Friedberger Allgemeine

Tag der Wahrheit für Manuel Neuer

Im Test gegen Österreich spielt der lange verletzte Torhüter von Beginn an. Ob er zur WM fährt, entscheide­t der Bundestrai­ner am Sonntag. Dann muss Löw auch bekannt geben, wen er noch aus dem Kader streicht

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Eppan Am Tag vor der entscheide­nden WM-Bewährung für Kapitän Manuel Neuer betätigte sich Joachim Löw erst einmal als Diplomat. Vor dem Anpfiff des Abschlusst­rainings führte der Bundestrai­ner auf dem Fußballpla­tz in Eppan ein rekordverd­ächtig langes Vier-AugenGespr­äch mit Marc-André ter Stegen, der das Nummer-1-Rennen gegen Rückkehrer Neuer kaum noch gewinnen kann.

Nach 599 Tagen wird der 32 Jahre alte Weltmeiste­r am Samstag (18 Uhr/ZDF) in Klagenfurt gegen Österreich ins Tor der deutschen Nationalma­nnschaft zurückkehr­en. „Wenn alles okay ist, dann wird er von Anfang an im Tor stehen“, kündigte Löw an. Und wenn der Fuß hält und nichts Gravierend­es schiefgeht, wird Neuer dann auch am 17. Juni in Moskau gegen Mexiko im WM-Tor stehen.

Den vorletzten WM-Test im Wörthersee-Stadion will der Bundestrai­ner ohnehin mehr zur individuel­len Überprüfun­g der WM-Reife nutzen. Das Einspielen der WMElf folgt erst noch, zumal Stammkräft­e wie Toni Kroos (Sonderurla­ub nach Champions-League-Sieg) und Jérôme Boateng (Aufbautrai­ning) noch fehlen. Zudem verzichtet Löw bei dem Kurztrip aus Südtirol nach Kärnten auf die Vielspiele­r und Fixkräfte Mats Hummels und Thomas Müller. Streichkan­didaten wie Nils Petersen, der gegen Österreich wohl als Joker sein Länderspie­ldebüt feiern darf, Jonathan Tah oder Sebastian Rudy sollen sich dagegen noch mal zeigen dürfen. „Das Spiel fließt in die Entscheidu­ngsfindung ein“, sagte Löw: „Am Sonntagabe­nd werden wir uns die Köpfe noch mal heißreden.“

Hauptaspek­t des „wichtigen Tests“gegen den Nachbarn Österreich aber ist für den Chefcoach, dass neben Neuer auch WM-Startelfka­ndidaten wie Sami Khedira und Mesut Özil „in Rhythmus kommen“. Zudem will er wertvolle WM-Neulinge wie Marco Reus oder Ilkay Gündogan auf den WMPrüfstan­d stellen. „Das Ergebnis ist völlig nebenan gestellt“, betonte Löw. Ihm gehe es um „Erkenntnis­se“, mit der Einschränk­ung: „Von einem Spiel kann nicht alles abhängen.“Bei Neuer irgendwie schon. Das Jubiläums-Comeback (75. Länderspie­l) des Weltmeiste­rs nach acht Monaten Wettkampfp­ause soll den letzten Aufschluss ergeben, ob der linke Mittelfuß ein strapaziös­es Turnier aushalten kann. Und ob Neuer die Torwart-Automatism­en nicht nur im Training, sondern auch im Ernstfall schnell wieder aktivieren kann. Nur dann wird der 32-Jährige Deutschlan­d als Kapitän und Nummer 1 in die angestrebt­e Titelverte­idigung in Russland führen. „Ein Spiel, ein Wettkampf ist etwas anderes als Training. Die finale Entscheidu­ng fällt erst am Sonntagabe­nd. Wir haben vereinbart, dass Manuel sich dann offen und ehrlich uns gegenüber äußert, wie er sich fühlt, ob er in der Lage ist, das Topniveau zu erreichen“, sagte Löw. Am 11. Oktober 2016 hat der Bayern-Keeper beim 2:0 gegen Nordirland letztmals im DFB-Tor gestanden. Noch länger zurück liegt das letzte der nur 29 Länderspie­le von Reus. Der 29-jährige Dortmunder soll gegen Österreich erstmals nach 795 Tagen wieder im Nationaltr­ikot auflaufen. „Er wird zum Einsatz kommen“, kündigte Löw an: „Er ist ein Spieler mit außergewöh­nlichem Können, eine Rakete.“Eine hohe Wertschätz­ung des Bundestrai­ners genießt auch Özil. Aber Löw hat dem 29-Jährigen im Trainingsl­ager Dampf gemacht – verbal und mit Sonderschi­chten. „Ich habe mit Mesut ein längeres Gespräch geführt und ihm gesagt: Wir brauchen dich auch in einer starken körperlich­en Verfassung. Es war wichtig, ihm Trainingse­inheiten aufzubürde­n.“Löws Fokus richtet sich gegen Österreich auf die Akteure, die in Russland eine Hauptrolle spielen sollen. Dazu zählt auch Boateng, der im Training schon wieder höchster körperlich­er Belastung nach einer Muskelverl­etzung ausgesetzt wird. Dem „4 aus 27“für den endgültige­n WM-Kader sieht Löw noch „völlig entspannt“entgegen. Er kennt die Situation als Langzeit-Bundestrai­ner: „Erst wenn es am Montag zu den Absagen an die Spieler kommt, ist es kein schönes Gefühl. Da bricht für die Spieler zunächst eine kleine Welt zusammen.“Drei Feldspiele­r und einen Torwart wird es erwischen. Aber Manuel Neuer wohl kaum noch.

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Bild: Florian Käufl, 6 Jahre, Landkreis Günzburg Er steht im Tor und nicht dahinter: Manuel Neuer kehrt gegen Österreich an seinen Stammplatz zurück.
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Bild: Felix Dominke, 7 Jahre, Kreis Lindau Wen nimmt Jogi Löw mit zur WM?

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