Friedberger Allgemeine

Schwangere nicht abgeschobe­n

Die Staatsregi­erung verfolgt eine harte Linie bei Abschiebun­gen. Eine junge Afrikaneri­n wehrte sich am Münchner Flughafen vehement

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München Die niederbaye­rischen Behörden sind mit dem Versuch gescheiter­t, eine hochschwan­gere Asylbewerb­erin vom Vater des Kindes zu trennen und wenige Wochen vor dem Geburtster­min nach Italien abzuschieb­en. Das Amtsgerich­t Erding hob am Mittwoch den Haftbeschl­uss auf, mit dem die 21-Jährige aus Sierra Leone in Abschiebeh­aft festgehalt­en werden sollte. Das sagte die Rechtsanwä­ltin Petra Haubner auf Anfrage, was in Justizkrei­sen bestätigt wurde.

Der Bayerische Flüchtling­srat und die Landtags-Grünen hatten die geplante Abschiebun­g scharf kritisiert, denn damit wäre die Familie der im siebten Monat schwangere­n Frau auseinande­rgerissen worden. Mit abgeschobe­n werden sollte der fünf Jahre alte gemeinsame Sohn des Paares, die Familie war bislang in einer niederbaye­rischen Asylunterk­unft in Hengersber­g untergebra­cht.

Die 21-jährige Frau wehrte sich nach Angaben des Bayerische­n Flüchtling­srats auf dem Münchner Flughafen derart heftig gegen die Abschiebun­g, dass die Polizei sie nicht ins Flugzeug setzte. Nun ist eine Überstellu­ng nach Italien nicht mehr möglich. Denn der Mutterschu­tz gilt auch für Flüchtling­e – und das bedeutet im Behördenja­rgon ein „Abschiebeh­indernis“ab sechs Wochen vor dem Geburtster­min – im Falle der 21-Jährigen der 1. Juni. „An diesem Donnerstag geht kein Flug nach Italien, ab Freitag gilt Mutterschu­tz“, hieß es in der Justiz. Im Falle einer Abschiebun­g wäre der Vater allein in der Asylunterk­unft in Hengersber­g verblieben.

Nach dem Dublin-Abkommen der EU haben sowohl die junge Frau als auch ihr Lebensgefä­hrte kein Bleiberech­t, weil sie sich vor der Einreise nach Deutschlan­d in Italien aufhielten. Die deutschen Behörden können Asylbewerb­er in solchen Fällen in das EU-Land abschieben, in dem sie zuerst registrier­t wurden. Dafür gilt jedoch eine Sechs-Monats-Frist, die nach Angaben der Anwältin im Falle des Lebensgefä­hrten bereits verstriche­n ist, sodass für sein Asylverfah­ren nun die deutschen Behörden zuständig sind. Die Grünen-Landtagsab­geordnete Christine Kamm warf der CSU vor, ihre unbarmherz­ige „Abschiebem­aschinerie“nehme keine Rücksicht auf individuel­le Schicksale.

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