Glyphosat im Honig
Sieben von 98 untersuchten Proben wiesen Rückstände der Chemikalie auf. Doch sind Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft verantwortlich für das Insektensterben?
Aichach Friedberg Wie schlimm ist das Insektensterben? Töten die Landwirte mit ihren Insektiziden die Bienen? Und welche Rolle spielt die Varroamilbe? Um diese Fragen ging es beim Vortrag im Dasinger Bauernmarkt. Johann Dennert ging in seinem Vortrag diesen Vorwürfen nach. Der ehemalige Leiter der Versuchsabteilung von Gut Roggenstein, einer landwirtschaftlichen Einrichtung der Technischen Universität München, ist selbst Imker. Das Thema „Bienen, Biodiversität und Pflanzenschutz (Glyphosat)! Miteinander vereinbar oder nicht?“beschäftigt ihn schon seit Langem. Reinhard Herb, Obmann des Bayerischen Bauernverbandes im Landkreis Aichach-Friedberg, moderierte die Veranstaltung.
Zunächst machte der Experte darauf aufmerksam, dass nicht alles, was die Landwirte auf ihre Felder spritzten, auch gegen Insekten ge- richtet sei. „Die am häufigsten eingesetzten Pflanzenschutzmittel sind Fungizide und Herbizide, Mittel gegen Pilzbefall und Unkräuter. Insektizide werden sehr viel seltener verwendet. Und wenn sie fachgerecht ausgebracht werden, stellen sie für Bienen und andere Bestäuber keine Gefahr dar.“
Mit der Dropleg-Technik beispielsweise könne der Insektenvernichter so verteilt werden, dass er nicht auf die Blüten der Pflanzen gelange, wo er von Bienen bei der Nahrungssuche aufgenommen werde. Auch die Tages- und Jahreszeit sowie das Wetter beim Spritzen seien entscheidend, erklärt Dennert.
In einer Studie des Deutschen Bienenmonitorings wurde 2016 das Bienenbrot – der Pollenvorrat der Bienen – auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Das Ergebnis: 96 Prozent der Proben waren belastet mit durchschnittlich acht Wirkstoffen. „Ein zunächst erschreckendes Ergebnis, doch dass Pflan- zenschutzmittel im Bienenbrot nachweisbar sind, ist noch kein Grund zur Sorge“, meint der Fachmann. „Mit moderner Technik lassen sich bereits winzige Mengen ermitteln. Die sind aber für Menschen und Insekten nicht relevant. Nur wenn Grenzwerte überschritten werden, muss sofort reagiert werden.“Etwas anderes beunruhigt den Imker deutlich mehr: „Mit einigen der nachgewiesenen Stoffe wären die Bienen gar nicht in Berührung gekommen, wenn die Landwirte die entsprechenden Mittel fachgerecht ausgebracht hätten.“Ein bekanntes Problem sei beispielsweise die Abdrift: Die Mittel werden vom Wind auf die Blüten in den Blühstreifen getragen, wo sie nicht hingehören. Glyphosat dürfte sich beispielsweise gar nicht im Bienenbrot und später im Honig finden lassen, doch das Deutsche Bienenmonitoring fand in sieben von 98 untersuchten Honigproben Rückstände.
Ein Bienensterben wird so allerdings nicht ausgelöst. Wenn Bienenvölker eingehen, sind in den meisten Fällen die Imker schuld und nicht die Chemikalien auf den Feldern, ist Dennert überzeugt. Die größte Bedrohung für die kleinen Honigsammler sei nach wie vor die Varroamilbe, die um die Jahrtausendwende eingeschleppt wurde. „Wenn sie nicht richtig behandelt wird, schwächt sie die Bienenvölker erheblich und ist auch daran schuld, dass sich verschiedene Bienenkrankheiten schnell auf die Artgenossen übertragen.“
Seit dem Tiefpunkt im Jahr 2010 gibt es einen stetigen Anstieg der Bienen in Deutschland. Mit der richtigen Behandlung, optimalerweise mit Natursäuren, könne die Milbe in Schach gehalten werden, weiß Dennert aus eigener Erfahrung. „Leider sind nicht alle Imker gut informiert, deswegen sterben noch immer viele Völker am Milbenbefall.“
Die Bienen litten nicht nennenswert unter den chemischen Helfern der Landwirtschaft, schließt Dennert. Wie sehr das allgemeine Insektensterben damit zusammenhängt, sei jedoch nicht abschätzbar: „Dazu gibt es zu wenige Daten. Wir wissen nicht, wie stark sich die Insektenpopulation über die letzten Jahrzehnte verändert hat und können auch über die Gründe nur Vermutungen anstellen. Es ist höchste Zeit, das Thema wissenschaftlich genauer unter die Lupe zu nehmen.“Um die Insekten zu schützen, empfiehlt Dennert, sich an die bereits bestehenden Vorschriften zu halten: „Benutzen Sie weiterhin Pflanzenschutzmittel nur nach guter fachlicher Praxis, halten sie sich an die Bienenschutzverordnung und vermeiden sie Abdrift auf blühende Pflanzen“, rät er den Landwirten im Publikum.