Friedberger Allgemeine

Bei Hessing rumort es

Im Orthopädie-Krankenhau­s in Göggingen läuft seit eineinhalb Jahren ein Restruktur­ierungs-Programm, nachdem in der Vergangenh­eit rote Zahlen geschriebe­n wurden. Das sorgt für Unruhe beim Personal

- VON STEFAN KROG

In der Hessing-Klinik in Göggingen sorgt der Umstruktur­ierungskur­s, den das Krankenhau­s seit eineinhalb Jahren eingeschla­gen hat, bei Teilen des Personals für Unruhe. Mehrere Mitarbeite­r berichtete­n unserer Zeitung, dass Druck und Arbeitsver­dichtung zuletzt zugenommen hätten, wenn auch je nach Abteilung in unterschie­dlicher Intensität.

Bei der Behandlung von Patienten spielten wirtschaft­liche Gesichtspu­nkte eine immer größere Rolle, klagt ein Arzt. Unter anderem sei die obligatori­sche Anwesenhei­t von Physiother­apeuten bei der täglichen Visite gestrichen worden. Das Krankenhau­s bestätigt, dass dies im Rahmen einer Neuorganis­ation zunächst so umgesetzt wurde, später aber wieder rückgängig gemacht wurde. Inzwischen gebe es regelmäßig­e Fallbespre­chungen und mindestens zweimal die Woche die Teilnahme eines Physiother­apeuten an der Visite. Die Klinik-Direktion verweist darauf, dass der Kostendruc­k im Gesundheit­swesen grundsätzl­ich steige. Nach wie vor stehe aber das Wohl der Patienten im Mittelpunk­t, so Klinik-Sprecherin Sabrina Kieback.

Dass sich bei Hessing Dinge verändern würden, war eigentlich klar, als Direktor Markus Funk im Jahr 2016 kam. Funk war vorher Chef von kommunalen Krankenhäu­sern und von Häusern des Helios-Konzerns. Hessing begann in den Jahren vor Funks Antritt damit, jährliche Defizite im einstellig­en Millionenb­ereich zu erwirtscha­ften, die langfristi­g das Stiftungsv­ermögen angegriffe­n hätten. Die Stadt Augsburg, die die hinter Hessing stehende Stif- verwaltet, holte Funk mit dem Auftrag, das Haus wirtschaft­lich neu aufzustell­en.

Funk selbst stand auf Anfrage für ein Gespräch nicht zur Verfügung. In einer umfangreic­hen schriftlic­hen Erklärung heißt es, dass sich die wirtschaft­liche Lage des Hauses stabilisie­rt habe. Es bleibe der Klinik angesichts des steigenden Kostendruc­ks im Gesundheit­swesen und der sich ändernden Rahmenbedi­ngungen gar nichts anderes übrig, als Veränderun­gsprozesse einzuleite­n. Dies geschehe aber in Absprache und unter Mitwirkung des Personals. Es gehe nicht darum, Ideen am „grünen Tisch“zu entwerfen und sie dann durchzuset­zen, heißt es in der Stellungna­hme. Für Patienten ergäben sich kürzere Wartezeite­n und bessere Abläufe.

Wie die Veränderun­gen aussehen und welche Auswirkung­en sie ha- darüber gibt es freilich unterschie­dliche Sichtweise­n. Seit Funk da sei, werde etwa genauer auf die Liegedauer von Patienten geschaut, so ein weiterer Mediziner. „Die sollen schneller wieder raus.“Auch bei anderen Punkten sei spürbar, dass es einen Kulturwand­el im Haus gegeben habe.

Hessing erklärt, dass sich die Liegezeit von Patienten in den vergangene­n Jahren von 6,11 Tagen im Jahr 2014 auf 5,82 im Jahr 2017 verringert habe. Dies habe aber keine finanziell­en Gründe. Deutschlan­dweit sei die Liegedauer durch schonender­e Operations­methoden und den Ansatz, Patienten frühzeitig zu mobilisier­en, nach unten gegangen. Dies treffe auch auf Hessing zu.

In der Chefarztri­ege des Hauses gab es zuletzt allerdings ziemliche Umwälzunge­n. Im Bereich Anästhesie/Intensivme­dizin wird demtung nächst ein neuer Chefarzt vorgestell­t, nachdem die beiden bisherigen Chefs laut Hessing weniger Zeit mit Administra­tion und mehr Zeit mit der Behandlung verbringen wollen. Vor dem Arbeitsger­icht anhängig ist eine Klage des früheren Chefarzts für Fuß- und Sprunggele­nkschirurg­ie, Dr. Hazibullah Waizy. Waizys Bereich wird aufgrund einer Neustruktu­rierung inzwischen von einem anderen Chefarzt geführt, auch wenn Waizy weiterhin medizinisc­h verantwort­lich ist.

Im Vorfeld der Änderungsk­ündigung durch Hessing habe es zwischen Funk und Waizy „erhebliche Differenze­n, betreffend die organisato­rische und strukturel­le Gestaltung der Abteilung“gegeben, so Waizys Anwalt Norbert Müller.

Bereits vor einem knappen Jahr hatte die Chefärztin für Geriatrisc­he Rehabilita­tion nach nur vier Monaben, ten das Haus wieder verlassen. Gegangen ist auch der Leiter der Orthopädie­werkstatt, der mehr als 20 Jahre bei Hessing war. Sein Weggang wurde auch bei vielen Mitarbeite­rn mit Überraschu­ng registrier­t. Er wollte sich unserer Zeitung gegenüber nicht äußern. Hessing erklärt, dass man den Weggang bedauere. Der Mitarbeite­r habe sich mit Anfang 40 noch einmal beruflich verändern wollen und den Gang in die Selbststän­digkeit angekündig­t. Auch hier ist ein Nachfolger gefunden.

Insgesamt, betont Hessing, liege die Fluktuatio­n bei den Mitarbeite­rn seit Jahren zwischen 5,5 und 5,8 Prozent pro Jahr. Dies sei im Gesundheit­swesen ein sehr guter Wert. Die Zahl der Mitarbeite­r bei den Einrichtun­gen der Stiftung liegt laut Hessing seit Jahren stabil bei knapp 1100.

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Archivfoto: Anne Wall Die Hessing Klinik in Göggingen soll weniger Defizit machen. Über die Auswirkung­en gehen die Ansichten auseinande­r.
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Markus Funk

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