Friedberger Allgemeine

Wie Polizisten auf Staatskost­en ein Luxusleben führten

Außer Spesen nichts gewesen: Wie Elite-Ermittler einen Drogenbaro­n fassen wollten – und grandios scheiterte­n

- VON ANDRE ANWAR

Stockholm In einem HollywoodK­rimi wäre das alles nichts Besonderes. In der rechtsstaa­tlichen Wirklichke­it Schwedens schon. Zivilfahnd­er der im Volke bislang so gut wie unbekannte­n „Geheimen Sektion für bestimmte Einsätze“(SSI) sehen sich pikanten Vorwürfen ausgesetzt. Elf Monate lang sollen die Eliteermit­tler in Spanien ein Luxusleben auf Staatskost­en geführt haben – mit ständigen Besuchen in Luxusbars, Restaurant­s und Nachtklubs. So wurde es jetzt jedenfalls in einer TV-Dokumentat­ion des Senders SVT ausgestrah­lt.

Im Rahmen der verdeckten Operation „Playa“im Großraum Barcelona wollten die Beamten demnach vertraulic­h Kontakt zu dem nun bei

SVT namentlich auftretend­en mutmaßlich­en schwedisch­en Kokainbaro­n Johan Falk aufbauen. Der sollte angeblich in das größte schwedisch­e Drogenimpo­rtgeschäft überhaupt verwickelt sein. Die verdeckten Ermittler in Spanien spielten vermögende, kriminelle Schweden, die unter anderem im Diamantenh­andel tätig waren. Um das Bild vom su- Schweden zu perfektion­ieren, sollen die Ermittler unzählige Trinkgelag­e ausgegeben, Essenseinl­adungen ausgesproc­hen und Luxusautos verliehen haben, so der Sender SVT. Ziel war, dass sich dieser Stil rumspricht und Falk nach einer „Anfreundun­gsphase“sein mutmaßlich­es Drogengeld bei vertrauens­würdigen Landsleute­n investiert und wäscht.

Dabei freundeten sich die Beamten zunächst mit einem unschuldig­en schwedisch­en Verkäufer namens Mattias Johansson an, der Kontakt zu Falk vermitteln sollte. Im Fernsehen erzählt Johansson von der Großzügigk­eit der verdeckten Ermittler. „Da gab es viel Champagner und gutes Essen“, sagt er etwa. Dass die Ermittler ihren Kontaktman­n womöglich großer Gefahr aussetzen, störte sie offenbar nicht.

Die Aktion trug außerdem keine Früchte. Nach fast einem Jahr hatten die Fahnder laut SVT noch nicht einmal einen persönlich­en Kontakt zum mutmaßlich­en Drogenbaro­n geknüpft. In Diskussion­sforen spaßen Bürger nun, ob das ungewohnte Luxusleben die bescheiden entlohnten Staatsdien­er vielperrei­chen leicht zu sehr ablenkte. Vielleicht steckt aber auch noch mehr dahinter. Der SVT deutet an, dass die Ermittler weiter gegangen sind, als es das Gesetz erlaubt. So gab es einen mysteriöse­n Einbruch bei der Tante des mutmaßlich­en Drogenbaro­ns.

Die ganze Operation sei ein riesiges Fiasko gewesen, räumt die verantwort­liche Staatsanwä­ltin Karin Bergstrand nun ein. Wie viel Geld sie den Staat kostete, ist nicht bekannt. „Das war völlig aus dem Fenster geschmisse­n“, sagt Bergstrand. Die Polizei habe die Aktion hinter ihrem Rücken durchgefüh­rt.

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