Auge in Auge mit den Brunnengöttern
Augsburgs Wasserversorgung war einzigartig. So einzigartig, dass sie der Stadt nun zum Welterbe-Titel verhelfen könnte. Im Maximilianmuseum bereitet man eine Schau vor, die auch Geheimnisse ums Wasser lüften will
Wenn alles sich nach Sommer anfühlt, zieht es die Augsburger ans Wasser. Spazieren am Lech, Sonnenbaden auf den Kiesbänken der Wertach, Radeln entlang der Kanäle im Siebentischwald... Wasser fasziniert – und nur, weil es in der Region so viele Flüsse gibt, ist Augsburg überhaupt entstanden.
Die Römer gründeten ihren einstigen Militärstützpunkt am Zusammenfluss zwischen Lech und Wertach. „Südlich der Donau gibt es keine bessere Lage“, sagt der Geograf und Stadtplaner Professor Karl Ganser. Eine Lage, die Augsburg über die Jahrhunderte zur Reichsstadt, zu einem der bedeutendsten Handelszentren und schließlich zur Textilstadt machte.
Doch das Wasser war nicht leicht zu haben: Augsburg liegt auf einer Hochterrasse, Lech und Wertach fließen tiefer. Schon früh wurden in der Stadt deshalb ausgeklügelte Systeme entwickelt, um das Wasser ganz nach oben zu bringen; dahin, wo die reichen Bürger lebten. Augsburgs Brunnenmeister galten als wahre Meister. Sie waren ob ihres Wissens europaweit gefragt.
Jahrhunderte vergingen, noch immer durchziehen über 160 Kilometer Bäche und Kanäle das Stadtgebiet. Es ist ein System, das nach wie vor genutzt wird. Diese Beständigkeit könnte sich nun „auszahlen“: Augsburg hat sich mit seiner historischen Wasserwirtschaft bei der Unesco beworben: Die Stadt möchte Welterbe werden. Mehrere Hürden sind bereits genommen, nächstes Jahr wird man wissen, ob Augsburg die Auszeichnung erhält. Experten halten dies für „sehr wahrscheinlich“.
Die meisten Bürger mögen die Atmosphäre der Flüsse und Kanäle, doch nicht alle kennen die Rolle, die das Wasser hier auch aktuell noch spielt. Im Zuge der Welterbe-Bewerbung soll dieses Bewusstsein geschärft werden. Einen Beitrag leisten die Städtischen Kunstsammlungen, die im Maximilianmuseum aktuell eine Sonderschau vorbereiten. Auf dem „Niveau einer Landesausstellung“sollen die Besucher laut Museumsleiter Christoph Emmendörffer eine sinnliche Begegnung mit dem Wasser erleben. Die Stadt lässt sich die Schau mit dem Titel „Wasser Kunst Augsburg – Die Reichsstadt in ihrem Element“über 250000 Euro kosten, der Gesamtetat liegt bei 750000 Euro.
230 Ausstellungsobjekte werden zu sehen sein, die Leihgaben kommen aus 25 internationalen Museen, unter anderem aus Wien und Bologna. Die ganze nächste Woche über Kuriere die Objekte anliefern. Die Besucher werden aber auch ureigene Augsburger Exponate sehen: „Wir hatten dank der Ausstellung die Möglichkeit, einige Modelle und Objekte neu zu erforschen“, sagt Emmendörffer, von dem das Konzept der Schau stammt. Auch der Neptunbrunnen wird den Augsburgern neu vorgestellt.
Am meisten dürften sich viele aber auf ein Wiedersehen mit den Göttern des Augustusbrunnens freuen: Auf dem Rathausplatz sind nur noch Kopien zu sehen. Die Originale werden künftig im Maximilianmuseum ausgestellt. Die Altane im Innenhof wurde dafür neu gestaltet. Wer sich den Bronzen nähert, steht ihnen Auge in Auge gewerden
genüber. Die Welterbe-Bewerbung der Stadt liegt derweil in Paris, wo sie von der Unesco geprüft wird. Im Lauf des Jahres wird eine Gruppe von Unesco-Botschaftern in der Stadt erwartet, um sich die wichtigsten Bauten und Denkmäler anzusehen. Das Welterbe-Komitee wird wohl Mitte 2019 seine Entscheidung treffen.