Grüne sind sich weiter nicht grün
Die Baumfällungen entzweien Fraktion und Basis
Wenn es um die Rolle der Grünen in der politischen Landschaft geht, spielt die Ökologie eine zentrale Rolle. Da wird genau hingeschaut, wenn es Eingriffe in die Natur geht. Jüngstes Beispiel sind die umstrittenen Baumfällungen am Herrenbach. Es tobt ein heftiger Streit.
Erneut treten tiefe Risse zwischen Fraktion und Basis zutage, die durch den Vorstand der Partei vertreten wird. Zum einen sind es die sieben Stadträte der Fraktion, zum anderen ist es die Partei. Zwischen allen Stühlen sitzt Umweltreferent Reiner Erben, der die Grünen in der Stadtregierung vertritt. Seit Mai 2014 sind die Grünen Teil des im Rathaus regierenden Dreierbündnisses. Die Baumfällungen offenbaren nicht zum ersten Mal, wie unterschiedlich parteiintern die Position der Grünen gesehen wird.
Dies war im Fall der gescheiterten Fusion der Energiesparte der Stadtwerke Augsburg mit Erdgas Schwaben der Fall. Jetzt sind es die Bäume: Offen zutage getreten sind die unterschiedlichen Auffassungen, als Mitte Mai im Stadtrat bekannt gegeben wurde, dass 96 Bäume am Herrenbach nicht zu retten sind. Unmittelbar danach äußerte sich die Stadtratsfraktion in einer Erklärung, die mit den Worten „Grüne bedauern notwendige Baumfällungen am Herrenbach“überschrieben war. Zu diesem Zeitpunkt sagten die Grünen, dass die Fällungen „letztlich unabwendbar sind“. Am gleichen Tag äußerte sich auch Vorsitzender Peter Rauscher. Seine Anschauung wich deutlich ab. „Anhaltende Baumfällungen in Augsburg sind eine Farce“, überschrieb Rauscher seine Erklärung. Er zeigte null Verständnis für die Fällungen.
Diametraler hätten die Positionen nicht sein können. Zwei Wochen später gibt es eine interessante Entwicklung, die den Zickzackkurs verdeutlicht. Rauscher hat seine damalige Position still und heimlich zurückgezogen. Auf der Internetseite der Grünen ist sie nicht mehr zu finden. Und die Fraktion rückt von ihrer ersten Positionierung ab. Jetzt heißt es: Grüne wollen die Veröffentlichung der Fällgenehmigung und ein unabhängiges Gutachten für die noch stehenden Bäume.
In Diedorf spricht man bis heute von einem schwarzen Freitag: Es war ein Sommertag im Jahr 2002, als sintflutartige Regenfälle im Ortsteil Lettenbach die bislang größte Hochwasserkatastrophe im Kreis Augsburg auslösten. Zwei Männer starben beim Versuch, ihre Autos aus einer Tiefgarage zu retten. Eine 81-Jährige ertrank in ihrem Keller; sie hatte noch versucht, ihre Habseligkeiten zu retten.
Kein Lokalpolitiker will in seiner Kommune ein solches Horrorszenario erleben. Trotzdem hat es die Stadt Augsburg zuletzt zumindest gedanklich immer wieder durchgespielt. Die Schrecken des Pfingsthochwassers 1999 in den Knochen und die Warnungen des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth im Ohr, wurde diskutiert: Was könnte passieren, bräche der Damm am Herrenbach? Die Angst, dass bei einem Hochwasser auch hier Menschen sterben könnten, führte schließlich zu einer Entscheidung, die viele Bürger nicht verstehen – und die sie auch nicht akzeptieren wollen: Fast 100 gesunde Bäume entlang des Kanals sollen bis Herbst nächsten Jahres gefällt werden.
Es ist schwierig, als Laie darüber zu urteilen, ob diese radikale Maßnahme wirklich nötig ist. Die Bäume stehen seit Jahrzehnten. Warum sollten sie bei Sturm gerade jetzt umfallen? Dennoch bleibt ein