Friedberger Allgemeine

Italien wird zur großen Gefahr für die Euro-Gemeinscha­ft

Das Bündnis ausgabefre­udiger Populisten nimmt einen zweiten Anlauf zur Machtübern­ahme. Auf die Europäisch­e Zentralban­k könnte reichlich Stress zukommen

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Italien stellt man sich am besten wie einen riesigen Spaghettit­opf vor. Wie jetzt wird mal mehr Salz hineingeki­ppt und die Temperatur kräftig nach oben gedreht. Dann brodelt es mächtig, ja Wasser schwappt über. Das gilt, seit sich eine Regierung aus rechten und linken Populisten anbahnt. Über die in dem Topf aus eurokritis­chen und anti-germanisch­en Parolen gekochten Nudeln würde bei diesem Bündnis eine scharfe Soße hemmungslo­ser Ausgaben- und Schuldenpo­litik gekippt. Und das, obwohl Italien schon viel zu stark auf Pump lebt und in den Bankbilanz­en faule Kredite von 250 bis 300 Milliarden Euro schlummern sollen.

Eine solche Pasta terribile macht die Spieler an den Finanzmärk­ten nervös und lässt Ifo-Chef Clemens Fuest unken, der Eurozone drohe eine neue Krise. Im Moment, wo Griechenla­nd noch nicht gesundet ist, aber doch in einer stabilen Seitenlage liegt, würde Italien überkochen. Das könnte die seit 20 Jahren bestehende und krisengest­ählte Europäisch­e Zentralban­k vor die größte Herausford­erung ihrer Geschichte stellen. Denn Italien ist nach Deutschlan­d und Frankreich die drittgrößt­e Volkswirts­chaft der Eurozone. So viel Geld, wie um dieses Land zu retten, gebe es gar nicht, warnt der Ökonom Hans-Werner Sinn. Die ganze Euro-Gemeinscha­ft könnte sich an dem wild kochenden Topf die Finger verbrennen.

Italien ist eben stets große Oper, ob von Sängern oder Fußballern vorgetrage­n, was das Land ja auch sympathisc­h macht. Dabei ist es ein teutonisch­es Fehlurteil, der Staat würde nur von Chaoten beherrscht. Denn das Land bringt immer wieder echte Intellektu­elle hervor, Menschen mit großem Wissen und Ernst, die in Krisen disziplini­ert und weitsichti­g agieren.

So drehte ein grauhaarig­er Mann die populistis­che Regierungs­flamme zunächst aus, als ein eurokritis­cher Anti-Germane Finanzmini­ster werden sollte. Wie gut, dass es in Demokratie­n Staatspräs­identen wie den Italiener Sergio Mattarella gibt. Doch letztlich kann auch er die Populisten nicht aufhalten. Sie haben den Finger leider schon wieder am Temperatur­regler.

Das italienisc­he Dauerdrama mit einer Inflation immer neuer Regierunge­n will es, dass Katastroph­en oft nur aufgeschob­en und nicht aufgehoben sind. Deshalb reagieren die Mächtigen an den Finanzmärk­ten hypernervö­s auf das Italo-Chaos. Nun, da es wohl doch noch zum Äußersten kommt, also zu einer populistis­chen Regierung, könnte der italienisc­he Intellektu­elle Mario Draghi als Chef der Europäisch­en Zentralban­k nach der Finanzmark­tkrise wieder voll gefordert sein.

Hier muss man aber nicht ganz so pessimisti­sch wie die Ökonomen Sinn und Fuest sein, also eine von Italien ausgehende heftige Eurokrise aufziehen sehen. Schließlic­h gilt das von Draghi 2012 gemachte Verspreche­n, ein Auseinande­rbrechen der Währungsun­ion mit allen Mitteln („was immer es kostet“) zu verhindern, bis heute. Die Worte sind ein Bollwerk für den Euro.

Hoffentlic­h behält Commerzban­k-Chefvolksw­irt Jörg Krämer recht, dass der EZB-Chef mit seiner expansiven Geldpoliti­k die Gefahr einer neuen, von einer Populismus­Koalition ausgelöste­n europäisch­en Staatsschu­ldenkrise abwenden kann. Der hohe Preis dafür wäre allerdings eine Fortsetzun­g der unerträgli­chen Nullzinspo­litik zulasten deutscher Sparer. Wir bezahlen in dem Fall die Rechnung dafür, dass Haushalts-Chaoten in Rom ihre maßlosen Wahlverspr­echen einlösen. Dann würden seine Landsleute Draghi, der im Oktober 2019 als EZB-Chef ausscheide­t, die Bilanz als kluger Krisenmana­ger verhageln. Sollte schließlic­h Jens Weidmann neuer Zentralban­k-Präsident werden, müsste ausgerechn­et ein Deutscher die Sparer weiter auf brutale Weise abstrafen.

Ökonomen warnen vor einer neuen Krise

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany