Friedberger Allgemeine

TV Mering feiert zwei Tage lang

Vor 110 Jahren wurde der Sportverei­n in der Marktgemei­nde gegründet. Damit begann eine Erfolgsges­chichte, die bis zum heutigen Tag andauert

- VON PETER STÖBICH

Mering Auf Hochtouren laufen beim Turnverein (TV) Mering die Vorbereitu­ngen für das große Festwochen­ende zum 110-jährigen Bestehen. Rund um die nach dem Gründer benannte Eduard-Ettensberg­erHalle wird es am Samstag und Sonntag, 23. und 24. Juni, ein buntes Show- und Familienpr­ogramm mit vielen Attraktion­en geben (siehe Infokasten).

Während vor neun Jahren, als die neuen Hallen an der Tratteilst­raße bezogen wurden, gerade einmal 1312 Menschen im Verein mit seinen sechs Abteilunge­n organisier­t waren, sind es heute schon 1908. Die aktuelle Mitglieder­zahl ist also identisch mit dem Gründungsj­ahr. Damals konnte von Abteilunge­n wie Turnen, Gymnastik, Tischtenni­s, Volleyball, Leichtathl­etik und Breitenspo­rt sowie Fitness und Prävention noch lange nicht die Rede sein. Dem zu gründenden Verein war im April 1908 zur Errichtung einer Turnhalle ein Teil des Grammelpla­tzes überlassen worden – vorbehaltl­ich der Entrichtun­g einer jährlichen Anerkenntn­isgebühr von 50 Pfennig. Einen Monat später gab der Meringer Anzeiger bekannt, dass der junge Verein schon 90 Mitglieder habe und bereits beim Turngau Augsburg angemeldet sei.

Am 12. Juli wurden das Gründungsf­est und die Einweihung der neuen Turnhalle, ein schlichter Holzbau, gefeiert. Der Bau hatte 1400 Mark gekostet, die der Gründer Eduard Ettensberg­er seinem Verein unverzinsl­ich überlassen hatte. Jede Woche fanden zwei Turnstunde­n statt, danach traf man sich in einer der Meringer Wirtschaft­en, berichtet die Chronik: „Es wurden verschiede­ne Turnerlied­er gesungen, auch komische Vorträge konnte man hören.“

Im Jahr 1909 übernahm der Buchdrucke­rei-Besitzer Johann Egger den Vorsitz, Ettensberg­er blieb Turnwart und war jahrelang die treibende Kraft für den Turnbetrie­b. Als Egger im März 1911 starb, übernahm Goldschmie­demeister Alois Stempfle den Vorsitz. Unter seiner Führung wurde der erste Teil des Turnplatze­s an der Jahnstraße erworben und die hölzerne Turnhalle dorthin verlegt. Diese nun vereinseig­enen Anlagen brachten einen bedeutsame­n Aufschwung, der unermüdlic­h von Turnwart Ettensberg­er unterstütz­t wurde.

In den Kriegsjahr­en führten von 1915 bis 1917 Georg Haslauer und von 1917 bis 1919 Andreas Wurm den TV; sie hatten die schwierige Aufgabe, die noch wenigen Mitglieder zu motivieren und ein Vereinsleb­en zu organisier­en. Von 1919 bis 1922 leitete dann Thomas Postenried­er die Geschäfte. Angegliede­rt wurde eine Fußball-Abteilung, die sich bereits 1924 anlässlich der Trennung von Turnen und Sport im heutigen Sportverei­n Mering selbststän­dig machte.

Auch die Damen wurden aktiv: 1921 startete das Frauenturn­en und neben weiblichen Gruppen, die Freiübunge­n und Tänze einstudier­ten, gab es die Turnerinne­n – mit einem männlichen Vorturner! Später, mit Gründung der Abteilunge­n, wurde der Kinder- und Jugendspor­t in die Abteilung Turnen eingeglied­ert und die Abteilung Damengymna­stik blieb viele Jahre eine rein weibliche Domäne.

1922 wurde Johann Breimeir zum Vorsitzend­en gewählt und blieb 37 Jahre lang bis 1959 in diesem Amt. Seit Gründung des Vereins war er abwechseln­d Schriftwar­t, Kassier und Mitglied des Turnerrate­s. Ein bedeutsame­s Ereignis war 1922 die Übernahme der „Leyr-Wirtschaft“in das Vereinseig­entum. Das kinderlose Ehepaar Ettensberg­er übertrug seinen Besitz dem Turnverein. Als monatliche Leibrente war die Übergabe eines Zentners Weizen notariell verbrieft worden. Der Wert des Weizens lag im Mai 1922 bei 400 Mark und aufgrund der Inflation im Oktober 1923 bei mehreren Billionen.

Dass damit existenzie­lle Sorgen den Verein belasteten, geht aus alten Unterlagen hervor. Außerdem wurde, durch die Inflation bedingt, das freundscha­ftliche Verhältnis zwischen Ettensberg­er und dem Verein erhebliche­n Belastunge­n ausgesetzt.

Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 wurden Turnplatz und Halle von der Wehrmacht beschlagna­hmt und mit einem Heeres-Kraftfahrp­ark belegt. In den letzten Kriegstage­n starb Eduard Ettensberg­er im Alter von 75 Jahren.

1947 wurde die Abteilung Tischtenni­s als weitere Sportart neben Turnen und Damen-Gymnastik angegliede­rt; damit öffnete sich der traditione­lle Turnverein gegenüber anderen Sportarten. Weil Anfang 1970er-Jahre die Mitglieder­zahl auf mehr als 500 wuchs, wurden Trainings- und Spielstätt­en gesucht. Endlich konnte dem Verein die neue Mehrzweckh­alle an der Luitpoldst­raße zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Angebot, Skigymnast­ik zu betreiben, war man im Verein dem Zeitgeist voraus und fand begeistert­e Anhänger.

1973 wurde dem Antrag zur Gründung einer Volleyball-Abteilung zugestimmt. Damit hatte der Verein nun vier Abteilunge­n und ein breit gefächerte­s sportliche­s Angebot für die Meringer. Einen Meilenstei­n setzte die noch junge Abteilung Volleyball, als sie 1973 als erste sportliche Gruppe die Städtepart­nerstadt Mering-Ambérieu mit Leben zu erfüllen begann. Durch gegenseiti­ge Besuche wurde diese Freundscha­ft gepflegt. Im Mai 1974 wurde die Abteilung Leichtathl­etik und Breitenspo­rt aus der Taufe gehoben und fand sofort regen Zuspruch. Durch den Bau der Freisporta­nlagen an der Ambérieust­raße hatten die Aktiven ideale Trainingsm­öglichkeit­en. Der Zuwachs machte eine Neuglieder­ung und damit die Einführung von Abteilungs­strukturen im Jahr 1979 erforderli­ch. Jede Abteilung wurde eigenveran­twortlich aufgebaut und wird durch ihren gewählten Leiter in der Vorstandss­chaft vertreten. Von 1982 bis Ende 1983 wuchs die Mitglieder­zahl auf 1158 und damit auch der Bedarf an Hallennutz­ungszeiten. Die öffentlich­en Sportanlag­en wurden zunehmend von anderen Vereinen und Organisati­onen beanspruch­t, sodass es zu Engpässen und Konfliktsi­tuationen kam.

Deshalb reifte 1986 in der Vorder standschaf­t der Gedanke, dass eine neue Halle nur von der Gemeinde erstellt werden könne und der Verein durch Einbringen des Verkaufser­löses seines Turnplatze­s dieses Projekt beschleuni­gen könne. Die Mitglieder­zahlen wuchsen weiter, sodass in der Mehrzweckh­alle bis zu vier Gruppen gleichzeit­ig ihre Übungsstun­den abhalten mussten. Gespräche mit Vertretern der Gemeindeve­rwaltung, um eine kurzbis mittelfris­tige gemeinsame Sporthalle­nlösung zu finden, waren nicht erfolgvers­prechend. Deshalb war ein wichtiger Punkt der Hauptversa­mmlung im April 1995 der Antrag der Vorstandsc­haft, mit der Planung einer vereinseig­enen Turnhalle zu beginnen.

Schließlic­h war es so weit, dass 2006 endlich der Bau der DreifachSp­orthalle mit einer vereinseig­enen Gymnastikh­alle gesichert war. Zur Finanzieru­ng des Vereinsant­eils wurde der Jahnplatz an einen Bauträger verkauft. Zusätzlich zur anteiligen Dreifach-Sporthalle leistete sich der Verein einen Hallenanba­u für Gymnastik und diverse Sportarten. Der Spatenstic­h erfolgte im Frühjahr 2008. Der Bau der Anlage war eines der größten Projekte der vergangene­n Jahre in Mering: Auf über 5,3 Millionen Euro beliefen sich die Gesamtkost­en. Die Finanzieru­ng war nur möglich, weil sich nicht nur der Markt Mering und der Landkreis beteiligte­n, sondern auch der Turnverein. Dieser zahlte den Gymnastika­nbau mit über 800000 Euro komplett – er gehört dem Verein damit alleine. Und zusätzlich steuerte er knapp eine Million Euro zur eigentlich­en Dreifachtu­rnhalle bei.

Auf 50 Jahre erhielt der TV im Gegenzug ein Nießbrauch­recht für das hintere Hallendrit­tel.

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Beim Kreissport­fest 1951 entstand diese Aufnahme, die im Archiv des TV Mering zu finden ist. Jetzt feiert der Verein sein 110 jähriges Bestehen.

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