nicht. „Das wird uns nicht helfen“, sagt der Referent.
Der Oberbürgermeister sieht das ähnlich: „Wir haben genügend Parkhaus-Kapazitäten in der Innenstadt. Der Individualverkehr führt auch nicht zur gewünschten Schadstoffreduzierung“, unterstreicht Kurt Gribl.
Derweil denkt der OB bereits über den Masterplan hinaus. Mit einem „Clean Air Tech Day 2018“will er das Profil der Umweltstadt Augsburg stärken. Die Konferenz findet am 5. Juni im Technologiezentrum statt. Ziel ist es, smarte technische Lösungen für saubere Stadtluft zu fördern. Bei einem Erfolg könnte aus der Konferenz ein regelmäßiges Messeformat werden. Augsburg soll mit dem Clean Air Tech Day bundesweit eine Vorreiterrolle übernehmen. „Wir wollen innovative Umweltideen fördern und auch Start-up-Firmen, die sich mit sauberer Stadtluft befassen, eine Plattform bieten“, sagt Gribl.
Zur Auftaktveranstaltung kommen Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Angefragt sind unter anderem Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer und der Münchner Diesel-Experte Professor Dr. Georg Wachtmeister von der TU München. Wenn Masterplan und „Clean Air Tech Day“erfolgreich sind, gibt es weniger dicke Luft in Augsburg. Nicht nur an der Karlstraße.