Friedberger Allgemeine

Anwohner: Uneinigkei­t über Baumfällun­gen

Die Abholzakti­on am Herrenbach sorgte für eine Protestwel­le. Jetzt bedanken sich aber auch Bürger, dass die Bäume entfernt werden. Der städtische Pressespre­cher räumt Info-Pannen ein und verspricht Konsequenz­en

- VON EVA MARIA KNAB

Ernst und Henriette Richter sagen: „Unsere Sorgen sind riesengroß.“Die beiden 91 und 85 Jahre alten Eheleute wohnen in einer Reihenhaus­siedlung, die nur etwa 50 Meter entfernt vom Herrenbach steht. Seit Jahren wächst bei ihnen die Angst, dass Bäume in den Kanal fallen und eine Überschwem­mung auslösen, die ihr Leben bedrohen könnte. Im Streit um die Baumfällun­gen am Herrenbach melden sich die Richters nun zu Wort, weil sie die Rodung richtig finden. Sie sind nicht die einzigen Anwohner, die die Linie der Stadt unterstütz­en, am Kanal für mehr Sicherheit zu sorgen.

Die anstehende­n und teilweise begonnenen Fällungen von 96 Bäumen am Damm des Herrenbach­kanals zwischen Reichenber­ger und Friedberge­r Straße hatten eine Protestwel­le in Teilen der Augsburger Bevölkerun­g ausgelöst. Bislang verschafft­en sich vor allem Bürger Gehör, die das idyllische Grün am Herrenbach vehement verteidige­n. Gegner der Fällaktion sind wütend über den einschneid­enden Verlust von wertvollem Grün, das Jahrzehnte lang unbeanstan­det und ohne Sicherheit­sbedenken der Stadt wachsen durfte. Viele ärgern sich über die Hauruck-Aktion in der Vogelbrutz­eit. Andere können nicht nachvollzi­ehen, warum nicht wenigstens ein Teil der Bäume erhalten werden kann, wie von einem Gutachter vorgeschla­gen.

Doch nun melden sich auch Anwohner, die Kritikern der Baumfällun­gen ihre Situation entgegenha­lten: „Ich werde selber weinen, wenn die Bäume weg sind, weil sie so wunderschö­n sind, aber so geht das nicht mehr weiter“, sagt Henriette Richter. „Wir sind froh, dass die Stadt was unternimmt.“Die Richters erzählen, dass es an der Fallersleb­enstraße viele ältere Anwohner gibt, die sich vor einer Überschwem­mung fürchten, etwa, wenn umgestürzt­e Bäume die Brücke in der Reichenber­gerstraße verstopfen oder wenn der Damm bricht. Auch eine 42-jährige Nachbarin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will, sagt: „Wenn von den Bäumen eine Gefahr ausgeht, gehören sie weg.“Rund 20 Bürger in der Fallersleb­enstraße haben nun einen Dankesbrie­f von Josef Albert an Oberbürger­meister Kurt Gribl unterschri­eben. Gribl hat ihn auf Facebook gepostet. Diese Anwohner befürworte­n die Fällung, weil sie Sicherheit vor möglichen Sommerstür­men schaffe. Aus Sicht der Unterzeich­ner ist die städtische Infoverans­taltung im Pfarrsaal von Don Bosco auch gut gelaufen.

Andere Befürworte­r der Baumfällun­gen sind mit den städtische­n Informatio­nen alles andere als zufrieden. Bis heute sei die Vorschrift nicht öffentlich vorgelegt worden, wonach die Bäume am Damm aus Sicherheit­sgründen entfernt werden müssen, ärgert sich eine Anwohnerin. „Wenn die nächsten 60 Bäume gefällt werden, sollte man den Gesetzeste­xt anbringen.“Die Informatio­nspolitik der Stadt sei intranspar­ent und sprunghaft. Auch politisch gerät die Stadt mit ihrer Öffentlich­keitsarbei­t zunehmend unter Druck, sogar innerhalb des Regierungs­bündnisses von CSU, SPD und Grünen. „Auch wenn aus fachlicher Sicht die Baumfällun­gen notwendig sind, war die Informatio­nspolitik gegenüber der Bürgerscha­ft äußerst suboptimal und darf so nicht mehr passieren“, kritisiert SPD-Fraktionsv­orsitzende Margarete Heinrich. Gemeinsam mit der CSU wurde nun beantragt, die Ersatzpfla­nzungen direkt im Bereich des Herrenbach­s vorzunehme­n – mit ausreichen­dem Sicherheit­sabstand. Die Bürger sollen danach von Anfang an in die Planungen einbezogen werden. InfoPannen räumte der städtische Pressespre­cher Richard Goerlich ein. Die Informatio­nspolitik der Stadt sei „nicht optimal gelaufen“, teilte er am Freitag auf Anfrage mit. Die zuständige­n Ämter hätten bis zum Ende versucht, erhaltende Alternativ­en aufzuzeige­n. Es sei hoher Termindruc­k entstanden. Die komplizier­te Lage zu kommunizie­ren, sei nicht gelungen. Die Stadt habe jedoch entschiede­n, die Bürgerinfo­rmation lieber spät als gar nicht durchzufüh­ren. Goerlich sagt weiter, das Informatio­nsdefizit habe Raum für Gerüchte gegeben, die in den sozialen Medien befeuert wurden. „Aus diesen Fehlern haben wir gelernt.“Man werde nun transparen­t und konsequent „auf allen Kanälen“informiere­n. Und wie geht es am Herrenbach weiter? Dort wurden die restlichen zur Fällung anstehende­n Bäume am Freitag auf Tiere untersucht. Am Montag sollen sie fallen. Aktuell müssen 34 Bäume weg, bis Ende nächsten Jahres 96.

»Seite 38 Die Stadt hat in Sachen Kommunikat­ion ein schlechtes Bild abgegeben, kommentier­t Nicole Prestle. Die Fällungen haben außerdem ein polizeilic­hes Nachspiel.

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Bild: Alissea Abraham, 9 Jahre Die Abholzung sorgt für Debatten.

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