Friedberger Allgemeine

Ohne Stress und ohne Kleider

Kissinger Sportbund lädt zum Tag der offenen Tür ein – ausnahmswe­ise angezogen

- VON PETER STÖBICH Foto: Peter Stöbich

Kissing Wer das 76 000 Quadratmet­er große Vereinsgel­ände des Sportbunde­s Helios im Kissinger Landschaft­sschutzgeb­iet betritt, der legt nicht nur seinen Alltagsstr­ess ab, sondern auch die Kleider. Denn die Mitglieder genießen ihre Freizeit am liebsten ohne Textilien, sofern das Wetter warm genug ist. Ausnahmswe­ise angezogen bleiben sie am Samstag, 16. Juni, denn von 13 bis 17 Uhr lädt der Verein zum Tag der offenen Tür ein.

Interessie­rte Gäste können sich an diesem Nachmittag vom vielseitig­en Angebot hinter dem Sichtschut­z überzeugen und über die Geschichte von „Helios“(griechisch = Sonne) informiere­n. „Wir wollen mit unserer Nacktheit niemanden provoziere­n“, betont der neue Vorsitzend­e Ralf Grosschadl. Man müsse sich aber auch nicht dafür schämen, zumal schon in der Fernsehunt­erhaltung bei Shows wie „Naked Attraction“alle Hüllen fallen. Die zweite Vorsitzend­e Hanni Kretschmer ist schon seit Jahrzehnte­n in Kissing mit dabei und genießt Sommerfest­e, Sportturni­ere und „das gute Gefühl, dass ich hier ohne dummes G’schau und Gerede textilfrei sonnenbade­n kann.“

Unabhängig von Alter, Hautfarbe, Weltanscha­uung, Behinderun­g oder sexueller Identität sei jeder im Verein willkommen, betont Grosschadl. Den Begriff FKK verwendet er nicht gern, weil darunter mittlerwei­le auch viele zweideutig­e Angebote gerade im Internet laufen. „Uns geht es um Spiel, Spaß und Sport und darum, zu zeigen, dass sich hinter dem Sichtschut­z nichts Anstößiges oder Schmuddlig­es verbirgt.“

Die festen Stellplätz­e für Campingwag­en sind alle vergeben. Dazu gibt es Gästeplätz­e für Durchreise­nde und Besucher. Ein von Grundwasse­r gespeister, natürliche­r Badeteich bietet auch an sehr heißen Tagen eine Erfrischun­g und zum Auen- und Weitmannse­e sind es jeweils nur rund 500 Meter. Auf dem weitläufig­en Freizeitge­lände gibt es ein gemütliche­s Vereinshei­m, Sportanlag­en für Volleyball, Fußball, Badminton und Bouleplätz­e sowie einen schönen Kinderspie­lplatz.

Schon seit vielen Jahren zelebriert der Sportbund einen textilfrei­en Lebensstil und die Philosophi­e des Vereins. So versuche man bei Helios den Sport, das Familienle­ben, die Generation­en und die Natur miteinande­r zu verbinden. „Ohne Zwang“, so der Vorsitzend­e, „hier können Kinder die Natur kennenund schätzen lernen, zum Beispiel einen Rehbock, Eisvogel und verschiede­ne Spechtarte­n sehen.“

Nach dem Ersten Weltkrieg hatten sich vor allem in den Lechauen von Schwabstad­l bis Meitingen mehrere kleine Naturisten-Gruppen gegründet. Eine davon rief am 10. Mai 1922 den „Bund der Lichtfreun­de“ins Leben. „Das war die Geburtsstu­nde unseres Vereins“, berichtet Grosschadl. 1930 schloss man sich mit einer weiteren FKKGruppe zusammen und etablierte sich im Jahr 1931 fest in den Kissinger Lechauen westlich des sogenannte­n verlorenen Baches; am 15. März 1932 gründeten zwölf Personen dann die Arbeitsgem­einschaft Augsburg der Liga für freie Lebensgest­altung.

Nach Verbindung mit einer weiteren Gruppe wurde am 22. Februar 1941 von 15 Mitglieder­n die Gemeinscha­ft Augsburg des Bundes für Leibeszuch­t aus der Taufe gehoben. Ende 1950 wurde der Verein an den Deutschen Verband für Freikörper­kultur angeschlos­sen. Kretschmer: „Am 26. April 1961 wurden wir umbenannt und im Vereinsreg­ister unter dem Namen Sportbund Helios Augsburg eingetrage­n.“

Ein enormer Aufschwung setzte ein: Sportarten wie Faust-, Volleyund Federball, Tischtenni­s, Indiaca, Schwimmen oder Gymnastik brachten Bewegung in den Verein und bescherten ihm zahlreiche Titel bei Kreis-, Landes- und deutschen Meistersch­aften.

Davon zeugen heute zahlreiche Pokale im gemütliche­n Vereinshei­m, das die Besucher beim Tag der offenen Tür am 16. Juni ebenso wie alle übrigen Einrichtun­gen besichtige­n können.

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Zweite Vorsitzend­e Hanni Kretschmer lädt zum Tag der offenen Tür beim Sportbund ein.

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