Einsturzgefahr: Bewohner müssen ausziehen
Ein hunderte Jahre altes Haus in der Friedberger Stadtmitte droht zusammenzubrechen. Das weckt Erinnerungen an einen spektakulären Fall vor 16 Jahren
Friedberg Wegen Einsturzgefahr eines Hauses hat die Stadt Friedberg das Gebäude evakuiert, die vorbeiführende Bauernbräustraße in der Stadtmitte wurde halbseitig gesperrt. Die Bewohner, eine vierköpfige Familie, mussten Knall auf Fall ausziehen. Ein Statiker hatte dem Gebäude attestiert, dass es akut einsturzgefährdet sei. Kurz zuvor war das Nachbarhaus, das dem Augsburger Bauunternehmer Bernhard Spielberger (Seniorenwohnanlage „Albaretto“) gehört, abergerissen worden. Ob die Arbeiten Ursache der jetzigen Gefahrensituation sind, oder aber der marode Zustand des jahrhundertealten Hauses, oder beides zusammen, kann im Moment niemand sagen. Die Situation führte jedenfalls dazu, dass sich diese Woche in Friedberg dramatische Szenen abspielten.
Das Haus hatte jahrzehntelang das Lokal Weinnest beherbergt. Dieses wurde vergangenes Jahr geschlossen. Nun lebt im oberen Stockwerk noch die Familie der Tochter der Eigentümerin mit ihren Kindern. Die Besitzerin, Christl Fischer, informierte am späten Mittwochnachmittag die Stadt Friedberg über das Ergebnis der statischen Be- gehung. Die Außenwand in Richtung des Nachbargrundstücks, der Dachstuhl sowie Zwischendecken gelten demnach als einsturzgefährdet. Und das, obwohl bereits Stützmaßnahmen zur Absicherung des Gebäudes außen und innen vorgenommen worden waren.
Die Stadt als Bauaufsicht habe auf diese Nachricht hin sofort handeln müssen, wie Lillian Sedlmair, Leiterin der Bauordnungabteilung, erläutert. Mitarbeiter des Bauhofes sperrten vorsichtshalber die ganze Straße. Seit Freitag, als eine Architektin der technischen Bauaufsicht die Situation in Augenschein nahm, ist die Sperrung auf die Hälfte der Fahrbahn reduziert. Die Bauernbräustraße, die oben rechts vom Friedberger Berg abzweigt, ist nun Einbahnstraße Richtung Süden.
Die Bewohner wurden bis auf Weiteres in eine Pension umquartiert. Die Maßnahmen werden nach Angaben von Ordnungsamtsleiter Stefan Kreitmeyr andauern, bis es neue Erkenntnisse gibt.
Spielberger, der den Abriss des Nachbarhauses durchführte, betont, korrekt vorgegangen zu sein. Es habe ein statisches Gutachten und Sicherungsmaßnahmen gegeben. Als Problem gilt, dass die beiden Häuser eine gemeinsame Mauer hatten. Künftiger Inhaber des Gebäudes ist der Friedberger Immobilienhändler Georg Holzbrecher. Ihm wirft Spielberger vor, er habe das Gutachten in Auftrag gegeben, um den Kaufpreis zu drücken und eine bessere Handhabe zu haben, den denkmalgeschützten Bau abzureißen. Holzbrecher widerspricht: „Ich habe das Haus gekauft, um es zu sanieren.“
Friedbergs Zweiter Bürgermeister Richard Scharold erinnert das Geschehen an einen dramatischen Vorfall 2002. Damals stürzte ein bis kurz zuvor ebenfalls als Wohnhaus genutztes Türmchen der Stadtmauer ein, nachdem die Stadt ein benachbartes Haus abgerissen hatte. Jahrelang stritten Gutachter über die Schuldfrage. Erst 2014 stand der Nachfolgebau. Keine Einzelfälle: Nach Angaben Sedlmairs musste erst unlängst in der Parallelstraße der Bauernbräustraße, der Jungbräustraße, an einem Gebäude Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden. Der Grund sei ebenfalls Einsturzgefahr gewesen.