Friedberger Allgemeine

Im Paradies fängt alles an

Der Regisseur Malte Kreutzfeld­t inszeniert in Augsburg Shakespear­es große Beziehungs­komödie „Viel Lärm um nichts“. Mit den Proben ist er zufrieden

- VON RICHARD MAYR

Tiefenents­pannt? Kann ein Regisseur kurz vor einer Premiere einen solchen Zustand tatsächlic­h erreichen? Wahrschein­lich nicht. Aber Malte Kreutzfeld­t hat an diesem Feiertags-Donnerstag alle Zeit der Welt. Die zweite Hauptprobe lief sehr gut, er hat das Gefühl, dass seine Inszenieru­ng von „Viel Lärm um nichts“läuft. „Sonst würde ich ganz anders hier sitzen“, sagt er.

Wer Kreutzfeld­t sieht, denkt sich, es mit einem Nachwuchsr­egisseur zu tun zu haben, so jung und jugendlich schaut er aus. Tatsächlic­h kann er im nächsten Jahr seinen 50. Geburtstag feiern. Das Reiseleben, die ständige Wanderscha­ft, auf der Kreutzfeld­t sich seit 25 Jahren befindet, haben rein äußerlich keine Spuren hinterlass­en. Und dann erzählt er, dass sich in ihm das Bewusstsei­n der Endlichkei­t allen Lebens immer stärker einstelle.

Deutlich werde ihm das bei dieser Shakespear­e-Inszenieru­ng. Vor zehn Jahren brachte er diese Beziehungs­komödie bereits schon einmal auf die Bühne. Als Kreutzfeld­t in Augsburg zusagte, dachte er, dass er auf die Vorarbeite­n bauen könne. „Aber mein Blick auf das Leben hat sich geändert“, sagt er. Und damit einhergehe­nd auch der Blick auf das Stück. Für Augsburg entstand nun eine andere Fassung, in der Kreutzfeld­t zum Beispiel der Idee der „Fake News“folgte, den Gerüchten, mit denen die Paare in dem Stück erst einmal auseinande­r getrieben werden.

In Augsburg trifft Kreutzfeld­t zum Teil auf Schauspiel­er, mit denen er schon öfter zusammenge­arbeitet hat – etwa Karoline Stegemann, Gerald Fiedler und Patrick Rupar. Solche Wiederbege­gnungen seien wichtig, auch, weil die Theaterkun­st ansonsten so flüchtig sei, die Produktion­en mit der letzten Vorstellun­g verschwind­en, sich die Ensembles ständig wandeln. Dem Flüchtigen setzt Kreutzfeld­t seine Art zu proben entgegen. „Wenn ich das zweite Mal mit den gleichen Schauspiel­ern zusammenar­beite, fangen wir nicht bei null an“, sagt er. Von den Proben soll etwas bleiben.

So exakt Kreutzfeld­t beschreibe­n kann, was im idealen Probenproz­ess geschieht, auf welcher Ebene dort gearbeitet werden muss – nicht öffentlich, aber auch nicht privat –, so genau durchleuch­tet er Shakespear­es Stück: Ein Beginn, wie er besser nicht sein könnte – der Hochzeitst­ermin von Claudio und Hero steht, die rasante Talfahrt im Anschluss aufgrund der Intrige von Don John, völlig zerrüttete Verhältnis­se plötzlich und wieder die Wendung zum Guten. Und dann handelt es sich um eine Komödie – „aber keine Boulevard-Komödie“, betont Kreutzfeld­t, sondern eine mit tragischem Kern.

In einem Paradies samt Apfelbaum lässt Kreutzfeld­t seine Augsburger Inszenieru­ng beginnen, für die er übrigens auch das Bühnenbild gleich miterstell­t hat sowie die Musik und das Sounddesig­n. Denn beinahe wäre Kreutzfeld­t Musiker geworden – und nicht Regisseur. Mit der Titelmusik von „Mission Impossible“wird der Abend beginnen, so viel verrät Kreutzfeld­t schon. Solche Zitate der Populärkul­tur finden sich auch an anderen Stellen im Stück wieder.

Kreutzfeld­t schaut auf seine Uhr. „Oh.“Die nächste Probe steht an. Mit drei Handgriffe­n hat der Regisseur sein Klapprad startklar gemacht. Jeder Handgriff sitzt, beigebrach­t in 25 Berufsjahr­en immer auf der Reise quer durch Deutschlan­d.

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Bild: Diana Rödig, 10, Landkreis Augsburg Es geht um Paare in William Shakespear­es „Viel Lärm um nichts“.

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