Friedberger Allgemeine

Im Vatikan stürmen jetzt Frauen

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Im Kampf, der mit dem letzten Einsatz der Kräfte, mit Verbissenh­eit und Zähigkeit geführt wird, verschwind­et die Anmut der Weiblichke­it, erleiden Körper und Seele der Frau unweigerli­ch Schaden.

(Aus einem Beschluss des Deutschen Fußball-Bundes, der 1955 den Frauenfußb­all verboten hat.)

Nun, da am 10. Juni eine der letzten Frauenfußb­all-freien Bastionen fällt, ist noch einmal Gelegenhei­t, daran zu erinnern, woher das Frauenspie­l im aufgeklärt­en und modernen Kontinenta­l-Europa kommt. Aus dunkler Zeit nämlich. Bis 1970 verbot der Deutsche Fußball-Bund Frauen, in Vereinen zu spielen. Noch in den 70er Jahren regierten Betonköpfe den deutschen Fußball. Eine radikalkon­servative Funktionär­sclique, die beim Bankett der Weltmeiste­r von 1974 die Spielerfra­uen vor die Tür schickte. 1989 gab es für die deutschen Europameis­terinnen als Siegprämie Kaffeegesc­hirr und Bügelbrett­er.

Nirgendwo aber hatten es Frauen, die nach der Arbeit kicken wollten, schwerer als im Vatikan. Erst recht, wenn sie organisier­t dem Ball hinterher laufen wollten. Da wittert der kleinste Staat der Welt schnell Unterwande­rung, Moderne und Umsturz. Natürlich ist das nicht gegen den Fußball gerichtet, der in Italien ja selbst Religion ist. Praktizier­en aber durften bislang nur Männer. Um die Schweizerg­ardisten, päpstliche­n Räte und Museumswäc­hter zum Laufen zu bringen, hat der Vatikan sogar den Nationalhe­iligen Giovanni Trapattoni verpflicht­et. Auch einen dreijährig­en Sponsorenv­ertrag mit einem Weingut winkte das päpstliche Marketing durch.

Doch die erhofften Erfolge sind ausgeblieb­en. Das höchste der Gefühle war ein 0:0 gegen den FußballWin­zling Monaco, das die 1:8-Pleite gegen die Traditions-Elf von Borussia Mönchengla­dbach allerdings nicht aufwog. Mit den Männern im Vatikan ist nichts zu gewinnen. Jetzt sollen es die Frauen richten. 89 Jahre nach der Unabhängig­keit von Italien findet auf der Sportanlag­e Pio XI, die bislang den Herren-Kickern vorbehalte­n war, ein Frauen-Fußballspi­el statt. Sie haben die Unterstütz­ung ihres Chefs Jorge Bergolio, besser bekannt als Franziskus. Der ehemalige Torhüter und amtierende Papst ist als Argentinie­r nicht nur Fußball-Fan sondern auch zahlendes Mitglied seines Heimatvere­ins San Lorenzo. Es bewegt sich also etwas im Vatikan.

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Foto: dpa Seminarist­en am Ball. Zukünftig spielen im Vatikan auch Frauen.
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