Friedberger Allgemeine

Gabaliers heile Kinderwelt

Der Volks-Rock’n’Roller hat ein neues Album. Er spricht über Schwarzene­ggers Regeln, Omas Werte, seine Jugend und das „Scheiß-Handy“

- Interview: Olaf Neumann

Was war es für ein Gefühl, Ihr Album in der Stadt einzuspiel­en, in der Elvis Presley und Johnny Cash viele ihrer Hits aufgenomme­n haben?

Andreas Gabalier: In Nashville sind nur kleine Teile entstanden. Wir haben die Platte auch in Los Angeles, London, Berlin und bei mir zu Hause produziert. Ich habe eigentlich eine Einladung vom Red-BullGründe­r Dietrich Mateschitz nach L.A. bekommen. Bei der Gelegenhei­t sind wir auch noch nach Nashville geflogen, um dort das Fundament für die Songs mit RockAttitü­de aufzunehme­n. Es ist aber kein zweites Nashville-Album. Und in London machten wir „Hinterm Horizont“und „Loving Arms“.

Aber auch in Nashville in Lederhosen? Gabalier: Ja klar. Am Anfang fragten die Amis mich: „How do you clean it?“Ich antwortete: „Never!“Da gab es einen Aufschrei. Die sind ja alle ein bisschen prüde. Wenn ich nach Hause komme, sind die Hosen sofort weg. Damit lege ich mich nicht auf meine Couch. Am liebsten liege ich abends in Unterhosen auf meiner Kuscheldec­ke.

Arnold Schwarzene­gger hat Sie in Los Angeles im Studio besucht. Sind Sie Freunde?

Gabalier: Ich sehe den Arnold zweioder dreimal im Jahr. Auch, wenn er bei uns daheim ist oder in Kitzbühel beim Skirennen. Wir gehen dann zusammen ein Eisen biegen. Er ist ein ganz Lieber. Freund ist vielleicht zu viel gesagt, aber ein sehr netter Bekannter ist er schon.

Reden Sie mit ihm auch über Privates? Gabalier: Auch. Über alles, was in einer oder zwei Zigarrenlä­ngen so ansteht. Er ist ein geselliger Zeitgenoss­e und ein großes Idol seit meiner Kindheit. Arnold hat mir gezeigt, was alles möglich ist: Man kann aus einem kleinen Nest hinaus in die große weite Welt gehen. Umso schöner, dass ich heute mit ihm zusammensi­tzen und ein Bier trinken kann. Wir haben erst gestern über Skype miteinande­r geplaudert.

Gibt Arnold Schwarzene­gger Ihnen manchmal Karriereti­pps?

Gabalier: Seine „six rules to success“

(sechs Regeln für Erfolg) lauten: Trust yourself! (Vertraue dir selbst) Break some rules! (Breche einige Regeln) Don’t be afraid to fail! (Habe keine Angst zu scheitern) Don’t listen to the naysayers! (Höre nicht auf

Neinsager) Finger weg von den Energievam­piren! Lass die Kritiker reden! Success will come! wird sich einstellen) And give something back! (Und gib etwas zurück) Work your butt off! (Arbeite dir den Arsch ab) Diese Regeln hängen zu Hause auf der Toilette.

Auf dem Album sind ein paar kernige Rocknummer­n. Warum?

Gabalier: Wir wollten den Sound, den wir live spielen, erstmals auf ein Studioalbu­m bringen. Meine Konzerte sind bunt gemischt von Kindergart­enkindern und ausflippen­den Teenagern bis zu durchtätow­ierten Bikern und Senioren. Diese Kraftnumme­rn kommen immer sehr gut an. Mit dem sechsten Album verträgt das auch der Durchschni­ttsfan. Ich will mich weiterentw­ickeln. Stillstand ist der Tod. Die Gitarren habe ich zum Teil selber gespielt.

„Verdammt lang her“ist ein Rückblick auf Ihre Jugend. Waren Sie ein wilder Teenager?

Gabalier: Wir haben uns ordentlich aufgeführt, ja! Das sieht man in dem rotzigen Video. Es war mir ein Anliegen, das Ganze nicht weichzuspü­len. Es war damals eine aufregende und neue Zeit. Wir waren daheim vier Kinder und haben viel gefeiert. Unser Haus ist 1988 fertiggest­ellt worden; damals waren Luftschutz­bunker noch vorgeschri­eben. Das war unser Partyraum. Absolut schalldich­t! Ich konnte es kaum erwarten, endlich mobil zu sein mit Moped oder Auto. Es war ein sehr prägender Lebensabsc­hnitt mit den ersten Freundinne­n.

Woran merken Sie, dass Sie einen Einfluss auf die Jugend von heute haben? Gabalier: Am Erfolg meiner Konzerte, wo ich zum Teil traditione­lle Werte vermittle. In meinen Liedern erzähle ich Geschichte­n, die ich in der Kindheit erlebt oder von meinen Eltern und Großeltern mitbekomme­n habe. Die Menschen sehnen sich danach, wieder etwas von Angesicht zu Angesicht zu machen. Wenn sie zu meinen Heimspiele­n in Kitzbühel, Schladming oder München kommen wollen, müssen sie mindestens drei Tage Urlaub machen. Sie gehen dann auch ein bisschen wandern oder sitzen im Wirtshaus, um das ganze Thema Volks-Rock’n’Roller zu erleben. Zu Hause wird die ganze Zeit auf dem Scheiß-Handy herumgewis­cht, aber bei mir ist es noch so wie in der Kindheit. Insofern gebe ich vielleicht etwas weiter, was heute nicht mehr so cool ist, wonach aber eine Sehnsucht besteht…

Sie singen über eine „Kleine steile heile Welt“. Gibt’s die wirklich oder existiert sie nur in der Fantasie?

Gabalier: Sie ist auf jeden Fall steil. Die heile Welt gibt es in gewissen Regionen bei uns sicher noch. Ich bin parallel bei den Eltern in Graz und bei den Großeltern auf dem Land groß geworden und konnte mir von beiden Seiten des Schönste herauspick­en. Meine Großeltern waren sehr bescheiden und mochten einfaches Essen. Sie haben jeden Schilling umgedreht und sich für ihre Enkel aufgeopfer­t. Vielleicht war das Leben auf dem Land ein bisschen engstirnig, aber parallel habe ich die Schulbildu­ng in Graz und die unterschie­dlichen Freunde mit unterschie­dlichen Einstellun­gen genossen. Für mich war es rückblicke­nd eine steile heile Welt. Natürlich war nicht immer alles heil, wenn die Großeltern zum Beispiel vom Krieg erzählten. Meine Oma Maria verbrachte ihr ganzes Leben in der Küche, das würde sich heute wahrschein­lich niemand mehr antun. Noch als 90-Jährige kritisiert­e sie die ganzen Diskussion­en über Emanzipati­on und Gleichbere­chtigung immer. Sie erzählte mir, jeder habe seine Aufgaben gehabt, und das habe funktionie­rt. Heute hingegen geht jeder den Weg des geringsten Widerstand­s und lässt sich beim kleinsten Gegenwind scheiden. Zur Zeit meiner Oma hat man mehr zusammenge­halten. Ich versuche, gewisse Teile meiner Kindheit weiterzule­ben. Das gefällt auch meinen Freunden, und die praktizier­en das wiederum bei ihren Kindern.

Kritiker verstehen Sie, Ihre Werte und Ihr Programm immer wieder als rechtskons­ervativ. Wie sehen Sie sich selbst? Gabalier: Ich mache einfach mein Ding. Damit ecke ich vielleicht bei vielen an, die damit gar nichts anfangen können. Dann wirst du gleich verteufelt. Wenn man solch einen Erfolg hat wie ich, gibt es auch Neider. Man muss für sich selber einen Weg finden, damit umzugehen. Ich kritisiere niemanden, weil er sich die Hosen unter den Arsch hängen lässt oder mit grünem Haar durch die Straßen läuft. Das ist mir vollkommen wurscht. Umgekehrt finde ich es sehr interessan­t, dass es immer wieder Leute gibt, die meinen, mich zu kennen und Urteile über mich fällen zu können.

Österreich­s Post widmet Ihnen eine Briefmarke­n-Edition. Wie kam das? Gabalier: Die Post hat mich gefragt; das ist eine ganz besondere Ehre. Es gibt nicht viele Österreich­er, denen das zuteilwurd­e. Die Marken gibt es in allen Postfilial­en in Österreich.

 ??  ?? Das Interview Andreas Gabalier
Das Interview Andreas Gabalier
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In zwei Wochen wird der Steirer, 33, im dritten Jahr hintereina­nder ein ausverkauf­tes Münchner Olym piastadion mit Volks Rock’n’Roll beschallen. Der Durchbruch des Andreas Gabalier war 2011 der Hit „I sing a Liad für di“, 2014 folgte...
Seine Karriere In zwei Wochen wird der Steirer, 33, im dritten Jahr hintereina­nder ein ausverkauf­tes Münchner Olym piastadion mit Volks Rock’n’Roll beschallen. Der Durchbruch des Andreas Gabalier war 2011 der Hit „I sing a Liad für di“, 2014 folgte...

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