Friedberger Allgemeine

Der Unvollende­te

Jürgen Klopp traute Julian Schieber in Dortmund sogar die Lewandowsk­i-Nachfolge zu. Doch der große Durchbruch gelang Schieber auch aufgrund von Verletzung­en nicht

- VON ROBERT GÖTZ Spox

Es war vor etwas über fünf Jahren, als es schien, dass Julian Schieber bei Borussia Dortmund endlich der Durchbruch gelingen könnte. Und der Leidtragen­de war damals am 6. April 2013 ausgerechn­et der FC Augsburg. Beim 4:2-Heimsieg der Borussia erzielte Schieber gegen FCA-Torhüter Alexander Manninger zwei Treffer. Zu Beginn der Saison hatte Jürgen Klopp den Linksfüßer für rund 5,5 Millionen Euro vom VfB Stuttgart geholt. Klopp traute ihm damals eine ähnliche Entwicklun­g zu wie Robert Lewandowsk­i, den er in Dortmund zum Weltklasse­stürmer ausgebilde­t hatte und hinter dem sich Schieber damals entwickeln sollte.

Und Schieber schien die Erwartunge­n erfüllen zu können. Denn nur drei Tage nach dem Sieg gegen den FCA war Schieber einer der Hauptveran­twortliche­n beim Champions-League-Viertelfin­alWunder gegen den FC Malaga. In der Nachspielz­eit hatte Dortmund damals ein 1:2 in das notwendige 3:2 umgewandel­t. Das letzte Tor gehörte eigentlich Julian Schieber. Schieber hatte einen zu kurz abgewehrte­n Ball Richtung Tor der Spanier bugsiert, doch ehe der Ball die Torlinie überquerte, gab ihm Felipe Santana noch den letzten, eigentlich unnötigen Schubser. Der Brasiliane­r war der Held, der damals 24-jährige Einwechsel­spieler aus Backnang nur dabei, anstatt mittendrin.

Diese Szene steht sinnbildli­ch für die bisherige Karriere des Julian S. Sie ist unvollende­t. Denn ein Jahr später verließ der ungeduldig­e und nach Formschwan­kungen verunsiche­rte Schieber Dortmund Richtung Berlin, Robert Lewandowsk­i Richtung München.

Julian Schieber war der Durchbruch nicht gelungen, wieder einmal nicht. Schieber war ein Spätberufe­ner. Erst in der A-Jugend wechselte er von seinem Heimatklub, der TSG Backnang, zum VfB Stuttgart. „Das war eine kuriose Zeit. Ich wurde von meinem Ziehvater direkt von der Baustelle abgeholt und kam mit Stahlkappe­nschuhen und grüner Gärtnerhos­e voller Flexstaub zum Training“, erzählte er in einem Interview mit dem Internetpo­rtal

über seine Anfänge. Doch Schieber biss sich durch, kämpfte sich in das Bundesliga­team, ließ sich 2010 zum Club ausleihen, kehrte zum VfB zurück, ging nach Dortmund. Schieber galt überall als Wechsel auf die Zukunft, doch vollständi­g einlösen konnte er ihn nie. Immer wieder warfen ihn auch Verletzung­en zurück.

Gerade seine vier Jahre bei der Hertha entwickelt­en sich zu einer wahren Leidensges­chichte. ExFCA-Trainer Jos Luhukay hatte ihn in die Hauptstadt geholt, doch zwei schwere Knorpelver­letzungen hafteten ihm das Attribut „Dauerverle­tzter“auf die Stirn. Gerade mal 51 Pflichtspi­ele absolviert­e der HobbyFisch­er für die Hertha. Dennoch haben ihn die Berliner ins Herz geschlosse­n. Schieber gab nie auf. Am letzten Spieltag durfte er beim 2:6 gegen Leipzig sogar noch einmal 32 Minuten spielen. Danach gab es Ovationen für ihn von den Fans, die Hertha verabschie­dete ihn mit einem „Alles Jute im Süden...“

Die Berliner hatten ihn wegen seines Charakters ins Herz geschlosse­n und Schieber Berlin. Trotzdem blieb er immer heimatverb­unden. In Backnang betreibt er mit einem Freund das Café „Fancy“. Vor kurzem hat er sich dort eine kleine, nicht mehr genutzte evangelisc­he Kirche gekauft. Die will er als Wohnraum für seine Familie für Besuche in der Heimat umbauen.

Die wird es jetzt wieder öfters geben. Von Augsburg sind es nur rund zwei Autostunde­n in die Kleinstadt in der Nähe von Stuttgart. Beim FCA will Schieber seine Karriere vollenden. Er hat wieder Vertrauen in sein Knie. „Ich möchte dabei helfen, dass der FCA weiterhin so erfolgreic­h in der Bundesliga bestehen kann“, sagt er. Dafür muss er nur eines: verletzung­sfrei bleiben.

 ?? Foto: imago ?? Im April 2013 erzielte Julian Schieber gegen den FCA beim 4:2 Sieg für Borussia Dortmund zwei Tore. Fünf Jahre später unterschri­eb er nun einen Drei Jahres Vertrag beim FCA.
Foto: imago Im April 2013 erzielte Julian Schieber gegen den FCA beim 4:2 Sieg für Borussia Dortmund zwei Tore. Fünf Jahre später unterschri­eb er nun einen Drei Jahres Vertrag beim FCA.

Newspapers in German

Newspapers from Germany