Von wegen fade Orgelstücke
Moritz Hopmann ist Kirchenmusiker von Sankt Jakob in Friedberg. Der 43-Jährige ist vielseitig und sprengt alle Klischees seines Berufs
Friedberg Kirchenmusiker - das sind die alten Männer, die sonntagmorgens fade Lieder auf Orgeln spielen, die in halb leeren Kirchen stehen. So oder ähnlich könnte man sich das vorstellen. Und läge damit zu 100 Prozent falsch. Zumindest, wenn es um Moritz Hopmann geht, seines Zeichens Kirchenmusiker von St. Jakob in Friedberg. Der stets gut gelaunte 43-Jährige mit Ohrring widerlegt so ziemlich alle Klischees vom langweiligen Job an der Orgel. Seit zwei Jahren kümmert er sich nicht nur um das große Tasteninstrument auf der Empore, sondern leitet auch mehrere
Chöre, ein Orchester, eine Schola. „Kürzlich habe ich begonnen, meine Arbeitszeit zu erfassen. Über das Ergebnis bin ich ziemlich erschrocken“, sagt der engagierte Musiker schmunzelnd. „Aber die Arbeit in Friedberg gefällt mir sehr. Ehrenamtliche zeigen hier viel Einsatz, es gibt es ein lebendiges Gemeindeleben.“
Der gebürtige Essener fand den Weg zur Musik durch sein musikalisches Elternhaus schon früh. Unterricht in Klavier und Horn, Schulorchester, Orgelstunden, schließlich der C-Kurs für ehrenamtliche Kirchenmusiker – ohne damals einen klaren Berufswunsch zu haben, legte er die besten Grundlagen für sein heutiges Schaffen.
„Mein Lebensweg ist recht kurvig. An der Universität in Essen begann ich, Philosophie und Geschichte zu studieren, eigentlich sah ich meine Zukunft im Kulturmanagement. Das Studium brach ich ab und arbeitete in Augsburg tatsächlich eine Weile in diesem Bereich. Durch Zufall landete ich aber schließlich in Sankt Georg in Augsburg und war dort 16 Jahre Kirchenmusiker, bevor ich die Ausschreibung der Stelle in Friedberg entdeckte.“
Dass er den gefragten Job bekam, freut ihn noch immer: „Beruflich und familiär war es gut, nach Friedberg zu kommen.“Vor allem der singende Nachwuchs der Gemeinde liegt dem Vater von vier Kindern sehr am Herzen. Seinen drei Kinderchören für Sänger im Vorschulalter bis zur siebten Klasse und dem Jugendchor schenkt er besondere Aufmerksamkeit. „Ich versuche, in jeder Probe jedes Kind einmal ganz bewusst wahrzunehmen: Wie geht es ihm, wie singt es?“Weil das nur in kleineren Gruppen möglich ist, hat Hopmann die ursprünglich zwei Kinderchöre auf drei Gruppen aufgeteilt. Sein eigener Nachwuchs – die Älteste ist zehn Jahre alt – singt dort auch mit.
Wer zu alt für den Jugendchor ist, kann in den Kirchenchor eintreten, in dem über 60 Männer und Frauen auf recht hohem Niveau musizieren. „Als ich in Friedberg anfing, war ich etwas eingeschüchtert vom Repertoire des Chors. Er hatte unter Peter Schnur schon wirklich tolle Stücke aufgeführt: Weihnachtsoratorium, Mozart-Requiem, Haydn-Messen. „Ich fragte mich, was ich den Sängern überhaupt noch bieten könnte“, erinnert sich der Organist zurück. Seine Sorgen waren unbegründet: Es zeigte sich schnell, dass Chorleiter und Chor gut zusammenpassten.
Wer seinen Werdegang in Augsburg kennt, dürfte davon nicht überrascht sein: Anfangs gab es in seiner Gemeinde gar keinen Kirchenchor, dann fanden sich unter Hopmanns Leitung acht Kandidaten zusammen und als er in Richtung Friedberg davonzog, waren es schon stattliche 30. „Am meisten Spaß macht mir ohnehin das Laienmusizieren. Damit meine ich nicht schlechte Musik, sondern Musik von Menschen, die keine professionellen Musiker sind. Bei ihnen gibt es weniger Eitelkeit und Geltungsbedürfnis als in oberen Etagen. Da geht es einfach nur um die Freude an der Sache. Und man kann auf jedem Niveau tolle Musik machen, nicht nur als Weltklasse-Chor.“
Zum Beruf des Kirchenmusikers gehört nicht nur Musik, sondern auch Kirche. Und die ist für Hopmann nicht lediglich der Arbeitgeber, sondern er will mit seiner Musik seinen eigenen Glauben ausdrücken und verkünden. „Genau deshalb bin ich kein Orchestermusiker oder Musiklehrer geworden“, erklärt er.
Doch sein Interesse geht auch über die religiöse Musik hinaus. Zum Ausgleich leitet Hopmann das A-cappella-Ensemble Chorfeo in Augsburg, das Jazz und Pop singt, und hört auch gerne ganz andere Stile. „Es gibt fast keine Musikrichtung, die ich nicht mag; Rock und zeitgenössische Musik gefallen mir sehr, und auch andere Kunstformen wie Literatur oder Malerei sprechen mich an. Gute Kunst ist nie nur Unterhaltung. Sie transportiert etwas, das man nicht in Worten ausdrücken kann, und das fasziniert mich. Kunst ist für mich nicht nur ein netter Zeitvertreib, sondern ein wichtiger Teil des Lebens.“
Die schönste Kunstform findet Friedbergs Kirchenmusiker das gemeinsame Singen, denn „Singen verbindet, die Leute kommen zusammen, Alter und soziale Herkunft sind unwichtig“. Seine Sänger können das nur bestätigen.