Friedberger Allgemeine

Bayerns Wirtschaft entsetzt über Trumps Strafzölle

Bei Unternehme­n wächst die Angst vor einer unkontroll­ierten Eskalation mit den USA. Europa kündigt Gegenschla­g an

- VON KARL DOEMENS UND CHRISTINA HELLER

Washington/Augsburg US-Präsident Donald Trump befand sich gerade auf dem Flug nach Houston, als sein Wirtschaft­sminister Wilbur Ross die Bombe platzen ließ. „Die Gespräche dauern länger, als wir gehofft hatten“, berichtete er über seine Verhandlun­gen mit der Europäisch­en Union sowie Kanada und Mexiko über eine Begrenzung von deren Stahl- und Aluminiume­xporten. Deshalb werde man die bisherige Ausnahmere­gelung von den Strafzölle­n auslaufen lassen. Kurz darauf schickte das Weiße Haus zwei umfangreic­he Dekrete hinterher. Sie legen fest, dass ab diesem Freitag um 0.01 Uhr amerikanis­cher Zeit Stahleinfu­hren aus diesen Ländern mit 25 Prozent und Aluminiumi­mporte mit zehn Prozent besteuert werden. Es ist der Beginn eines Handelskri­egs mit Europa.

Die USA begründen ihre Sanktionen mit angebliche­n Gefahren für die nationale Sicherheit. Die EU wird darauf mit Vergeltung­szöllen reagieren. Wie EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker umgehend angekündig­te, wird zudem Klage bei der Welthandel­sorganisat­ion WTO eingereich­t. „Die USA lassen uns keine andere Wahl“, sagte er. „Das ist ein schlechter Tag für den Welthandel.“Die Bundesregi­erung nannte die Entscheidu­ng der USA rechtswidr­ig.

Die exportstar­ke bayerische Wirtschaft betrachtet die Krise mit großer Sorge. Stahl und Aluminium machten zwar nur einen kleinen Teil der bayerische­n Ausfuhren in die USA aus, doch die Zölle hätten erhebliche Signalwirk­ung, warnt Verbands-Geschäftsf­ührer Bertram Brossardt. „Es steht zu befürchten, dass sie den Anfang bilden für weitreiche­nde, größere Handelshem­mnisse durch die USA, die dann den weltweiten freien Handel aus den Fugen bringen könnten.“Auch in Schwaben sind Betriebe aus dem metallvera­rbeitenden Gewerbe in ihrem USA-Geschäft von den Strafzölle­n betroffen, sagt IHK-Expertin Jana Lovell. „Es ist hochgradig alarmieren­d, dass die USA Strafzölle gegen enge Handels- und Bündnispar­tner einsetzen“, warnt sie.

Der FDP-Wirtschaft­spolitiker Michael Theurer sprach von einer „Ohrfeige“für die Bundesregi­erung. CDU-Kanzlerin Angela Merkel habe es sträflich versäumt, der Handelspol­itik die nötige Priorität einzuräume­n. Ein Handelskri­eg kenne nur Verlierer, eine Eskalation­sspirale müsse unbedingt verhindert werden. Der CSU-Europapoli­tiker Markus Ferber sieht die Schuld eindeutig auf amerikanis­cher

Hätte Merkel das Thema zur Chefsache machen müssen?

Seite: „Für die USA gab es keinen Anlass, gegen die EU Strafzölle zu verhängen, und deswegen verstößt ihr Verhalten eindeutig gegen die Spielregel­n der Welthandel­sorganisat­ion“, sagte er unserer Zeitung.

Die Gespräche zwischen US-Vertretern und der EU seien sehr intensiv gewesen. „Aber die US-Vertreter haben keine sehr ausgeprägt­e Bereitscha­ft zu richtigen Verhandlun­gen gezeigt“, sagt Ferber. Die EU wäre zwar bereit gewesen, den USA entgegenzu­kommen, aber nicht unter den jetzigen Voraussetz­ungen. „Wir wollten nicht unter Erpressung­sbedingung­en verhandeln“, betont der Vizechef des Wirtschaft­sausschuss­es im EU-Parlament. Ferber hofft, dass Trump beim WTO-Verfahren doch noch einlenkt. „Das Problem ist, dass die USA, die ja eine Art Weltpolize­i sind, sich selbst an keine Regeln halten. Mit diesem Verhalten destabilis­iert Trump mehr als nur die weltweiten Handelsbez­iehungen.“

Wie Europa im Handelskri­eg antwortet, lesen Sie auf Wirtschaft.

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