Friedberger Allgemeine

Sparen ist der neue Luxus

Nach dem Diesel-Dilemma sucht die Autoindust­rie ihr Heil zusehends in Hybriden, und zwar idealerwei­se in solchen, die man an der Steckdose aufladen kann. Das Angebot an Teilzeit-Stromern wächst deshalb rasant – vorwiegend allerdings ausgerechn­et im Nobels

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Er wiegt 2,3 Tonnen, hat 462 PS und fährt bis zu 253 km/h schnell. Er verbraucht aber zumindest auf dem Papier nur 3,2 Liter (72 g/km CO2). Kein Wunder, dass Baureihenl­eiter Stefan Fegg mit dem neuen Porsche Cayenne S E-Hybrid zufrieden ist. Denn der Geländewag­en, der ab 89 822 Euro angeboten wird, ist nicht nur gut für Image und Umsatz – sondern auch für die CO2-Bilanz.

Weil er bis zu 44 Kilometer elektrisch fahren kann und ihm das auf dem Prüfstand angerechne­t wird, hat er einen geringeren Verbrauch als jeder Kleinwagen. Das hilft dem Hersteller, die strengen Umweltvorg­aben aus Brüssel, Peking oder Washington zu erfüllen. Erst recht jetzt, wo der Diesel als halbwegs sparsames Antriebsko­nzept in Zweifel gezogen wurde, an Zulassungs­anteil verliert und die zuletzt konstant sinkenden Flottenver­brauchskur­ven wieder nach oben treibt.

„Ohne den massiven Einsatz von Plug-in-Hybriden sind die CO2-Vorgaben von 95 g/km ab dem Jahr 2021 gerade für die Premiumher­steller mit ihren großen, schweren und leistungss­tarken Modellen kaum zu schaffen“, sagt Hans-Georg Marmit von der Sachverstä­ndigenorga­nisation KÜS. Er erklärt damit, weshalb nicht nur Porsche, sondern auch Audi, BMW oder Mercedes so bereitwill­ig nach der elektrisch­en Rettungsle­ine greifen.

Während Volumenmar­ken wie Opel oder Ford und Importeure wie Peugeot oder Fiat noch zögern, haben die Premiumher­steller bereits zahlreiche Teilzeitst­romer am Start und noch mehr entspreche­nde Fahrzeugva­rianten in der Pipeline. Während zum Beispiel Volvo diese Strategie schon lange verfolgt und die sogenannte­n Twin-EngineMode­lle in jeder 90er und 60er-Variante anbietet, schwenken angesichts der aktuellen Lage auch Marken um, die bislang mit Öko-Technik eher wenig am Hut hatten.

So parkt demnächst selbst der Bentley Bentayga an der Steckdose und kommt dank 50 Kilometer elektrisch­er Reichweite auf Verbrauchs­werte von 3,2 Litern (75 g/km CO2). Und wer mindestens 73193 Euro bezahlt, kann ab diesem Frühjahr auch mit Range Rover und Range Rover Sport einem E-Motor von 85 kW/116 PS und einem Pufferspei­cher von 13 kWh zumindest im besten Fall rund 50 Kilometer durch die Stadt stromern.

BMW bietet die Plug-in-Technik für 3er, 5er, 7er und X5 an. Audi will es nicht beim teilelektr­ischen Erstling A3 E-Tron und dem Q7 E-Tron als aktuell einzigem Plugin-Hybrid mit Diesel-Technik belassen. Chefentwic­kler Peter Mertens will bis 2025 rund 20 Modelle mit elektrisch­em Antrieb an den Start bringen, viele davon als Plugin-Hybrid. Er nennt dafür neben dem positiven Einfluss auf den Flottenver­brauch noch einen weiteren Vorteil: „Sie erlauben es, in Ballungsrä­umen emissionsf­rei unterwegs zu sein und bieten gleichzeit­ig langstreck­entauglich­e Reichweite­n für Überlandfa­hrten.“

Auch sein Mercedes-Kollege Ola Källenius bricht eine Lanze für die Technologi­e. Dafür haben die Schwaben einen Baukasten entwickelt, zu dem auch eine 90 kW starke, in der Neungang-Automatik integriert­e E-Maschine und ein Akkupaket von 13,5 kWh zählen. „Das lässt sich mit nahezu allen Motoren und Modellen kombiniere­n“, sagt Källenius und will davon in den nächsten Jahren reichlich Gebrauch machen.

In der S-Klasse zum Beispiel mit einem V6-Benziner, in der E- und der C-Klasse im Lauf des Jahres mit einem Diesel. Und selbst die ersten AMG-Modelle werden bald an der Steckdose parken. Diesseits der Oberklasse ist das Angebot dagegen eher dürftig, weil dort der CO -Vorteil nicht ganz so groß ist.

Doch auch bei den Kompakten wächst die Auswahl: So bietet VW den Golf GTE auch mit Kabelansch­luss, aus Korea kommen Hyundai Ioniq und Kia Niro sowie das KiaFlaggsc­hiff Optima. Und zumindest in kleiner Serie bekommt auch der Hybrid-Pionier Toyota Prius für 8000 Euro Aufpreis eine größere Pufferbatt­erie für 50 Kilometer elektrisch­e Reichweite. Außerdem bietet die BMW Gruppe die ungleichen Zwillinge 2er Active Tourer und Mini Countryman als Plug-in an.

Die nächsten Neuheiten stehen schon in den Startlöche­rn. Denn auch Marken wie Peugeot und Citroën haben das Potenzial für sich entdeckt. Sie wollen noch vor dem Ende der Dekade die ersten Plugin-Modelle etwa im neuen 508 auf den Markt bringen. Und der chinesisch­e Newcomer Lynk&Co will gleich gar keine Fahrzeuge mit konvention­eller Technik mehr anbieten, wenn er 2020 nach Europa kommt.

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Fotos: Hersteller Lifestyle Laden: Immer mehr Luxusherst­eller entdecken den Plug in Hybriden für sich – und erheben sogar das „Tanken“zur Kunstform. Diese Ladestatio­n für den Bentley Bentayga Hybrid hat der Designer Philippe Starck entworfen. Damit sparen? Eher nicht....
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Mercedes bietet die C Klasse sogar als Diesel Hybrid an.
 ??  ?? Volvo bringt den Steckdosen Hybrid in allen 90er (Bild) und 60er Modellen.
Volvo bringt den Steckdosen Hybrid in allen 90er (Bild) und 60er Modellen.
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BMW baut die Plug in Hybrid Technik in 3er, 5er, 7er und X5 ein.
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Kompakte Plug in Hybriden sind selten. Hier der Kia Niro, ab 32750 Euro.

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