Schluss mit dem Schwarzer-Peter-Spiel
Die Stadt hat bei der umstrittenen Baumfällung am Herrenbach ein schlechtes Bild abgegeben. Schuld ist nicht nur die Verwaltung. Die Bürger sind zu Recht skeptisch, was die Vorgehensweise betrifft
ungutes Gefühl: Würde tatsächlich etwas passieren, müsste sich die Stadt die Frage gefallen lassen, warum sie nicht gehandelt hat. Sie wäre bei Schäden sogar regresspflichtig, weil sie die Risiken kannte, aber nicht beseitigte. An dieser Stelle kann jeder selbst nachdenken, wie er entschieden hätte, wäre er verantwortlich.
Eines ist aber auch ohne wasserbautechnische Kenntnisse klar: Beim Bürger hat die Stadt durch ihre Vorgehensweise ein desaströses Bild abgegeben – und das nicht erst seit letzter Woche. Dass die Bäume am Herrenbach eine Gefahr sein könnten, ist seit den ersten Fällungen vor elf (!) Jahren bekannt. Man kann der Verwaltung nicht vorwerfen, dass sie seitdem nichts getan hat. Doch alle Diskussionen, alle Versuche, die Bäume vielleicht doch zu retten, liefen am Bürger vorbei. Im Gegenteil: Die Anwohner des Herrenbachs wurden bis Ende letzter Woche im Glauben gehalten, die Bäume würden erst im Herbst gefällt. Kommunikation auf Augenhöhe sieht anders aus!
Bei einigen drängt sich nun der Eindruck auf, dass die Stadt die Aktion bereits früher geplant haben könnte. Absperrungen, Baufahrzeuge, Baumkletterer zusammenzubringen, das alles koste mehr Zeit als zwei Tage. Angesichts der schlechten Kommunikation kann man den Bürgern diese Skepsis kaum verübeln.
Was hinter den Kulissen im Rathaus wirklich lief, ist schwer zu sagen. Fakt ist, dass bis vor etwa drei Jahren noch das Tiefbauamt – und damit Baureferent Gerd Merkle (CSU) – für den Kanal verantwortlich war. 2015 wurde die Zuständigkeit ins Amt für Grünordnung – also ins Referat von Reiner Erben (Grüne) – verlagert. So war auch Erben es, der am Dienstag den wütenden Anwohnern des Herrenbachs gegenübertreten musste. Dass er sich in dieser Rolle nicht wohlfühlte, war ihm anzusehen. Eine Enttäuschung dürfte gewesen sein, dass einen Tag später seine eigene Partei via Pressemitteilung ein Gutachten für jeden Baum forderte. Die Grünen stellten damit die Sinnhaftigkeit der Maßnahme offiziell in Frage – und ließen ihren Referenten im Regen stehen.
Man wird das Gefühl nicht los, dass die Stadtverwaltung die unliebsame Entscheidung so lange wie möglich hinauszögerte. Vielleicht in der Hoffnung, einige Bäume retten zu können. Vielleicht auch, weil keiner den Schwarzen Peter an sich nehmen wollte. Am Ende tat es Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU). Weil er selbst am Dienstag im Urlaub war, übernahm Richard Goerlich die Koordination des Einsatzes. Eine eher ungewöhnliche Aufgabe für einen OB-Referenten.
Was nun geplant ist, erinnert an die Debatte um die Sanierung des Theaters: Die Bürger sollen
in den Entscheidungsprozess eingebunden werden. Manche zweifeln, dass der Beschluss der Verwaltung dadurch noch geändert werden kann. Aus dem Rathaus ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass vielleicht doch nicht alle Bäume abgesägt werden.
Wie dem auch sei: Noch bevor im Herbst weitergesägt wird, will die Stadt mit den Anwohnern sprechen. Es soll diskutiert werden, wie die Anlage in Zukunft aussehen könnte. Auch wenn dieser Vorstoß spät kommt, ist es der richtige Weg. Und es wäre gut, wenn sich alle Fraktionen konstruktiv beteiligen würden. Denn vom Schwarzer-PeterSpiel haben die Menschen genug.