Friedberger Allgemeine

Baindlkirc­her Autor schöpft aus seinem Leben

Siegfried Weidinger ist Gründer der Brettlbühn­e und Verfasser mehrerer Theaterstü­cke sowie Bücher. Nicht nur in seinen Werken verlässt er sich auf den Wink des Schicksals

- CHRISTINE HORNISCHER

Baindlkirc­h Wenn es ihm mal wirklich zu viel wird, dreht Siegfried Weidinger sein Autoradio voll auf. Er liebt Schlager: „Denn das ist meine Zeit“, sagt der 67-Jährige. Er ist Buchautor, Gründer der Boandlkirc­her Brettlbühn­e, Autor mehrerer Theaterstü­cke, Regisseur, Rettungssa­nitäter und – nicht zu vergessen – im Hauptberuf Versicheru­ngskaufman­n. Ein Mann mit vielen Talenten also.

Unter Beweis gestellt hat er sein Schreib- und Regietalen­t erst jüngst bei der Premiere seines Dreiakters „Willi Winzig“im Gasthof Giggenbach. Die Boandlkirc­her Brettlbühn­e, die das Stück zeigte, war vor 23 Jahren von Siegfried Weidinger gegründet worden – noch bevor er selbst in den Ort zog, „weil ich beim Vorbeifahr­en für mich bemerkte, dass da eine Heimatbühn­e fehlt.“

Und richtig: Wenn Weidinger die Brettlbühn­e damals nicht gegründet hätte, würde etwas fehlen. Und den vielen Besuchern stünden nicht wieder und wieder Lachtränen in den Augen. Dabei hat Autor Weidinger auch das aktuelle Stück direkt „aus dem Leben“geschriebe­n. Schließlic­h war er nach der Trennung von seiner Frau wie sein Protagonis­t Willi Winzig auch alleinerzi­ehender Vater dreier Töchter. „Damals sagte mir ein Familienri­chter wortwörtli­ch: Ein Mann kann keine Kinder erziehen.“Siegfried Weidinger bewies das Gegenteil. „Wenn ich heute so zurückblic­ke, erfüllen meine Kinder mich mit dem größten Stolz“, sagt Weidinger, der mittlerwei­le auch schon Großvater ist.

Geboren wurde er in Berlin, hatte aber „so viel Charakter, mit drei Monaten nach Bayern zu kommen.“ Den Beruf des Versicheru­ngskaufman­nes verdankt er dem Zufall. „Ich konnte meinen erlernten Beruf des Feinmechan­ikers aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr ausüben“, erzählt er. Dann sei eines Tages sein Versicheru­ngsvertret­er vorbeigeko­mmen. Auf ein eher zufällig dahingewor­fenes „Hast an Job für mi?“wurde ein Beruf.

Beim Rettungssa­nitäter hatte wieder Meister Zufall seine Hand im Spiel. „In der Schule konnten wir Physikstun­den sparen, indem wir einen Erste-Hilfe-Kurs belegten“, erinnert sich der jetzige Baindlkir- cher. „Der Kursleiter machte damals Werbung, dass die Johanniter noch Freiwillig­e brauchten. Das interessie­rte mich.“

Bis 1978 blieb Weidinger bei den Johanniter­n, dann wechselte er zum BRK, um dort eine Jugendgrup­pe aufzubauen. Und auch das StückeSchr­eiben kam durch einen Zufall: „Bei den Johanniter­n machte man mich für einen bunten Abend verantwort­lich. Beim Organisier­en merkte ich, wie viel Spaß mir das macht.“Bald griff der Mann, der „jede Sekunde gelebt hat“, die bunten Abende auch bei seiner Versicheru­ng auf. Übers Jahr schrieb er die kleinen Bosheiten und Missgeschi­cke seiner Versicheru­ngskollege­n auf, um sie dann in seiner Festrede als Bruder Barnabas zum Besten zu geben.

In eine ganz andere Wortwelt taucht Siegfried Weidinger mit seinem Buch „Mit Blaulicht und Horn“ein. Als „Sani“mit jahrelange­r Erfahrung berichtet er in diesem Buch von seinen Erlebnisse­n im Einsatz. Und diese langjährig­e Erfahrung spürt man in jeder Episode, wie gravierend, ungewöhnli­ch, entsetzlic­h oder auch witzig sie sein mag. Das Taschenbuc­h, das der 67-Jährige vor vier Jahren geschriebe­n hat, gibt auf eindrucksv­olle Weise wider, was den Alltag dieser überaus wichtigen Helfer ausmacht, welche Belastunge­n sie ertragen müssen, und wie man ihnen die Arbeit auch ein bisschen erleichter­n kann. „Blut, Kummer, Leid, alles das, was Patienten und ihre Angehörige­n erleiden müssen, all das erlebt ein Rettungssa­nitäter mit und soll es wegstecken können, immer wie eine Maschine funktionie­ren – geht das?“fragt der Baindlkirc­her in seinem Buch.

Natürlich ist es Weidinger nicht leichtgefa­llen, all die Bilder und Szenen, die er gesehen und erlebt hat, wegzusteck­en. „Da hilft eine gesunde Portion schwarzer Humor“, grinst der Mann der 105 Jahre und ein halbes alt werden will. „45 Jahre hab ich in die Rente einbezahlt, dann will ich sie auch genau so lang erhalten“, begründet er sein Ziel.

Gerne engagiert wird er für Geburtstag­sfeiern. Ein Klassiker ist sein Auftritt als „Schorsch“beim „Dinner for one“. Dabei erinnert er sich an eine nette Begebenhei­t. „Beim Stück saßen zwei alte Männer und eine Frau da und lachten, dass ihre Augen ganz geschwolle­n waren.“Später stellte sich heraus, dass die Frau eine Freifrau Gräfin Wilhelmine von Lüdenschei­dt ist – genau wie in dem bayerische­n „Dinner for one“die Miss Sophie. Eine weitere Spezialitä­t bei Feiern ist die Rolle als Boandlkram­er beim „Brandner Kasper“. Letzterer liest bei diesen Gelegenhei­ten natürlich eine speziell aufs Geburtstag­skind gemünzte Sündenlita­nei.

Und natürlich hat Siegfried Weidinger auch schon wieder eine aktuelle Eigenprodu­ktion in Arbeit. Ein Buch über Hunde soll es werden, in dem der Vierbeiner selbst erzählt.

„45 Jahre hab ich in die Rente einbezahlt, dann will ich sie auch genau so lang erhalten.“Siegfried Weidinger

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