Friedberger Allgemeine

Mieten und Grundstück­e bald noch teurer?

Mitte April urteilten die Richter in Karlsruhe: Die Berechnung der Grundsteue­r B ist verfassung­swidrig. Bis 2019 muss der Bundestag ein neues Gesetz verabschie­den. Welche Auswirkung­en das auf die Preise im Landkreis haben wird

- VON MAREIKE KÖNIG

Friedberg Einheitswe­rt, Grundsteue­rmesszahl und Hebesatz. Diese Begriffe klingen schon einzeln und für sich komplizier­t. Wenn man sie kombiniert, kommt dabei noch etwas viel Komplizier­teres heraus: die sogenannte Grundsteue­r B. Diese Abgabe zahlen alle, die in Deutschlan­d ein Haus besitzen. Aber auch alle Mieter. Denn per Gesetz ist es Eigentümer­n erlaubt, die Grundsteue­r auf die Miete umzulegen.

Deshalb betrifft das Urteil, das die Verfassung­srichter am 10. April dieses Jahres fällten, auch die meisten Bundesbürg­er. Die Richter in Karlsruhe erklärten die Art und Weise, wie die Behörden momentan die Grundsteue­r B berechnen, für verfassung­swidrig. Problemati­sch sei der Einheitswe­rt. Der soll bei der Grundsteue­rberechnun­g den Wert des Hauses oder des Baulandes widerspieg­eln. Der Hintergeda­nke: Besitzer eines wertvoller­en Hauses, also in besserer Lage oder mit überlegene­r Bausubstan­z, sollen auch mehr Steuern zahlen. Dieser Einheitswe­rt soll eigentlich, laut Gesetz, alle sechs Jahre neu festgelegt werden. Das geschah in der Praxis nie, sodass viele Immobilien und Grundstück­e immer noch den gleichen Einheitswe­rt haben wie bei der ersten Feststellu­ng. Und die war am 1. Januar 1964.

Für Neubauten, modernisie­rte Häuser und neues Bauland hingegen setzten die Ämter stets Einheitswe­rte fest, die sich am aktuellen Marktpreis orientiere­n. Darin sah das Verfassung­sgericht eine „gravierend­e Ungleichbe­handlung“und kippte die Praxis. Für die hochpreisi­gen Regionen im Süden von Deutschlan­d ist das ganz besonders relevant. Auch im Wittelsbac­her Land, wo in den vergangene­n Jahrzehnte­n in manchen Gemeinden die Bodenund Immobilien­werte geradezu explodiert sind.

Ein guter Anhaltspun­kt, um den Marktwert von Häusern abzuschätz­en, ist der Preis für erschlosse­nes baureifes Wohnbaulan­d. Die Werte dafür ermitteln Gemeinden und Landratsäm­ter. Und der Blick auf die Preise im südlichen Landkreis zeigen: Meist haben sich die Werte seit 1964 um das 50-Fache erhöht. In Friedberg und Kissing sind die Preise für Bauland allein in den vergangene­n acht Jahren durchschni­ttlich um 35 Prozent angestiege­n.

vom Bundesverf­assungsger­icht kritisiert­e Ungleichhe­it lässt sich in Friedberg-West mit einem fiktiven Beispiel gut verdeutlic­hen: Familie Huber und Familie Meyer haben in Friedberg–West eine Immobilie. Beide Häuser und Grundstück­e sind gleich groß und identisch gebaut. Das Haus von Familie Huber ist allerdings im Jahr 2000 erbaut worden, das von Familie Meyer 2016. Die Grundsteue­r, die Familie Huber jährlich zahlt, wird auf der Grundlage des Wertes der Immobialle­rdings lie von 2000 berechnet. Der Einheitswe­rt des Hauses von Familie Meyer stammt aus dem Jahr 2016. Die Bodenwerte haben sich in diesem Zeitraum in Friedberg-West von 317 Euro pro Quadratmet­er auf 580 Euro pro Quadratmet­er fast verdoppelt. Familie Meyer zahlt also deutlich mehr Grundsteue­r als Familie Huber.

Der Bundestag hat nun bis Ende 2019 Zeit, ein neues Verfahren zur Berechnung der Grundsteue­r B zu verabschie­den. Momentan konzenDie triert sich die Diskussion auf zwei unterschie­dliche Modelle. Nach dem Kostenwert­modell würde die Berechnung ähnlich bleiben wie bisher, also den Wert der Immobilie sowie des Grundstück­s mit einbeziehe­n. Nur soll diesmal der Einheitswe­rt regelmäßig für alle Häuser ermittelt und angepasst werden. Das Bodenwertm­odell sieht vor, allein die Bodenricht­werte zur Berechnung der Einheitswe­rte heranzuzie­hen. Beide Varianten würden den Schnelltes­t auf Verfassung­skonformit­ät bestehen: Denn Familie Meyer und Familie Huber aus Friedberg-West würden einen identische­n Grundsteue­rbetrag entrichten.

Damit am Ende Familie Huber nicht einfach genauso viel bezahlt wie Familie Meyer und die Stadt Friedberg am Ende die Mehreinnah­men einstreich­t, fordern viele Politiker und Verbände, dass die neue Berechnung­smethode „aufkommens­neutral“sein muss. Die Kommunen sollen an dem neuen Gesetz nichts verdienen. Nach Abschluss der Reform wird Familie Huber also etwas mehr zahlen als zuvor und Familie Meyer dafür etwas weniger.

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Foto: Thomas Goßner Bauland wie hier an der Afrastraße in Friedberg ist wertvoll. Auch eine Neuordnung der Grundsteue­r hat Einfluss auf die Kosten der eigenen vier Wände.
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