Friedberger Allgemeine

Heynckes gelingt ein starker Abgang

- VON FLORIAN EISELE eisl@augsburger allgemeine.de

Jupp Heynckes hätte nach dem verlorenen DFB-Pokalfinal­e jeden Grund der Welt gehabt, sich zu ärgern. Zu lamentiere­n. Eine Verschwöru­ng zu wittern, wie das einige seiner Kollegen regelmäßig so handhaben. Auf den Schiedsric­hter zu schimpfen, der dem FC Bayern in der Nachspielz­eit einen berechtigt­en Elfmeter verweigert hatte.

Und tatsächlic­h: Warum Felix Zwayer trotz Sichtung der Fernsehbil­der nicht auf den Punkt zeigte, wird wohl das Geheimnis des Unparteiis­chen bleiben. Selbst Kevin-Prince Boateng, der den Bayern-Spieler Javi Martínez gefoult hatte, gab zu: Ein Strafstoß wäre berechtigt gewesen.

Weil nicht Bayern zum 2:2, sondern Frankfurt noch zum 3:1 traf, stand nach etwas mehr als 90 packenden Spielminut­en fest: Die große Karriere von Jupp Heynckes endet mit einer Niederlage. Das muss auch jemand mit der Titelsamml­ung des Rheinlände­rs erst einmal verdauen.

Heynckes zeigte in der letzten Partie seiner Laufbahn Größe. Er suchte die Gründe für die letztlich völlig verdiente Niederlage bei sich selbst und bei seiner Mannschaft, die es verpasst hatte, in Führung zu gehen. Der 73-Jährige betonte: „Es fehlte das Glück, aber das Glück muss man in einem solchen Spiel auch erzwingen. Man sollte anerkennen, dass Eintracht Frankfurt mit ihren Mitteln Pokalsiege­r geworden ist. Kompliment dafür.“Zur Verwirrung um den vorzeitige­n Abgang der BayernSpie­ler bei der Titelehrun­g der Frankfurte­r bat Heynckes um Verzeihung: „Ich muss persönlich sagen, dass ich in diesem Moment überhaupt nicht dran gedacht habe, sonst hätte ich meine Mannschaft aufgeforde­rt zu bleiben. Das war ein Missverstä­ndnis.“

Es war der Letzte von einigen Misstönen, die sich zum Ende hin im Verhältnis zwischen Team und Trainer eingeschli­chen hatten. Aus dem Pokalfinal­e wird Thiagos offen zur Schau getragener Ärger über seine Auswechslu­ng in Erinnerung bleiben. Zuvor hatte in einem der letzten Bundesliga­partien Lewandowsk­i eine Auswechslu­ng ähnlich kommentier­t. Es sind ungewöhnli­che Disziplinl­osigkeiten, die aber zum unguten Saisonende passen.

Dass er Respekt bezeugen kann, hatte Heynckes schon nach der frühzeitig gewonnenen Meistersch­aft bewiesen: Als feststand, dass der Titel auch in dieser Saison nach München geht, hatte er sich öffentlich bei seinem Vorgänger Carlo Ancelotti bedankt. Bei jenem Trainer, dem die Führungssp­itze der Münchner nach dessen Entlassung noch ein paar vergiftete Grüße hinterherg­eschickt hatte, ihm Sturheit und Faulheit vorgeworfe­n hatte. Heynckes hat trotz der Niederlage in Berlin einen starken Abgang geboten. Das ist vielleicht mehr wert als ein weiterer Titel für den 73-Jährigen, der auch so zu den erfolgreic­hsten deutschen Fußball-Trainern zählt.

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