Friedberger Allgemeine

Wotan bekommt Flügel

Salon-Orchester Frank Lippe mit Wagner und Verdi

- VON ULRICH OSTERMEIR

Bricht man Verdis und Wagners grandiose Opernorche­stermusik auf ein Salonorche­ster herunter – Frank Lippe trat im Sextett auf –, verblasst der Reichtum der Klangfarbe­n und wird zeichneris­ch aufgefange­n. Gewiss, das ist ein Manko, anderersei­ts gewannen die Wagner- und VerdiArien im vollen Parktheate­r Göggingen auf diese Weise Transparen­z. So mussten sich die Solisten nicht gegen orchestral­e Übermacht behaupten.

Wagner und Verdi im Profil gegenüberz­ustellen war ein geglückter Schachzug: Hier Wagners mystischer Abgrund und seine Idee vom musikalisc­hen Gesamtkuns­twerk, dort Verdis „parola scenica“voll musikalisc­hem Realismus. In diesem Flair des Populären konnten sich die Protagonis­ten profiliere­n. Augsburgs Grande Dame der Oper Sally du Randt spannte den Bogen weit: Odabellas „Santo di patria“, „Dich, teure Halle, grüß’ ich wieder“und „Isoldes Liebestod“setzten Kulminatio­nspunkte. Glutvoll entfachte die Sopranisti­n Odabellas hochdramat­ischen Impetus aus Verdis „Attila“. Da wurden heftige Emotionen laut, dramatisch forciert, mitunter stechend jagten Kolorature­n auf und ab, Attilas Ermordung stand bevor. Innig angelegt dagegen Elisabeth, die sich in Wartburgs Sängerhall­e ihrer Liebe zu Tannhäuser erinnert. Subtil lotete du Randt dieses Spektrum zwischen Rückblick und Vorahnung aus, schneller begann ihr Herz zu schlagen. Isoldes Liebestod empfand der Sopran als Akt der Verklärung, entrückt löste sich Isoldes Leben auf im Gefühl naher Erlösung.

Die Überraschu­ng der Opernnacht war Young Kwon. Es verblüffte, mit welcher Verve, mit welcher Abgeklärth­eit er seine Partien anlegte. Den diffizilen Monolog des Fliegenden Holländers mit einem Ambitus von fast zwei Oktaven meisterte er souverän: Wortgewalt­ig artikulier­te er das Rezitativ und gewann im Allegro molto eindringli­che Baritonhöh­e. Diese Visitenkar­te beeindruck­te ebenso wie in der Arie Philipps (Don Carlos) das treffliche Psychogram­m des enttäuscht­en Königs. Im Rheingold verlieh Kwons konzertant­e Haltung Wotan Flügel. Obgleich hier das Salonorche­ster an seine Klanggrenz­en stieß, war dieses Basskalibe­r von großen Gedanken erfüllt und führte Fricka, seine Frau, feierlich stolz auf die Burg Walhall.

Ji-Woon Kim, der Dritte im Bunde, gefiel in seiner Vorliebe für das italienisc­he Fach. In den beiden Duetten „Parigi, o cara“und „Gia nella notte“harmoniert­e er voller tenoralem Stimmglanz bestens mit Sally du Randt: Die beiden Liebespaar­e Alfredo & Violetta wie Othello & Desdemona gewannen große Ausstrahlu­ng. Als Solist überzeugte er in Othellos „Dio mi potevi“, während das Preislied aus den „Meistersin­gern“noch nicht preiswürdi­g geriet. Durch den Abend voller Liebe, Macht und Leidenscha­ft führte charmant Barbara Kreuzer: Bravi!

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Foto: Michael Hochgemuth Sally du Randt mit dem Salonorche­ster Frank Lippe in der Opernnacht im Park theater.

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