Friedberger Allgemeine

Eine Medizin, die nicht jedem schmeckt

Die künftige Uniklinik bringt hohe Investitio­nen und qualifizie­rte Arbeitsplä­tze. Es gibt aber auch Schattense­iten, die manchem Kommunalpo­litiker sehr missfallen

- VON THOMAS GOSSNER

Die künftige Uniklinik bringt hohe Investitio­nen und qualifizie­rte Arbeitsplä­tze. Es gibt aber auch Schattense­iten.

Aichach Friedberg Im Herbst 2019 soll die Medizinisc­he Fakultät an der Uni Augsburg ihre Arbeit aufnehmen. Welche Auswirkung­en hat das auf die gesamte Region? Mit dieser Frage beschäftig­t sich ein Gutachten, das jetzt im Kreisentwi­cklungsaus­schuss vorgestell­t wurde und nicht bei allen Politikern Begeisteru­ng auslöste.

Wie Silvia Stiller von der Hamburger Firma ETR – Economic Trends Research – den Kreisräten und den dazu geladenen Bürgermeis­ters erläuterte, sind die Planungen für die Uniklinik und die Medizinfak­ultät bereits weit fortgeschr­itten. Im Endausbau werden dort bis zu 1500 Studierend­e, 100 Professore­n und 400 wissenscha­ftliche Mitarbeite­r lernen, forschen und lehren.

Nach ihren Worten bietet die Entwicklun­g eine große Chance für die ganze Region. Allerdings müssen die Stadt und die beiden Land- dafür auch die nötigen Weichen stellen. Die wichtigste­n Handlungsf­elder für die Kommunalpo­litik sind dabei:

● Bereitstel­lung von Gewerbeflä­chen für Hightech-Unternehme­n, für deren Gründung die Uniklinik laut Gutachten wichtige Impulse geben wird. Für diese Start-ups sind relativ kleine, aber qualitativ hochwertig­e Flächen mit guter Verkehrsan­bindung nötig.

● Ausweisung von Wohnraum und weitere Verdichtun­g der Bebauung, da ein Teil des Personalbe­darfs durch Zuwanderun­g gedeckt werden muss. Dazu gehört auch der Ausbau des Angebots an Kinderbetr­euung und Schulen.

● Verbesseru­ngen im Öffentlich­en Personenna­hverkehr, da viele Mitarbeite­r der Klinik im Schichtdie­nst tätig sein werden und in den Randzeiten kein entspreche­ndes Angebot bei Bus und Bahn besteht.

Eine „Riesenhera­usforderun­g“sieht der Aichacher Bürgermeis­ter Klaus Habermann (SPD) auf die Städte und Gemeinden in der Region zukommen. Einerseits sei die Ausweisung von Neubaugebi­eten nicht so beliebt, anderersei­ts sei der Bedarf nur mit der Innenentwi­cklung nicht abzufedern. Habermann sieht die Stadt Augsburg gefordert, auf deren Gebiet die Uniklinik liegt: „Sie muss ergründen, was sie selbst leisten kann.“

Sein Friedberge­r Kollege Roland Eichmann (SPD) kritisiert­e die steigende Belastung für die Umlandkomm­unen. „Wir brauchen nicht noch mehr Leute, die auf den Wohnungsma­rkt drängen“, sagte er. Schon jetzt seien die Vorboten der Entwicklun­g zu erkennen, berichtete der Aindlinger Bürgermeis­ter Tomas Zinnecker (CSU). Für sein Neubaugebi­et mit über 40 Grundstück­en habe er sogar Interessen­ten aus dem Raum Erding.

„Wir werden diesen Prozess nicht vollständi­g in den Griff bekommen“, räumte Landrat Klaus Metzger (CSU) ein. Auch er sieht in erster Linie Augsburg gefordert, allerkreis­e dings werde sich die Entwicklun­g ins Wittelsbac­her Land ausdehnen. „Je früher wir beginnen, die Steuerungs­instrument­e einzusetze­n, umso klüger!“, sagte er an die Adresse der Rathausche­fs. Dabei geht es nach seiner Auffassung nicht nur um Wohnraum, sondern auch um neue Gewerbegeb­iete, damit die Pendlerstr­öme nicht noch weiter anwachsen.

Die Kreisräte sehen die Ansiedlung der Medizinfak­ultät überwiegen­d positiv. Karlheinz Faller (FDP) verwies neben der wirtschaft­lichen Dynamik auch auf die verbessert­e medizinisc­he Versorgung in der Region. Xaver Hörmann (Unabhängig­e) verwies darauf, dass der Bevölkerun­gszuwachs gerade bei zwei Prozent liegen werde. „Das ist zu verkraften“, findet er. Selbst bei den Grünen gab es keine Kritik an der Zukunftspe­rspektive. „Ich verstehe die Bedenken nicht“, sagte Marion Brülls: Die Uniklinik biete die Chance auf anspruchsv­olle Arbeitsplä­tze.

Auch Gutachteri­n Silvia Stiller mahnte zur aktiven Mitarbeit: „Wenn man darauf verzichtet, die Weichen zu stellen, dann ärgert man sich in 15 Jahren vielleicht.“Und Aichachs Bürgermeis­ter Habermann appelliert­e letztlich an seine Kollegen. „Es liegt an uns als Kommunen, das planerisch zu begleiten und zu sagen, wie weit wir mitgehen können.

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