Warum Alexa kein Alex ist
Sprachassistenten in Handys und Computern antworten mit weiblicher Stimme. Dafür gibt es gute Gründe
Friedberg Der Mensch spricht mit seinem Handy. Längst nicht mehr, um zu telefonieren, dafür um von Siri, Alexa oder Cortana zu erfahren, wie das Wetter heute wird, wo es Stau gibt und um sie zu bitten, die persönliche Lieblingsmusik abzuspielen. Manchmal erzählt sie dir auch einen Witz, verrät ihre Lieblingsfarbe und ist selbst bei einem Heiratsantrag nicht sprachlos (Siri: „Lass uns Freunde bleiben“).
Dabei antworten alle drei Sprachassistenten ihrem Besitzer mit weiblicher Stimme – was kein Zufall ist. Zahlreiche Studien zeigen, dass sowohl Männer als auch Frauen feminine Stimmen als angenehmer empfinden als männliche, denn sie klingen wärmer und freundlicher und darum schenkt man ihnen schneller Vertrauen. Ganz neu ist diese Erkenntnis nicht. Die Stanford University in den USA hatte schon 1997 gefragt, ob Maschinen geschlechtsneutral sind – und musste das verneinen. Bereits die ersten Navigationssysteme im
Auto lotsten die Fahrer in der Regel mit einer weiblichen Stimme durch den Verkehr und darum hört heute so ziemlich jeder den Satz „Wenn möglich, bitte wenden“in seinem Kopf als den Singsang einer blechernen Frauenstimme. Dass der Benutzer lernt, der künstlichen Intelligenz in seinem Smartphone, dem Smart-TV und den smarten Lautsprechern zu vertrauen, ist für Google und Co. essenziell. Noch assoziieren viele Menschen Begriffe wie künstliche Intelligenz mit Geschichten, die eine gruselige Zukunft beschreiben, wie „1984“oder „Matrix“: Durch die netten Frauenstimmen von Siri und ihren Freundinnen sollen beim Kunden die Hemmungen vor der allwissenden Maschine allmählich nachlassen, die nur dazu da ist, ihre Besitzer auszuspionieren und Daten an die Konzerne weiterzuleiten. Siri ist nicht der große Bruder, der einen beobachtet, sondern die kleine, harmlose Schwester. Was soll die einem schon antun wollen?
Aber es gibt da noch einen anderen Grund, warum sich die Entwickler von Sprachassistenten immer wieder für die Stimme einer Frau entscheiden – und der ist weniger innovativ, als sich die Technikunternehmen gerne verkaufen. Wenn wir an Assistenten denken, sehen wir vor unserem geistigen Auge gemeinhin das Bild der typischen Sekretärin in Bluse und Stiftrock. Sie ist es, die nicht nur im Büro, sondern nach der Vorstellung der Tech-Konzerne auch sonst überall unsere Termine organisieren soll, uns vor schlechtem Wetter zu warnen hat und uns die wichtigsten Nachrichten meldet.
Dadurch erfüllt die weibliche Stimme die Erwartungen der Kunden, die mit dem immer freundlichen, hilfsbereiten Klang einer Vorzimmerdame rechnen – was Männer und Frauen tun. Das kann man durchaus skeptisch sehen, denn die Gefahr besteht, dass sich auf diese Weise altmodische Rollenbilder in uns unterbewusst manifestieren.
Wer im vergangenen Jahr den Kinofilm „Ex Machina“angesehen hat, weiß es aber besser: Auch in weiblicher Form ist die künstliche Intelligenz durchaus mit einiger Vorsicht zu genießen.