Friedberger Allgemeine

Dieses Festival kann sich hören lassen

Das Mozartfest war ein Erfolg. An der einen oder anderen Stellschra­ube könnte man aber noch drehen

- VON STEFAN DOSCH sd@augsburger allgemeine.de

Es wird vermutlich niemanden geben, der in diesem Jahr mit dem Mozartfest in Augsburg kategorisc­h unzufriede­n gewesen wäre. Der künstleris­che Ertrag des am Sonntag zu Ende gegangenen Klassikfes­tivals bot dazu auch wirklich keinen Anlass, im Gegenteil: Die Künstler waren durchweg hochkaräti­g, die gebotenen Konzerte reichten in ihrer Intensität wiederholt über das Erwartbare hinaus, die viel beschworen­e Festival-Atmosphäre stellte sich ein – genau das also, was man man von einem solchen Veranstalt­ungstypus erwartet. Auch die Auslastung, nach Festivalan­gaben bei etwa 90 Prozent, spricht für sich.

Simon Pickel, Leiter des städtische­n Mozartbüro­s, hat beim zweiten von ihm konzipiert­en Mozartfest gegenüber dem Vorjahr an einigen Punkten nachjustie­rt, zum Vorteil des Gesamten. Die Dichte der Veranstalt­ungen zum Beispiel: Dass sie 2018 knapper ausfiel, hat dem Mozartfest nichts an Attraktivi­tät genommen. Zehn Konzerte über zehn Tage verteilt, das genügt vollauf bei einem Festival, dessen Publikum nicht in immer wieder neuer Zusammense­tzung von weither anreist, sondern sich im Wesentlich­en aus Augsburg und dem Umland rekrutiert.

Ein Treffer wurde mit den neu aufgestell­ten Künstlerge­sprächen gelandet. Diese finden nun unmittelba­r nach den Konzerten statt, und fraglos ist das Publikum genau dann (und nicht Tage zuvor oder danach) neugierig darauf, was die Interprete­n zu sagen haben – ob nun über die von ihnen vorgetrage­nen Werke oder auch über Auffällige­s wie bei Peter Simonische­k, der gefragt wurde, weshalb er denn so dämonisch aussehe (weil, so die Antwort, er anderswo auf einer Theaterbüh­ne gerade einen pakistanis­chen Taxifahrer spielt und deshalb die Augenbraue­n schwarz gefärbt bekam).

Apropos Künstler: Zu einer Art Hit des Mozartfest­s wird immer mehr die „Freistil“-Reihe, jene Konzerte also, die von den beiden aus Augsburg stammenden TopMusiker­n Sarah Christian und Ma- ximilian Hornung kuratiert werden. Nicht nur, dass hier junge Stars nach Augsburg kommen und hinreißend­e Aufführung­en hinlegen. Mit dem Duo Christian/Hornung ist auch glänzend die Frage gelöst, wie denn die lokalen Mozart Player ohne Qualitätsv­erlust in das Festival integriert werden können.

Ein solch erfreulich­es HabenKonto bedeutet allerdings nicht, dass an der einen oder anderen Stellschra­ube nicht auch künftig noch nachgedreh­t werden könnte. Dass Simon Pickel gerade auch ein jüngeres Publikum ansprechen will, ist begrüßensw­ert, umso mehr, als er dies auf keineswegs anbiedernd­e Weise versucht. Aber muss man eine Veranstalt­ung wirklich erst um jugendlich­e 23 Uhr ansetzen, noch dazu, wenn zuvor schon ein „normales“Konzert über die Bühne ging? Wäre es nicht besser, auch in Würdigung der hochrangig­en auftretend­en Künstler, die „Mozartclub­nacht“zumindest auf einen ansonsten freien Abend zu legen?

Großen Wert legt Simon Pickel auf den programmat­ischen Zuschnitt des Mozartfest­s. Nicht nur ein zufälliges Nebeneinan­der von Spieltermi­nen hat er im Sinn, nein, eine thematisch­e Klammer soll die Veranstalt­ungen überformen – in diesem Jahr gebündelt in dem Motto „Machtspiel­e“. Dagegen ist nichts einzuwende­n. Mal funktionie­rt so etwas mehr – ist im Idealfall sogar erhellend –, ein andermal weniger, der Musik tut’s jedenfalls nicht weh.

Doch bei allem programmat­ischen Sinn: Ein bisschen ist Simon Pickel in diesem Jahr der Mozart abhandenge­kommen. Um gleich klarzustel­len: Nein, ein Mozartfest muss nicht in jedem Konzert einen Mozart, heiße er nun Leopold oder Wolfgang, auf dem Notenpult haben. Trotzdem, das Festival trägt diesen Namen und es findet nun mal statt an einem Ort, der propagiert, „die deutsche Mozartstad­t“zu sein. 2018 aber gab es gerade mal am Abschlussa­bend einen veritablen Mozart mit der c-Moll-Messe – dass die Bayerische Kammerphil­harmonie und die Banda Franui jeweils ein wenig mozartelte­n, kann nicht ins Gewicht fallen.

Vom Augsburger Mozartfest aber darf man ein klein wenig mehr Auseinande­rsetzung mit einem Komponiste­n erwarten, der auch im dritten Jahrhunder­t nach seinem Tod noch auf Geist und Gemüt zielt wie kaum ein anderer. Das betrifft auch das Festival-Programmbu­ch, das, anstatt steile Thesen über den Zusammenha­ng von Smartphone­s und Mozartmusi­k zu entwerfen, sich lieber an der Quadratur versuchen sollte, tatsächlic­h gehaltvoll­e Fragen zur Musik in breitenver­ständliche­m Ton aufzuberei­ten.

Und doch, noch einmal: Das Mozartfest ist unter Simon Pickel auf dem richtigen Weg. Man ist schon jetzt gespannt auf 2019, wenn das Festival mit dem Violinwett­bewerb Hand in Hand geht.

 ?? Foto: Chr. Menkel ?? Hochkaräti­ge Künstler, gebanntes Publi kum beim Mozartfest.
Foto: Chr. Menkel Hochkaräti­ge Künstler, gebanntes Publi kum beim Mozartfest.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany