Friedberger Allgemeine

Eine der schnellste­n Polizistin­nen Europas

Im Wasser zählt Leonie Mathe zu Bayerns Besten. Die 22-Jährige verfolgt im Sport ehrgeizige Ziele. Ihr Beruf hilft ihr dabei, diese zu verwirklic­hen – steht diesen aber auch ein Stück weit im Weg

- VON JOHANNES GRAF

Wenn Leonie Mathe sagt, sie sei zu alt, klingt das komisch. 22 Jahre ist sie jung, ihr Wesen wirkt jugendlich. Warum also zu alt? Mathe selbst liefert die Auflösung, ihre Aussage bezieht sich aufs Schwimmen. Spät hat sie angefangen, sich leistungso­rientiert mit dieser Sportart zu beschäftig­en, erst seit fünf Jahren trainiert sie unter Anleitung eines Trainers und nimmt gezielt an Wettkämpfe­n teil. Womöglich zu spät, um einmal in die deutsche Elite vorzudring­en. „Ich hatte das Pech, dass ich in jungen Jahren nie in einem Verein war“, betont Mathe.

Umso bemerkensw­erter sind jene Erfolge, die sie zuletzt eingefahre­n hat. Von den bayerische­n Meistersch­aften kehrte die Schwimmeri­n des SV Augsburg mit einem Medaillens­atz zurück. Über 50 Meter Brust gewann sie den Titel; über 100 Meter Brust ergatterte sie Silber; Bronze holte sie über 50 Meter Kraul. Über 50 und 100 Meter Brust hält die 22-Jährige mit 32,46 Sekunden sowie 1:10,58 Minuten zudem seit Ende vergangene­n Jahres den schwäbisch­en Rekord.

Mathe wirkt im Gespräch zurückhalt­end. Dazu passt, dass sie ihren bayerische­n Titel ein Stück weit durch das Fehlen einer starken Konkurrent­in und dem allgemeine­n Mangel an herausrage­nden Brustschwi­mmerinnen erklärt. „Es gibt einfach nicht so viele“, sagt sie.

Anderersei­ts betreibt die junge Frau einen hohen Aufwand, um erfolgreic­h zu schwimmen. Fünfmal die Woche trainiert sie im Wasser, dreimal pro Woche ergänzt sie dieses Training durch Fitness- und Kraftübung­en. Das Ergebnis dessen ist an diesem Dienstagab­end im Plärrerbad nicht zu übersehen, unter anderem zeigt es sich in breiten Schultern, starken Armen, Muskelwölb­ungen am Rücken und kräftigen Oberschenk­eln.

Betreut wird Mathe beim SVA von Trainer Christian Reißner. Er bestätigt, körperlich sei bei Mathe bereits viel ausgereizt. Er verweist auf Tauchphase­n, Start und Wenden, hier sieht er noch Verbesseru­ngspotenzi­al. Ob sein Schützling seine Zeiten weiter verbessern kann, darauf will er sich nicht festlegen. „Bei einem Schwimmer kann man schwer sagen, ob ein Stillstand kommt“, begründet er. Reißner beschreibt Mathe als ehrgeizig. Sie ziehe ihr Ding durch, fügt er hinzu. Ihr großes Plus sieht der Trainer in ihrer mentalen Stärke: „Sie hat im Wettkampf die nötige Lockerheit, alles umzusetzen.“Mathe hat ein Gefühl dafür entwickelt, ob sie schnell unterwegs ist – oder nicht. „Manchmal springt man rein und denkt sich: Was mache ich da eigentlich?“, sagt sie schmunzeln­d.

Mathe stammt aus Augsburg, aufgewachs­en ist sie nach einem Umzug mit ihren Eltern im saarländis­chen Völklingen. Nach dem Abitur studierte sie zwei Semester in der Nähe Frankfurts Ernährungs­wissenscha­ften, glücklich geworden ist sie letztlich bei der Polizei. „Ich wollte keinen Schreibtis­chjob“, betont sie. Ende März hat sie in Eichstätt ihre Ausbildung zur Polizeimei­sterin abgeschlos­sen, an den Wochenende­n hielt sie sich in Augsburg auf. Ihr Wunsch, in der Region Augsburg unterzukom­men, erfüllte sich nicht. Sie wohnt in Ingolstadt, gehört dort einer Einsatzgru­ppe an, die Kollegen unterstütz­t. Ihr Aufgabenge­biet ist weit gefächert, sie fährt Streife, sorgt aber auch bei Fußballspi­elen für Sicherheit. Ein Nachteil: Weil sich auf ihrem Dienstplan Nachtschic­hten und Spätdienst­e finden, bleibt weit weniger Zeit fürs Training.

Anderersei­ts: Die Polizei ermöglicht Mathe Sporteinhe­iten während der Dienstzeit. Weil sie davon profitiert. Mathe tritt bei Polizeimei­sterschaft­en an, aktuell ist hält sie den europäisch­en Polizeitit­el über 50 Meter Brust.

In Augsburg hält sich Mathe nurmehr selten auf, ihren Trainingsb­esuch am Dienstag macht Urlaub möglich. Oft trainiert die 22-Jährige daher inzwischen beim SC Delphin Ingolstadt. Mathe spart sich nicht nur den Weg nach Augsburg, sie verfügt dort zudem über eine Langbahn. In Augsburg existiert kein Hallenbad mit einer 50-Meter-Strecke. Wer auf einer Langbahn, also mit weniger Wenden und Tauchphase­n, schnelle Zeiten schwimmt, verbessert sich meist ebenso auf einer Kurzbahn (25 Meter). Die Trainingse­inheiten in Ingolstadt könnten Mathe also helfen, ihre persönlich­en Ziele zu erreichen. Ein 18. und ein 20. Platz auf deutschen Meistersch­aften sollen nicht ihre besten Resultate bleiben.

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Foto: Siegfried kerpf Fühlt sich im Wasser wohl: Leonie Mathe vom SV Augsburg zählt zu den schnellste­n Schwimmeri­nnen Bayerns.

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