Das prägt für das ganze Leben
Pfadfinderinnenschaft St. Georg besteht seit 70 Jahren in Friedberg. Die Mitglieder erzählen, was so besonders ist
Friedberg Mit einem Vorurteil räumen die Mädchen und Frauen der Pfadfinderinnenschaft St. Georg Friedberg (PSG) gleich auf: „Nein, wir gehen nicht von Tür zu Tür, um Kekse zu verkaufen!“Die PSG biete einiges, nur keinen Keksstand. Das wurde auch deutlich, als der Jugendverband sein 70-jähriges Bestehen mit Gottesdienst in St. Jakob und Weißwurstfrühstück im Pfarrzentrum feierte.
Das hohe Alter merkt man der Pfadfinderinnenschaft nicht an. Denn Nachwuchsprobleme hat die Friedberger PSG nicht. Ganz im Gegenteil, sie erfreut sich großer Beliebtheit. Der Friedberger Stamm der PSG besteht aus etwa 100 Mitgliedern, davon rund 70 Aktive. Und global gesehen gehören 38 Millionen Kinder und Jugendliche den Pfadfindern an. Damit ist das Pfadfindertum die größte Jugendbewegung der Welt. „Nur in acht Ländern auf der Welt gibt es keine nachgewiesenen Pfadfinder“, so Gruppenleiterin Johanna Wörrle.
Wieso findet diese Bewegung seit Jahrzehnten so einen großen Anklang? Für ehemalige und aktive Mitglieder ist diese Frage leicht zu beantworten. Tabea Frohnwieser und Sonja Wissing sind die aktuellen Stammesvorsitzenden der PSG und seit über einem Jahrzehnt mit Freude und Begeisterung dabei. „Ich kenne meine Gruppe seit zwölf Jahren. Wir haben so viel erlebt und gelernt. Da ist eine tiefe Freundschaft entstanden“, sagt Sonja Wissing.
Sonja ist 22 Jahre alt und gehört zu einer Pfadfinder-Dynastie. Denn schon ihre Oma Elfriede Schmidt war Pfadfinderin bei der PSG Friedberg. Und das schon seit der Gründung 1948. Freundinnen der 82-Jährigen haben den Verein damals gegründet. Damals gab es nur den Jugendverband Deutsche Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), der zu diesem Zeitpunkt ein reiner „Bubenverein“war. Elfriede Schmidt ist sehr froh über diese Entscheidung. „Das hat mich mein ganzes Leben lang geprägt. So kann ich niemandem eine Bitte ausschlagen, das kommt wohl vom PfadfinderSein“, sagt Elfriede Schmidt. Und auch sie berichtet von einem tiefen Zusammenhalt unter den Pfadfinderinnen. Sie treffe sich noch immer mit ehemaligen Pfadfinderfreundinnen zur sogenannten Montagsrunde. Sonjas Eltern haben sich auch bei den Pfadfindern getroffen. Und nun führen Sonja, ihre kleine Schwester sowie ihre Cousine diese Familientradition fort.
Die Zusammenarbeit zwischen Alt und Jung, den Aktiven und dem Ehemaligen Verein sei hervorragend, wie Stammesvorsitzende Tabea Frohnwieser zu berichten weiß. Die 20-Jährige ist auf eher unkonventionelle Weise zu den Pfadfindern gekommen. Eine PSG-Gruppenleiterin habe damals ihren Führerschein in der Fahrschule der Familie gemacht. So sei sie auf die PSG aufmerksam geworden und seitdem mit Leidenschaft dabei. Da beide Stammesvorsitzende mittlerweile in anderen Städten studieren, habe die vorhandene Zeit für ihr Engagement natürlich verringert. „Doch wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg“, meint Tabea.
Die Pfadfindergruppen beginnen im Einschulungsalter mit den Wichteln. Darauf folgen im Zweijahresrhythmus die sogenannten Pfadi-, Caravelles- und Rangergruppen. Diese erkennt man an den unterschiedlichen Tüchern und Knoten. Das Wandern durch Wiesen und Wälder würde nur einen kleinen Teil der PSG-Tätigkeiten ausmachen. So treffe man sich auch mal zu Pyjama-Partys und Videoabenden. Des Weiteren gehören auch soziale Projekte wie das alljährliche Altpapiersammeln dazu. „Es geht darum, etwas zu tun, an seinen Aufgaben zu wachsen und dabei Spaß zu haben“, sagt Gruppenleiterin Johanna Wörrle. Monika Galle ist seit Kindestagen bei den Pfadfindern und ehemalige Stammesvorsitzende der PSG Friedberg. Und auch ihr Ehemann Stefan Galle war Pfadfinder bei der DPSG. Zum Pfadfindertum ist er erst durch seine Frau gekommen. „Das war die einzige Möglichkeit, sie auch mal zu sehen“, scherzt er. Tochter Julia ist seit Kurzem nun auch dabei und trägt schon stolz ihr PfadfinderTuch. Für Stefan Galle zielt das Pfadfinder-Dasein darauf ab, Reflektieren zu lernen. Wer in der Lage sei, das eigene Verhalten zu reflektieren, könne jede Situation verbessern, so der 39-Jährige. Pfadfinder sind nicht immer im Wald und zelten. Es gehe nicht darum, den Weg aus dem Wald zu finden, sondern einen erfüllenden Lebensweg zu finden, resümiert er. Und hierzu gebe die PSG den Kindern und Jugendlichen einen geschützten Rahmen.