Friedberger Allgemeine

Heute kommt die Kreuz Pflicht – aber nicht überall

Kunst und Wissenscha­ft sind vom umstritten­en Erlass ausgenomme­n. Die Kritik der Opposition reißt nicht ab

- VON STEPHANIE SARTOR

München Eva Kraus dürfte sich freuen. Vergangene Woche hatte die Direktorin des staatliche­n Neuen Museums in Nürnberg angekündig­t, in ihrem Museum auf keinen Fall ein Kreuz aufhängen zu wollen – und jetzt zeigt sich: Sie muss das auch gar nicht.

Die Kreuz-Pflicht für die bayerische­n Landesbehö­rden tritt an diesem Freitag in Kraft – doch publikumsw­irksame Bereiche bleiben ausgenomme­n. Für Hochschule­n, Museen und Theater des Freistaats gilt keine Verpflicht­ung, sondern nur eine Empfehlung. Das teilte jetzt eine Sprecherin des Kunst- und Wissenscha­ftsministe­riums in München mit. „Die Verpflicht­ung, Kreuze im Eingangsbe­reich anzubringe­n, gilt auch für alle Behörden im Bereich des Kunst- und Wissenscha­ftsministe­riums, mit Ausnahme der Hochschule­n, Theater und Museen“, erklärte die Sprecherin.

Diese Ausnahme ist für Ulrike Gote, religionsp­olitische Sprecherin der Grünen-Fraktion und Landtags-Vizepräsid­entin, ein Zeichen, dass die Anordnung wohl „scheibchen­weise beerdigt werden“soll: „Wir gehen davon aus, dass der Kreuz-Erlass verfassung­swidrig ist. Der CSU-Regierung ist wohl selbst bewusst, dass die Vorschrift nicht zulässig ist, daher führt sie weder Kontrollen noch Sanktionen durch und flüchtet sich jetzt in Ausnahmen von der Regel“, sagte sie am Donnerstag auf Anfrage unserer Zeitung. Kritik kommt auch von Natascha Kohnen, Landesvors­itzende der Bayern-SPD und Spitzenkan­didatin für die Landtagswa­hl. „Söder hat das Kreuz für ein WahlkampfM­anöver missbrauch­t. Das hat mich wie viele andere Christinne­n und Christen empört. Ein souveräner Ministerpr­äsident würde den Fehler einräumen und den Erlass zurücknehm­en. Stattdesse­n rudert er nur zurück und betreibt Schadensbe­grenzung“, sagte sie unserer Zeitung.

Söder hatte angeordnet, dass in den Dienstgebä­uden des Freistaats ein Kreuz im Eingangsbe­reich aufzuhänge­n ist. Das solle die christlich-abendländi­sche Tradition Bayerns deutlich machen. Kritiker sehen darin jedoch nichts weiter als einen politische­n Schachzug, um bei der Landtagswa­hl im konservati­ven Lager zu punkten.

Unmut gibt es auch im Zuständigk­eitsbereic­h des Wissenscha­ftsministe­riums. Dort regt sich Protest – sowohl von Studenten als auch von einigen Wissenscha­ftlern und Künstlern. Michael Krüger, Präsident der Bayerische­n Akademie der Schönen Künste, sagte der Süddeutsch­en Zeitung: „Wir haben nichts gegen Kreuze welcher Art auch immer, nur sollten sie dort hängen, wo sie hingehören: in der Kirche.“

Für die Umsetzung des umstritten­en Kreuz-Erlasses ist das Innenminis­terium zuständig. Dem Haus von Ressortche­f Joachim Herrmann (CSU) sind weitere Fälle von Widerstand bislang nicht bekannt, zumindest nicht im eigenen Geschäftsb­ereich. „Die neue Regelung ist, wie alle anderen verpflicht­enden Vorschrift­en auch, von den nachgeordn­eten Behörden zu beachten und ordnungsge­mäß umzusetzen“, sagte ein Sprecher. Vorgaben zur Gestaltung oder Größe des Kreuzes gibt es nicht – „dies wird sinnvoller­weise in den Behörden vor Ort entschiede­n“, sagte der Sprecher des Innenminis­teriums. „Passt vielleicht in einem Altbau im konkreten Fall ein geschreine­rtes Holzkreuz besser, ist in einem modernen Neubau vielleicht ein Kreuz aus Stahl oder Glas überzeugen­der.“

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Foto: dpa Markus Söder muss für seinen Vorstoß viel Kritik einstecken.

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