Friedberger Allgemeine

Von wegen fade Orgelstück­e

Moritz Hopmann ist Kirchenmus­iker von Sankt Jakob in Friedberg. Der 43-Jährige ist vielseitig und sprengt alle Klischees seines Berufs

- VON DANIEL WEBER

Friedberg Kirchenmus­iker - das sind die alten Männer, die sonntagmor­gens fade Lieder auf Orgeln spielen, die in halb leeren Kirchen stehen. So oder ähnlich könnte man sich das vorstellen. Und läge damit zu 100 Prozent falsch. Zumindest, wenn es um Moritz Hopmann geht, seines Zeichens Kirchenmus­iker von St. Jakob in Friedberg. Der stets gut gelaunte 43-Jährige mit Ohrring widerlegt so ziemlich alle Klischees vom langweilig­en Job an der Orgel. Seit zwei Jahren kümmert er sich nicht nur um das große Tasteninst­rument auf der Empore, sondern leitet auch mehrere

Chöre, ein Orchester, eine Schola. „Kürzlich habe ich begonnen, meine Arbeitszei­t zu erfassen. Über das Ergebnis bin ich ziemlich erschrocke­n“, sagt der engagierte Musiker schmunzeln­d. „Aber die Arbeit in Friedberg gefällt mir sehr. Ehrenamtli­che zeigen hier viel Einsatz, es gibt es ein lebendiges Gemeindele­ben.“

Der gebürtige Essener fand den Weg zur Musik durch sein musikalisc­hes Elternhaus schon früh. Unterricht in Klavier und Horn, Schulorche­ster, Orgelstund­en, schließlic­h der C-Kurs für ehrenamtli­che Kirchenmus­iker – ohne damals einen klaren Berufswuns­ch zu haben, legte er die besten Grundlagen für sein heutiges Schaffen.

„Mein Lebensweg ist recht kurvig. An der Universitä­t in Essen begann ich, Philosophi­e und Geschichte zu studieren, eigentlich sah ich meine Zukunft im Kulturmana­gement. Das Studium brach ich ab und arbeitete in Augsburg tatsächlic­h eine Weile in diesem Bereich. Durch Zufall landete ich aber schließlic­h in Sankt Georg in Augsburg und war dort 16 Jahre Kirchenmus­iker, bevor ich die Ausschreib­ung der Stelle in Friedberg entdeckte.“

Dass er den gefragten Job bekam, freut ihn noch immer: „Beruflich und familiär war es gut, nach Friedberg zu kommen.“Vor allem der singende Nachwuchs der Gemeinde liegt dem Vater von vier Kindern sehr am Herzen. Seinen drei Kinderchör­en für Sänger im Vorschulal­ter bis zur siebten Klasse und dem Jugendchor schenkt er besondere Aufmerksam­keit. „Ich versuche, in jeder Probe jedes Kind einmal ganz bewusst wahrzunehm­en: Wie geht es ihm, wie singt es?“Weil das nur in kleineren Gruppen möglich ist, hat Hopmann die ursprüngli­ch zwei Kinderchör­e auf drei Gruppen aufgeteilt. Sein eigener Nachwuchs – die Älteste ist zehn Jahre alt – singt dort auch mit.

Wer zu alt für den Jugendchor ist, kann in den Kirchencho­r eintreten, in dem über 60 Männer und Frauen auf recht hohem Niveau musizieren. „Als ich in Friedberg anfing, war ich etwas eingeschüc­htert vom Repertoire des Chors. Er hatte unter Peter Schnur schon wirklich tolle Stücke aufgeführt: Weihnachts­oratorium, Mozart-Requiem, Haydn-Messen. „Ich fragte mich, was ich den Sängern überhaupt noch bieten könnte“, erinnert sich der Organist zurück. Seine Sorgen waren unbegründe­t: Es zeigte sich schnell, dass Chorleiter und Chor gut zusammenpa­ssten.

Wer seinen Werdegang in Augsburg kennt, dürfte davon nicht überrascht sein: Anfangs gab es in seiner Gemeinde gar keinen Kirchencho­r, dann fanden sich unter Hopmanns Leitung acht Kandidaten zusammen und als er in Richtung Friedberg davonzog, waren es schon stattliche 30. „Am meisten Spaß macht mir ohnehin das Laienmusiz­ieren. Damit meine ich nicht schlechte Musik, sondern Musik von Menschen, die keine profession­ellen Musiker sind. Bei ihnen gibt es weniger Eitelkeit und Geltungsbe­dürfnis als in oberen Etagen. Da geht es einfach nur um die Freude an der Sache. Und man kann auf jedem Niveau tolle Musik machen, nicht nur als Weltklasse-Chor.“

Zum Beruf des Kirchenmus­ikers gehört nicht nur Musik, sondern auch Kirche. Und die ist für Hopmann nicht lediglich der Arbeitgebe­r, sondern er will mit seiner Musik seinen eigenen Glauben ausdrücken und verkünden. „Genau deshalb bin ich kein Orchesterm­usiker oder Musiklehre­r geworden“, erklärt er.

Doch sein Interesse geht auch über die religiöse Musik hinaus. Zum Ausgleich leitet Hopmann das A-cappella-Ensemble Chorfeo in Augsburg, das Jazz und Pop singt, und hört auch gerne ganz andere Stile. „Es gibt fast keine Musikricht­ung, die ich nicht mag; Rock und zeitgenöss­ische Musik gefallen mir sehr, und auch andere Kunstforme­n wie Literatur oder Malerei sprechen mich an. Gute Kunst ist nie nur Unterhaltu­ng. Sie transporti­ert etwas, das man nicht in Worten ausdrücken kann, und das fasziniert mich. Kunst ist für mich nicht nur ein netter Zeitvertre­ib, sondern ein wichtiger Teil des Lebens.“

Die schönste Kunstform findet Friedbergs Kirchenmus­iker das gemeinsame Singen, denn „Singen verbindet, die Leute kommen zusammen, Alter und soziale Herkunft sind unwichtig“. Seine Sänger können das nur bestätigen.

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Foto: Daniel Weber Moritz Hopmann ist Kirchenmus­iker von Sankt Jakob in Friedberg. Orgelspiel­en ist dabei bei weitem nicht die einzige Aufgabe des gebürtigen Esseners.

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