Gerüstbauer
Über Kolumnisten In Deutschland gibt es etwa 13000 fest angestellte Redakteure bei Tageszeitungen. Ich schätze: ein Prozent davon schreibt regelmäßig Kolumnen. Schätzungsweise um die fünf Prozent von diesem einen Prozent der Kolumnisten schreiben regelmäßig über die Kolumnen anderer Kolumnisten. Was den Vorteil hat, dass Kolumnisten immer etwas zu schreiben haben.
So schreibt Zeit-Kolumnist Peter Dausend über ZEITmagazin-Kolumnist Harald Martenstein und Harald Martenstein über SZ-Magazin-Kolumnist Axel Hacke. Spiegel Online-Kolumnisten schreiben übrigens gerne über Spiegel OnlineKolumnisten – und das nicht immer nett. Ich schreibe hier über Felix Dachsel, der im Ressort „Entdecken“der Zeit die Kolumne „Felix Dachsel entdeckt“hat und darin Ende März „über die zwei wichtigsten Zutaten für eine richtig gute Kolumne“kolumnierte (ein Wort, das es laut Duden leider nicht gibt). Das sind: Liebe und Gefühl. „Ganz besonders gut kann ich schreiben, wenn es draußen schneit und ich den klitzekleinen Flocken vor meinem Fenster beim Herumwirbeln zuschauen kann“, schrieb Dachsel. Da kann ein Medienkolumnist wie ich neidisch werden. Wobei ich mir gerade wirklich keine Schneeflocken wünsche. Zudem: Der Blick aus dem Fenster aufs Industriegebiet ist auch inspirierend. Vom Kolumnisten der Berliner
Zeitung, Maxim Leo, habe ich mich ebenfalls inspirieren lassen – den „Job-Futuromat“(„Könnte ein Roboter meinen Job erledigen?“) im Internet auszuprobieren. Leo schrieb in die Abfragemaske: „Kolumnist“. Dies sei kein Beruf, habe ihm der Futuromat gemeldet und gefragt, ob er nicht eher „Kolonnenführer im Gerüstbau“sei. Als ich es ausprobierte, erhielt ich gar keine Antwort. Ich gab also „Redakteur“ein. Der Futuromat wusste: „Der Arbeitsalltag dieses Berufs besteht im Wesentlichen aus 6 verschiedenen Tätigkeiten, 1 davon … könnten schon heute Roboter übernehmen“– die „Informationsbeschaffung“.
Solange Roboter keine Kolumnen schreiben (können), soll es mir recht sein. Und so werde ich in der nächsten Woche für diese Kolumne weiter als mein eigener Kolonnenführer an Satzgerüsten bauen. Denn das hat Zukunft.