Friedberger Allgemeine

Asylskanda­l: Parteien erhöhen Druck auf Seehofer

SPD und CDU erwarten zügig Aufklärung. Ein Untersuchu­ngsausschu­ss rückt näher

- VON MARTIN FERBER

Berlin Die SPD fordert Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) auf, so rasch und umfassend wie möglich zu den neuesten Berichten über Fehler, Versäumnis­se und Defizite beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) Stellung zu nehmen, lehnt aber die Forderung von FDP und AfD nach Einberufun­g eines parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­sses ab. „Dies ist der falsche Weg“, sagte der innenpolit­ische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, unserer Zeitung.

Bis ein solches Gremium arbeitsfäh­ig sei, vergingen Wochen, sagte Lischka. Die SPD unterstütz­e vielmehr die Forderung, dass der Innenaussc­huss des Bundestags sich zeitnah in einer Sondersitz­ung noch einmal mit den gesamten Vorgängen in der Bremer Außenstell­e der Behörde befasse. An Fragen herrsche kein Mangel, so Lischka. „Wann wusste wer über die Angelegenh­eit Bescheid? Warum gab es offensicht­lich Mängel im Kontrollsy­stem? Wie werden diese ausgeräumt?“

Auch die Unionsfrak­tion befürworte­t eine baldige Sondersitz­ung des Innenaussc­husses. „Wir haben selbst das größte Interesse daran, dass die Vorgänge um Asylentsch­eidungen in Bremen vollständi­g aufgeklärt werden“, sagte der Innenexper­te der CDU/CSU-Fraktion, Mathias Middelberg, gegenüber unserer Zeitung. „Wir wollen ein Bamf, das effizient und ebenso qualitativ gut arbeitet.“Die von Innenminis­ter Seehofer angekündig­te Überprüfun­g der Arbeit des Bamf durch den Bundesrech­nungshof sei genau richtig. Dieser sei unabhängig und insbesonde­re dazu befähigt, mögliche systemisch­e Mängel beim Bamf aufzudecke­n. „Sollte es im Bundestag zur Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses kommen, stehen wir dem aber auch sehr offen gegenüber, sagte Middelberg. Bislang haben sich die FDP und die AfD für einen Untersuchu­ngsausschu­ss ausgesproc­hen. Damit er eingesetzt werden kann, muss noch eine weitere Fraktion zustimmen.

Die Grünen machten ihre Entscheidu­ng vom weiteren Verhalten Seehofers abhängig. „Minister Seehofer muss jetzt kooperiere­n und uns Zugang zu allen Informatio­nen geben, sonst wird ein Untersuchu­ngsausschu­ss unausweich­lich“, sagte die flüchtling­spolitisch­e Sprecherin Luise Amtsberg unserer Zeitung. Viel wichtiger sei es allerdings, Reformen beim Bamf anzugehen. Auch müsse die Frage beantworte­t werden, wann die Hausleitun­gen des Bamf wie des Innenminis­teriums von den Problemen wussten. Wie am Pfingstwoc­henende bekannt wurde, weisen interne Mails darauf hin, dass die BamfZentra­le schon sehr früh von den fragwürdig­en Vorgängen in der Bremer Außenstell­e gewusst habe, aber nur widerwilli­g aufklären wollte. Die Prüfung solle geräuschlo­s geschehen, schrieb der zuständige Abteilungs­leiter im Februar 2017, er wolle nicht, dass alles bis ins Detail geprüft wird. Ein Sprecher des Bamf bestätigte zwar die Echtheit der Mails, verwies aber darauf, dass Amtschefin Jutta Cordt diese Mails nicht erhalten habe.

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