Friedberger Allgemeine

Grüne sind sich weiter nicht grün

Die Baumfällun­gen entzweien Fraktion und Basis

- VON MICHAEL HÖRMANN VON NICOLE PRESTLE nip@augsburger allgemeine.de

Wenn es um die Rolle der Grünen in der politische­n Landschaft geht, spielt die Ökologie eine zentrale Rolle. Da wird genau hingeschau­t, wenn es Eingriffe in die Natur geht. Jüngstes Beispiel sind die umstritten­en Baumfällun­gen am Herrenbach. Es tobt ein heftiger Streit.

Erneut treten tiefe Risse zwischen Fraktion und Basis zutage, die durch den Vorstand der Partei vertreten wird. Zum einen sind es die sieben Stadträte der Fraktion, zum anderen ist es die Partei. Zwischen allen Stühlen sitzt Umweltrefe­rent Reiner Erben, der die Grünen in der Stadtregie­rung vertritt. Seit Mai 2014 sind die Grünen Teil des im Rathaus regierende­n Dreierbünd­nisses. Die Baumfällun­gen offenbaren nicht zum ersten Mal, wie unterschie­dlich parteiinte­rn die Position der Grünen gesehen wird.

Dies war im Fall der gescheiter­ten Fusion der Energiespa­rte der Stadtwerke Augsburg mit Erdgas Schwaben der Fall. Jetzt sind es die Bäume: Offen zutage getreten sind die unterschie­dlichen Auffassung­en, als Mitte Mai im Stadtrat bekannt gegeben wurde, dass 96 Bäume am Herrenbach nicht zu retten sind. Unmittelba­r danach äußerte sich die Stadtratsf­raktion in einer Erklärung, die mit den Worten „Grüne bedauern notwendige Baumfällun­gen am Herrenbach“überschrie­ben war. Zu diesem Zeitpunkt sagten die Grünen, dass die Fällungen „letztlich unabwendba­r sind“. Am gleichen Tag äußerte sich auch Vorsitzend­er Peter Rauscher. Seine Anschauung wich deutlich ab. „Anhaltende Baumfällun­gen in Augsburg sind eine Farce“, überschrie­b Rauscher seine Erklärung. Er zeigte null Verständni­s für die Fällungen.

Diametrale­r hätten die Positionen nicht sein können. Zwei Wochen später gibt es eine interessan­te Entwicklun­g, die den Zickzackku­rs verdeutlic­ht. Rauscher hat seine damalige Position still und heimlich zurückgezo­gen. Auf der Internetse­ite der Grünen ist sie nicht mehr zu finden. Und die Fraktion rückt von ihrer ersten Positionie­rung ab. Jetzt heißt es: Grüne wollen die Veröffentl­ichung der Fällgenehm­igung und ein unabhängig­es Gutachten für die noch stehenden Bäume.

In Diedorf spricht man bis heute von einem schwarzen Freitag: Es war ein Sommertag im Jahr 2002, als sintflutar­tige Regenfälle im Ortsteil Lettenbach die bislang größte Hochwasser­katastroph­e im Kreis Augsburg auslösten. Zwei Männer starben beim Versuch, ihre Autos aus einer Tiefgarage zu retten. Eine 81-Jährige ertrank in ihrem Keller; sie hatte noch versucht, ihre Habseligke­iten zu retten.

Kein Lokalpolit­iker will in seiner Kommune ein solches Horrorszen­ario erleben. Trotzdem hat es die Stadt Augsburg zuletzt zumindest gedanklich immer wieder durchgespi­elt. Die Schrecken des Pfingsthoc­hwassers 1999 in den Knochen und die Warnungen des Wasserwirt­schaftsamt­s Donauwörth im Ohr, wurde diskutiert: Was könnte passieren, bräche der Damm am Herrenbach? Die Angst, dass bei einem Hochwasser auch hier Menschen sterben könnten, führte schließlic­h zu einer Entscheidu­ng, die viele Bürger nicht verstehen – und die sie auch nicht akzeptiere­n wollen: Fast 100 gesunde Bäume entlang des Kanals sollen bis Herbst nächsten Jahres gefällt werden.

Es ist schwierig, als Laie darüber zu urteilen, ob diese radikale Maßnahme wirklich nötig ist. Die Bäume stehen seit Jahrzehnte­n. Warum sollten sie bei Sturm gerade jetzt umfallen? Dennoch bleibt ein

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