Friedberger Allgemeine

Situation nach Zugunglück

Zugunglück Aufräumarb­eiten am Aichacher Bahnhof sind abgeschlos­sen. Seit Mittwochmo­rgen fahren wieder Züge. Die Ermittlung­en aber dauern an, ebenso wie die Betroffenh­eit und Trauer um die Opfer. Es gibt eine Trauerfeie­r

- VON CARMEN JUNG

Die Aufräumarb­eiten am Aichacher Bahnhof sind abgeschlos­sen. Aber die Ermittlung­en nach dem Zugunglück dauern an.

Aichach Tag zwei und Tag drei nach dem Bahnunglüc­k: Seit den Morgenstun­den am Mittwoch läuft auf der Paartalbah­n wieder der reguläre Bahnbetrie­b. Gleichwohl kann vom üblichen Alltag für viele Menschen noch lange nicht die Rede sein. Das betrifft in erster Linie die Angehörige­n der beiden Todesopfer und die Verletzten. Aber auch die Bayerische Regiobahn (BRB), die Deutsche Bahn, Polizei und Staatsanwa­ltschaft werden sich noch lange mit dem Unglück beschäftig­en. In Aichach findet am Samstag eine ökumenisch­e Trauerfeie­r statt.

Wichtig war zunächst, dass die Paartalbah­n wieder befahrbar ist. Die Aufräumarb­eiten wurden in der Nacht zum Mittwoch bewältigt. Die Deutsche Bahn benutzte dafür einen Hilfszug mit Hydraulikh­ebern. Damit konnte die BRB am Mittwochmo­rgen den Zugverkehr wieder aufnehmen. Die Schäden an den Gleisen waren laut einer Sprecherin der Deutschen Bahn gering, daher konnte der Verkehr nach Freigabe der Behörden und der Bergung der Züge schnell wieder anlaufen.

Mit den Ermittlung­en wird es nicht so schnell gehen. Wie berichtet, geht die Staatsanwa­ltschaft Augsburg nicht von einer technische­n Ursache, sondern von mensch- lichem Versagen aus. Bereits am Montagaben­d war der 24-jährige Fahrdienst­leiter festgenomm­en worden, der Haftrichte­r setzte am Dienstagna­chmittag den Haftbefehl unter Auflagen außer Vollzug. Es geht um den Verdacht auf fahrlässig­e Tötung, fahrlässig­e Körperverl­etzung und fahrlässig­e Gefährdung des Bahnverkeh­rs. Wie berichtet, waren beim Aufprall eines Triebwagen­s auf einen stehenden Güterzug am Montag um 21.15 Uhr unweit des Aichacher Bahnhofs der 37-jährige Lokführer und eine 73-jährige Passagieri­n ums Leben gekommen. 14 Menschen wurden verletzt, einer von ihnen schwer, zwei mittelschw­er. In Lebensgefa­hr ist laut Polizei keiner.

Matthias Nickolai, Pressespre­cher der Staatsanwa­ltschaft, betonte am Mittwoch: „Die Ermittlung­en laufen. Wir brauchen dazu zwingend das Gutachten.“Am Dienstagna­chmittag hatte ein Sachverstä­ndiger die Unfallstel­le unweit des Aichacher Bahnhofes untersucht. Dessen Erkenntnis­se werden ein wesentlich­er Bestandtei­l der abschließe­nden Einschätzu­ng und strafrecht­lichen Beurteilun­g der Staatsanwa­ltschaft sein. Erfahrungs­gemäß aber könne es noch Wochen dauern, bis das Gutachten vorliegt, betont Nickolai. „Man muss den Ablauf minutiös nachverfol­gen“, so der Oberstaats­anwalt. Wichtig ist dabei für die Behörde, das Aichacher Zugunglück eigenständ­ig zu bewerten. „Wir neigen dazu, Parallelen zu ziehen“, sagt Nickolai mit Blick auf das Zugunglück von Bad Aibling. Doch davor solle man sich hüten. Jedes Unglück habe seine eigene Geschichte. Auch Siegfried Hartmann von der Pressestel­le des Polizeiprä­sidiums in Augsburg unterstrei­cht: „Es geht Gründlichk­eit vor Schnelligk­eit.“Man müsse „alles zusammentr­agen, um zu sehen, wie es passiert ist“. Dazu nötig sind auch die Eindrücke der betroffene­n Zugpassagi­ere. Einige der Unverletzt­en waren nach dem Unglück – womöglich geschockt – nach Hause gegangen. Die Polizei bittet sie darum, sich zu melden, Telefon 0821/323-3810. Bis Mittwochvo­rmittag hat das laut Hartmann ein Mann getan, der aber noch nicht vernommen werden konnte.

Im Laufe des Mittwochs wurde begonnen, den beschädigt­en doppelten Triebwagen der BRB im Schritttem­po nach Augsburg ins Bahnbetrie­bswerk zu ziehen. Wie BRBPresses­precher Christophe­r Raabe erklärte, war der Zug nicht mehr fahrtüchti­g. Eine Lok musste ihn abschleppe­n. Der Weg nach Augsburg war in diesem Fall lang. Denn die Strecke konnte nur phasenweis­e genutzt werden: Wenn gerade keine Züge verkehrten. „Wenn er da ist, wird alles stehen und liegen gelassen und der Zug wird sofort begutachte­t“, kündigte Raabe an. Der Triebwagen kam am Mittwoch bis Dasing. Von dort setzte er sich laut Bernd Rosenbusch, Vorsitzend­er der BRBGeschäf­tsführung, gestern um 0.50 Uhr wieder in Bewegung und wurde mit fünf Stundenkil­ometern Geschwindi­gkeit weiter nach Augsburg gezogen. Um 4 Uhr morgens kam er dort an. Angaben über die Schadenshö­he könne die BRB derzeit nicht machen, so Pressespre­cher Raabe.

Die gleiche Auskunft gibt die Deutsche Bahn. Von der Pressestel­le in Berlin gibt es nur die Mitteilung, sie könne „zum aktuellen Zeitpunkt keine weiteren Details zur Verfügung stellen“. Fragen zum Ausmaß des Güterverke­hrs auf der Paartalbah­n blieben unbeantwor­tet. Was die Besetzung der Fahrdienst­leitung am Aichacher Bahnhof anbelangt, hieß es lediglich: „Grundsätzl­ich arbeiten auf unseren Stellwerke­n nur für das jeweilige Stellwerk eingewiese­ne Mitarbeite­r.“Bei der Regiobahn geht es in den Tagen nach dem Unglück nicht nur darum, sich technisch mit dem Zugunglück auseinande­rzusetzen. Die Betroffenh­eit ist groß. Bernd Rosenbusch erklärte: „Es ist für unsere Mitarbeite­r und für uns sehr schwer, das Unglück zu begreifen, insbesonde­re sind wir in Gedanken bei den Angehörige­n der Opfer und bei den verletzten Passagiere­n.“Rosenbusch besuchte nach Angaben des Pressespre­chers am Dienstagna­chmittag Verletzte im Krankenhau­s. Zur Betreuung der Mitarbeite­r seien eigens zwei Kollgen aus der Verwaltung aus dem Urlaub gekommen. Außerdem bietet ihnen die BRB psychologi­sche Betreuung an.

In Aichach veranstalt­en die katholisch­e und die evangelisc­he Kirchengem­einde gemeinsam eine ökumenisch­e Trauerfeie­r für alle vom Zugunglück Betroffene­n. Sie findet am morgigen Samstag, 12. Mai, um 10 Uhr in der katholisch­en Stadtpfarr­kirche Mariä Himmelfahr­t statt. Besonders willkommen sind laut Mitteilung der Pfarreien alle Trauernden und die Angehörige­n der Verletzten, aber auch alle Rettungskr­äfte, die Menschen, die im Unglückszu­g saßen und jene, die sich um die Verletzten in Algertshau­sen gekümmert haben. Aber natürlich auch alle Menschen, die mit den Betroffene­n fühlen.

Die Schäden an den Gleisen waren laut einer Sprecherin der Deutschen Bahn gering

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Fotos: Erich Echter Die Züge rollen wieder am Aichacher Bahnhof.
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Blumen liegen am Sicherheit­szaun des Bahnhofes für die Verunglück­ten.

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