Ein Meister mit 18 fällt nicht vom Himmel
Richard Haas aus Sielenbach hängte direkt nach seiner Ausbildung zum Metzger gleich die Meisterschule an. Er hatte schon immer ein klares Berufsziel und glaubt an Tradition
Sielenbach Wer mit 18 begeistert von Traditionen spricht und gleichzeitig ein klares Berufsziel vor Augen hat, der muss schon als Kind und dann als Jugendlicher sehr zielstrebig sein. Richard Haas aus Sielenbach ist das. Der mittlere Sohn aus Sielenbachs Metzgerei Winterholler hat trotz seines jungen Alters ganz konkrete Vorstellungen von seiner Zukunft. Er wollte schon immer den heimischen Betrieb weiterführen und das Metzgerhandwerk erlernen. Und genau auf diesem Weg befindet er sich. Er hat äußerst erfolgreich Ende vergangenen Jahres seine Ausbildung abgeschlossen (wir berichteten). Er wurde Innungssieger im Metzgereihandwerk und daraufhin Kammersieger in Schwaben. Selbst bayernweit konnte er im Anschluss noch einen drit- Platz im Berufswettbewerb seines Handwerks belegen. Bei dieser Vorgeschichte verwundert es kaum, dass der ehrgeizige junge Sielenbacher gleich weitermachte. Er besuchte von Januar bis April 2018 ganztags die Meisterschule und hat jetzt mit 18 Jahren bereits seinen Meistertitel in der Tasche beziehungsweise den Meisterbrief an der Wand hängen – ebenfalls mit hervorragenden Noten.
Bis 2004 musste ein Handwerker nach Abschluss der Lehre drei Gesellenjahre Berufserfahrung sammeln, um Meister werden zu können. Dies ist zwar keine Vorschrift mehr, wird aber von vielen Berufsanfängern immer noch häufig so praktiziert. Für Richard Haas hingegen stand von Anfang an fest, dass er „das Zeug dazu hat, es durchzuziehen“. Er wusste einfach genau, was er für seine Zukunft wollte. Schon mit vier Jahren half er seinem Vater Michael Haas am Füller beim Herstellen von Wiener Würstchen.
Nach seiner Ausbildung beim Augsburger Metzgereibetrieb Wollmann und der erfolgreichen Meisterprüfung arbeitet Haas derzeit weiterhin für einen Teil der Woche in Augsburg in seinem Ausbildungsbetrieb. Er ist aber auch schon fest integriert in der heimischen Metzgerei Winterholler. Auf die Frage, warum er sich dafür entschieden hat, den Familienbetrieb in Zukunft übernehmen zu wollen, antwortet Richard Haas mit Überzeugung: „Tradition!“Und das ist im Handwerk, das ja bekanntlich immer noch goldenen Boden haben soll, nicht mehr unbedingt selbstverständlich. Immer weniger Jugendliche aus einem Familienbetrieb auf dem Land entscheiden sich für eine Übernahme. Ein geregelter Achtten stunden-Arbeitstag scheint oft verlockender als die Selbstständigkeit. Große Firmen versprechen bessere Bezahlung.
Warum sollte man sich also darauf einlassen, sechs bis sieben Tage die Woche zu arbeiten ohne pünktlichen Feierabend? Die Antwort des Jungmeisters: weil es sonst bald in den kleineren Ortschaften keine Lebensmittel-Handwerker wie Metzger oder Bäcker mehr gibt und alte, bewährte Rezepturen verloren gehen. Richard Haas wird eines Tages bereits in vierter Generation die Sielenbacher Metzgerei weiterführen. Er weiß, wie viel Zeit seine Eltern täglich und wöchentlich im Betrieb stehen. Er weiß, dass der Tag häufig nicht mit Ladenschluss endet. Denn die Familie betreibt auch den dazugehörigen Gasthof Winterholler. Auch hier helfen alle mit, ob es sich nun um Übernachtungsgäste handelt oder um abendliche Veranstaltungen in der Gaststube. Die Arbeit bleibt nicht aus. Hinzu kommen Catering und Partyservice-Aufträge. Die finden natürlich auch oft am Wochenende oder abends nach „Feierabend“statt.
Neid auf Freunde mit geregelten Jobs kommt dennoch bei Haas überhaupt nicht auf. Er liebt seine Arbeit und hat sichtlich Spaß dabei. Als Mitglied des Sielenbacher Burschenvereins kann er so manches Mal auch die Arbeit mit der Freizeit verbinden. Beispielsweise zuletzt beim Sielenbacher Maibaumaufstellen war er für den Burschenverein mit von der Partie, aber auch „geschäftlich“vor Ort. Denn der Rollbraten, den es anschließend in der Grundler-Halle für die Gäste aus dem ganzen Dorf gab, kam natürlich aus der ortsansässigen Metzgerei Winterholler.