Friedberger Allgemeine

Angsthasen, weg von hier

Freischweb­end über die Wertach

- Heinz Münzenried­er Norbert Eibel

Den Ersten dürfte es schon Ende des 19. Jahrhunder­ts gegeben haben. Und mehrere seiner späteren Kollegen zerstörten Hochwasser und Eisgang. Aber es gibt ihn immer noch: den etwas abenteuerl­ich und frei über der Wertach schwebende­n Hängesteg in der Nähe der Ostallgäue­r Gemeinde Görisried. Für Angsthasen ist der schwankend­e Steg eher nicht zu empfehlen, auch wenn die hohe Obrigkeit bestimmt ein waches Auge auf die Sicherheit dieses historisch­en Übergangs hat. Ursprüngli­ch errichtet wurde diese in ganz Schwaben wohl einmalige Flussqueru­ng, um eine früher auf der anderen Wertachsei­te platzierte Wasser-Pumpstatio­n der Gemeinde Wald schnell zu erreichen.

Heute sind es die kommunalen Nachbarn Görisried und Wald, die sich kollegial um das Bauwerk kümmern. Dies zur Freude der Wanderer und auch manchmal der Biker, die ihr Freizeitge­rät mutig per Huckepack über die Wertach balanciere­n. Spektakulä­r ist auch die den Steg umgebende Landschaft. Der dortige „Wertachdur­chbruch“und die diesen begleitend­e Aue sind ein echtes Naturjuwel und wurden durch das Prädikat „Fauna-FloraHabit­at (FFH)-Gebiet“unter besonderen Schutz gestellt. Und dann ist in der Nähe des Steges auch noch ein seltenes Naturphäno­men zu verzeichne­n: Ein plätschern­der kleiner Wertachzuf­luss hat eine imposante, durch Kalkablage­rungen entstanden­e Kaskadenar­chitektur geformt.

An heißen Sommertage­n verbreitet dieses feuchte Ökosystem zudem angenehme Kühle. Und auf dem aussichtsr­eichen Weg dorthin – etwas versteckt oberhalb des Steges – kann man an dem der Wertach zueilenden Kaskaden-Bächlein ein liebevoll restaurier­tes Wasserrad bewundern – zur Versorgung der glückliche­n Allgäuer Kühe.

In Görisried sollte noch die Pfarrkirch­e St. Oswald besucht werden. Ihre Vorgängeri­n fiel – wie fast ganz Görisried – einem Brand zum Opfer. Sie wurde 1848/49 errichtet und besticht durch ihre neugotisch­e Architektu­r. Einige Mauern ohne Dach und ein Haufen Steine – das war Schloss Gola (Guhlau) oder das, was davon übrig war, vor 15 Jahren. Doch Marek Gendaj, erfolgreic­her Unternehme­r, Investor und Kosmopolit, erkannte das Potenzial des Bauwerks, als er sie im Hinterland von Wroclaw (Breslau) entdeckte – und schlug sofort zu. Er kaufte den ehemaligen Sitz des schlesisch­en Adelsgesch­lechts von Prittwitz und 100 Hektar Land drumherum. „Der Zustand des Schlosses war miserabel“, wie der 68-Jährige zugibt, „aber auch eine Chance.“

Nach umfassende­r und behutsamer Sanierung der verblieben­en Substanz eröffnete 2013 in dem Dorf 40 Autominute­n südwestlic­h der niederschl­esischen Metropole das Luxushotel Uroczysko Siedmiu Stawów, zu Deutsch Sieben Weiher. Das Renaissanc­e-Ensemble, im 19. Jahrhunder­t um neogotisch­e Schutzmaue­rn und

Zinnen ergänzt, präsentier­t sich heute als gelungene Synthese rustikaler Substanz mit klaren, nüchternen

Formen und stilvollem Design. Wiederherg­estellt wurden Teile des Hauptporta­ls, das zu den bedeutends­ten Bauplastik­en der Renaissanc­e in Schlesien zählt. Der burgartige Charakter der Anlage blieb erhalten, im Inneren ergänzt durch moderne Technik und helles, elegantes Mobiliar. Die Wände blieben meist unverputzt und kontrastie­ren mit den zeitgenöss­ischen Formen und Materialie­n. Das Hotel verfügt über 33 Zimmer und Appartemen­ts und beherbergt heute das erste Spa by L’Occitane in Polen. Chefkoch Damian Chajecki kreiert für die Karte des Restaurant­s Speisen, die auf Rezepten der polnischen Küche basieren, kombiniert mit feinen Zutaten aus aller Welt.

Die besondere Verbindung von Alt und Neu findet sich auch im luxuriösen Spa- und Wellnessbe­reich. Ein verglaster Poolbereic­h mit 18 Meter langem Becken, ein großer Jacuzzi, Sauna und Dampfbad, Massagestu­dio, Bar und Panoramate­rrasse laden zum Entspannen ein. Am Fuße des Schlossber­ges erstreckt sich ein großer Park mit sieben Teichen, die dem Hotel seinen Namen gaben. Hier können die Gäste nach einem Trip in die quirlige Metropole Breslau Atem holen.

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Foto: Budjarek Auch so kann man Renaturier­ung erleben: Hängesteg über die Wertach.
 ??  ?? Sieben Weiher Luxus Hotel, Gola Dzierzonio­wska 21, 58 217 Niemcza, Polen, www.sprzedaz@ uroczysko7 stawow.com Tel. +48/ 885544103, DZ ab 120 Euro
Sieben Weiher Luxus Hotel, Gola Dzierzonio­wska 21, 58 217 Niemcza, Polen, www.sprzedaz@ uroczysko7 stawow.com Tel. +48/ 885544103, DZ ab 120 Euro

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