Vandalismus an der Stadtmauer
Und plötzlich ist das W weg: Unbekannte stürzen einen Buchstaben des „Friedwärts“-Schriftzuges in die Tiefe. In dem Bereich gibt es immer wieder Ärger wegen Lärm und Müll
Friedberg Der Steinbildhauer Tobias Freude war wenig angetan, als er einen Anruf von Bekannten bekam: Der von ihm geschaffene und installierte Schriftzug „Friedwärts“, der auf der Stadtmauer Richtung Augsburg thront, hatte sein W eingebüßt. Vor Ort musste der Derchinger dann feststellen, dass der fehlende Buchstabe mit Gewalt herausgebrochen worden war und nun am Fuße der Mauer lag.
„Ich hatte schon längst befürchtet, dass das Kunstwerk beschädigt werden könnte. Kunst im öffentlichen Raum wird oft beschmiert oder auf andere Weise verunstaltet“, sagt Freude. Als er sah, dass ein marmorner Buchstabe seines Kunstwerks fehlte, überlegte er zunächst, welche Bedeutung dieser Akt von Vandalismus haben könnte. Sein Fazit: „Offenbar hat sich der Täter wenig Gedanken gemacht und wollte einfach nur etwas demolieren.“
Anwohner haben den Verdacht, Besucher der Schlagertage für den Schaden verantwortlich sein könnten: Die Tat geschah irgendwann in der Nacht auf Sonntag, als der zweite Veranstaltungstag zu Ende ging. Gerade an dem betreffenden Bereich an der Stadtmauer halten sich ohnehin oft Jugendliche auf, die teilweise viel Lärm machen und sich betrinken, wissen Anwohner. Es werde auch öfter etwas gestohlen, beklagen sie im sozialen Netzwerk Facebook. Außerdem sei offenbar jemand auf dem Dach des Salzkarrner Turms an der Stadtmauer 41 herumgeklettert und habe dabei Dachziegel kaputtgemacht.
Peter Zimmermann, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Friedberg, musste bereits am Freitagabend mit Kollegen eine Gruppe randalierender Jugendlicher vom Schlossweiher vertreiben. „Es könnte sein, dass sich dieselben Leute in der nächsten Nacht wieder dort getroffen haben“, kann er sich vorstellen. Am Samstagabend gegen 22 Uhr sei er selber an der Stadt- mauer entlanggelaufen. Zu diesem Zeitpunkt sei das Kunstwerk noch unversehrt gewesen. „Am nächsten Morgen erreichte uns dann die Nachricht von dem fehlenden Buchstaben.“
Dieser wurde aber glücklicherweise bei seinem Fall von der Mauer nicht beschädigt. Eigentümerin des „Friedwärts“-Schriftzuges ist die Stadt, die das Werk nach dem letzten Skulpturenpfad im Jahr 2016 gekauft hat. Tobias Freude war sich deswegen nicht sicher, ob er selbst die Reparatur in die Hand nehmen durfte. „Ich habe gleich bei der Stadt angefragt, ob ich die unschöne Situation aus der Welt schaffen darf“, berichtet Freude. Dafür konnte ihm die Kommune auf die Schnelle kein grünes Licht geben, doch sie kümmerte sich dann selber umgehend um die Angelegenheit: Am Dienstag machten Mitarbeiter des Bauhofs aus „Fried ärts“wieder „Friedwärts“.
Der städtische Pressesprecher Frank Büschel erklärt zu dem Vordass fall: „Es war uns wichtig, den Schriftzug schnellstmöglich zu reparieren, damit das beschädigte Kunstwerk keine Nachahmer anlockt und dem W noch andere Buchstaben in die Tiefe folgen. Wir haben uns auch für eine Strafanzeige entschieden. Der Täter wird so möglicherweise nicht erwischt, aber schon die abschreckende Wirkung könnte für die Zukunft ähnliche Taten verhindern.“
Bereits im vergangenen Sommer hatte es im Bereich Stadtmauer und Schlossweiher immer wieder Ärger wegen Lärm, Müll und Vandalismus gegeben. Teilweise sammelten Anwohner die Hinterlassenschaften der Ruhestörer selber ein und entsorgten sie. Auch das Team der Sicherheitswacht ist dort immer wieder im Einsatz, weil sich Anwohner über Lärm, laute Musik und Gegröle beschweren. So wurden die hochwertigen Liegebänke am Weiher, die Bürger gespendet hatten, beschmiert.
Dass nun auch noch der friedliche Begriff „Friedwärts“Opfer von Gewalt wurde, hätte eigentlich einen starken Symbolcharakter, doch darauf hatte es der Täter wohl nicht abgesehen, meint Tobias Freude. Dass aber die Vandalen Kunst so wenig Respekt entgegenbringen, findet Rose Maier Haid, die den Ausdruck „Friedwärts“geprägt hat, traurig: „Rückschläge gab es immer wieder. Kunstbildung für ‚jedermensch‘ wird weiter meine Devise sein, wenngleich es immer fragwürdiger wird, wenn wir auch noch Mallorca hierher holen“, sagt die Leiterin der Kunstschule Friedberg und Initiatorin des Skulpturenpfads. Sie jedenfalls werde weiter mit Ideen und Mut gegen die Verrohung der Welt arbeiten. Auch beim Skulpturenpfad hatte es immer wieder Beschädigungen der Kunstwerke gegeben.
Hinweise Die Polizei Friedberg ermittelt wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung, Hinweise unter Telefon 0821/323 1710.