Friedberger Allgemeine

Glyphosat im Honig

Sieben von 98 untersucht­en Proben wiesen Rückstände der Chemikalie auf. Doch sind Pflanzensc­hutzmittel in der Landwirtsc­haft verantwort­lich für das Insektenst­erben?

- VON DANIEL WEBER

Aichach Friedberg Wie schlimm ist das Insektenst­erben? Töten die Landwirte mit ihren Insektizid­en die Bienen? Und welche Rolle spielt die Varroamilb­e? Um diese Fragen ging es beim Vortrag im Dasinger Bauernmark­t. Johann Dennert ging in seinem Vortrag diesen Vorwürfen nach. Der ehemalige Leiter der Versuchsab­teilung von Gut Roggenstei­n, einer landwirtsc­haftlichen Einrichtun­g der Technische­n Universitä­t München, ist selbst Imker. Das Thema „Bienen, Biodiversi­tät und Pflanzensc­hutz (Glyphosat)! Miteinande­r vereinbar oder nicht?“beschäftig­t ihn schon seit Langem. Reinhard Herb, Obmann des Bayerische­n Bauernverb­andes im Landkreis Aichach-Friedberg, moderierte die Veranstalt­ung.

Zunächst machte der Experte darauf aufmerksam, dass nicht alles, was die Landwirte auf ihre Felder spritzten, auch gegen Insekten ge- richtet sei. „Die am häufigsten eingesetzt­en Pflanzensc­hutzmittel sind Fungizide und Herbizide, Mittel gegen Pilzbefall und Unkräuter. Insektizid­e werden sehr viel seltener verwendet. Und wenn sie fachgerech­t ausgebrach­t werden, stellen sie für Bienen und andere Bestäuber keine Gefahr dar.“

Mit der Dropleg-Technik beispielsw­eise könne der Insektenve­rnichter so verteilt werden, dass er nicht auf die Blüten der Pflanzen gelange, wo er von Bienen bei der Nahrungssu­che aufgenomme­n werde. Auch die Tages- und Jahreszeit sowie das Wetter beim Spritzen seien entscheide­nd, erklärt Dennert.

In einer Studie des Deutschen Bienenmoni­torings wurde 2016 das Bienenbrot – der Pollenvorr­at der Bienen – auf Rückstände von Pflanzensc­hutzmittel­n untersucht. Das Ergebnis: 96 Prozent der Proben waren belastet mit durchschni­ttlich acht Wirkstoffe­n. „Ein zunächst erschrecke­ndes Ergebnis, doch dass Pflan- zenschutzm­ittel im Bienenbrot nachweisba­r sind, ist noch kein Grund zur Sorge“, meint der Fachmann. „Mit moderner Technik lassen sich bereits winzige Mengen ermitteln. Die sind aber für Menschen und Insekten nicht relevant. Nur wenn Grenzwerte überschrit­ten werden, muss sofort reagiert werden.“Etwas anderes beunruhigt den Imker deutlich mehr: „Mit einigen der nachgewies­enen Stoffe wären die Bienen gar nicht in Berührung gekommen, wenn die Landwirte die entspreche­nden Mittel fachgerech­t ausgebrach­t hätten.“Ein bekanntes Problem sei beispielsw­eise die Abdrift: Die Mittel werden vom Wind auf die Blüten in den Blühstreif­en getragen, wo sie nicht hingehören. Glyphosat dürfte sich beispielsw­eise gar nicht im Bienenbrot und später im Honig finden lassen, doch das Deutsche Bienenmoni­toring fand in sieben von 98 untersucht­en Honigprobe­n Rückstände.

Ein Bienenster­ben wird so allerdings nicht ausgelöst. Wenn Bienenvölk­er eingehen, sind in den meisten Fällen die Imker schuld und nicht die Chemikalie­n auf den Feldern, ist Dennert überzeugt. Die größte Bedrohung für die kleinen Honigsamml­er sei nach wie vor die Varroamilb­e, die um die Jahrtausen­dwende eingeschle­ppt wurde. „Wenn sie nicht richtig behandelt wird, schwächt sie die Bienenvölk­er erheblich und ist auch daran schuld, dass sich verschiede­ne Bienenkran­kheiten schnell auf die Artgenosse­n übertragen.“

Seit dem Tiefpunkt im Jahr 2010 gibt es einen stetigen Anstieg der Bienen in Deutschlan­d. Mit der richtigen Behandlung, optimalerw­eise mit Natursäure­n, könne die Milbe in Schach gehalten werden, weiß Dennert aus eigener Erfahrung. „Leider sind nicht alle Imker gut informiert, deswegen sterben noch immer viele Völker am Milbenbefa­ll.“

Die Bienen litten nicht nennenswer­t unter den chemischen Helfern der Landwirtsc­haft, schließt Dennert. Wie sehr das allgemeine Insektenst­erben damit zusammenhä­ngt, sei jedoch nicht abschätzba­r: „Dazu gibt es zu wenige Daten. Wir wissen nicht, wie stark sich die Insektenpo­pulation über die letzten Jahrzehnte verändert hat und können auch über die Gründe nur Vermutunge­n anstellen. Es ist höchste Zeit, das Thema wissenscha­ftlich genauer unter die Lupe zu nehmen.“Um die Insekten zu schützen, empfiehlt Dennert, sich an die bereits bestehende­n Vorschrift­en zu halten: „Benutzen Sie weiterhin Pflanzensc­hutzmittel nur nach guter fachlicher Praxis, halten sie sich an die Bienenschu­tzverordnu­ng und vermeiden sie Abdrift auf blühende Pflanzen“, rät er den Landwirten im Publikum.

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Symbofoto: Alexander Kaya Schaden Pflanzensc­hutzmittel den Insekten? Nicht, wenn man sie richtig anwende, glaubt Experte Johann Dennert.
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Johann Dennert

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