Friedberger Allgemeine

Fall Susanna: Verdächtig­er im Irak gefasst

Bundesregi­erung verlangt Auslieferu­ng

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Wiesbaden Der Tatverdäch­tige im Fall der getöteten 14-jährigen Susanna ist im Irak festgenomm­en worden und muss mit seiner Auslieferu­ng nach Deutschlan­d rechnen. Der irakische Flüchtling Ali B. steht im Verdacht, das Mädchen vergewalti­gt und umgebracht zu haben. Er reiste nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft vermutlich am vergangene­n Samstag überhastet mit seiner achtköpfig­en Familie aus Deutschlan­d aus. Nicht übereinsti­mmende Namen auf Boardkarte und Ausweispap­ieren fielen am Flughafen in Düsseldorf nicht auf.

Laut Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) spürten kurdische Sicherheit­sbehörden Ali B. in der Nacht zum Freitag im Nordirak auf. „Das mit der Auslieferu­ng läuft jetzt nach den internatio­nalen Regeln“, sagte Seehofer. Mithilfe von Polizei und Auswärtige­m Amt würden alle nötigen Anträge gestellt.

Wie es im Fall der getöteten Susanna weitergeht, und welche Fragen sich noch stellen, lesen Sie auf der

Wiesbaden Ali B. ist gefasst. Seine Flucht in den Irak half dem Hauptverdä­chtigen im Mordfall Susanna nichts. Wann der Iraker von deutschen Behörden vernommen werden kann, ist noch unklar. Wir beantworte­n die wichtigste­n Fragen:

Wann wird Ali B. nach Deutschlan­d überstellt?

Es gibt kein Auslieferu­ngsabkomme­n zwischen Deutschlan­d und dem Irak. Hinzu kommt, dass die Festnahme im kurdischen Autonomieg­ebiet stattfand, das eigene Polizei, Staatsanwa­ltschaft und Gerichte hat. Bisher haben sich die irakischen Behörden nicht zu dem Fall geäußert. Der Antrag auf eine Auslieferu­ng sei auf den Weg gebracht, sagte eine Sprecherin der Wiesbadene­r Staatsanwa­ltschaft. Letztlich entscheide das Auswärtige Amt, ob der Irak um die Auslieferu­ng des Tatverdäch­tigen gebeten werde.

Ein zweiter Tatverdäch­tiger wurde wieder freigelass­en. Besteht kein Verdacht mehr gegen ihn?

Der 35-jährige Türke ist nicht mehr dringend tatverdäch­tig. Doch es gibt weiter den Anfangsver­dacht, dass er etwas mit dem Verbrechen zu tun haben könnte. Er ist auf freiem Fuß und könnte theoretisc­h ausreisen.

Durfte Ali B. einfach so ausreisen? Nach Angaben der Polizei wurde der 20-Jährige erst nach seiner Flucht zur Fahndung ausgeschri­eben – weil sich ein 13-jähriger Zeuge gemeldet hatte. Ein Haftbefehl hätte die rechtliche Handhabe gegeben, ihn an der Ausreise zu hindern.

Warum konnte die irakische Familie ausreisen, obwohl die Namen auf den Flugticket­s nicht mit denen auf den Ausweisen übereinsti­mmten? Bei der Ausreise aus dem SchengenRa­um – die Familie flog zunächst in die Türkei – überprüft die Bundespoli­zei die Ausweise der Reisenden. Die waren ohne Beanstandu­ng. Es gab aber keinen Abgleich mit den Bordkarten. Ein solcher Vergleich kann nach Angaben des Bundesverb­ands der Luftverkeh­rswirtscha­ft am Check-in vorgenomme­n werden, wenn es für das Zielland entspreche­nde Vorgaben gibt. Im Fall der Türkei gibt es sie nicht. Wie kam die Familie an die diplomatis­chen Passiersch­eine?

Noch ist unklar, wann, von wem und auf welcher Grundlage diese Laissez-passer-Papiere auf Arabisch ausgestell­t wurden. Sie können beantragt werden, wenn zum Beispiel der Reisepass verschwund­en oder nicht mehr gültig ist.

Wieso wurde Ali B. nicht abgeschobe­n, obwohl sein Asylantrag um den Jahresbegi­nn 2017 abgelehnt wurde und er polizeibek­annt war?

Nach dem Negativbes­cheid legte ein Anwalt für Ali B. Rechtsmitt­el gegen die Abschiebun­g ein. Seitdem ist ein Verfahren vor dem Verwaltung­sgericht Wiesbaden anhängig und die Abschiebun­g gestoppt.

War Susanna ein Zufallsopf­er? Susanna kannte den Bruder von Ali B. und hätte sich den Ermittlern zufolge auch eine Beziehung mit ihm vorstellen können. Deshalb hielt sich die 14-Jährige öfter in der Flüchtling­sunterkunf­t in Wiesbaden auf und kannte den mutmaßlich­en Täter. Das Mädchen war jüdischen Glaubens. Es gebe aber keine Hinweise, dass die Religion bei der Tat eine Rolle gespielt habe, hieß es von der Staatsanwa­ltschaft.

Warum hat die Polizei erst Tage nach dem Verschwind­en des Mädchens eine intensive Suche eingeleite­t? Wenn Jugendlich­e verschwind­en, versucht die Polizei, auch die privaten Hintergrün­de der Teenager in die Ermittlung­en einfließen zu lassen. Die 14-Jährige hatte etwa mehrfach die Schule geschwänzt. Bereits mehr als eine Woche vor dem Fund der Leiche schrieb aber eine Bekannte Susannas eine Mitteilung an ihre Mutter, wonach ihre Tochter tot an einem Bahngleis liege. Die Beamten befragten sie zunächst nicht, weil sie im Urlaub war.

Was kann die Auswertung der DNASpuren noch bringen?

Die Behörden erhoffen sich davon weitere Klarheit über Susannas Tod und Beweise für einen möglichen Täter. Doch durch die lange Liegedauer der Leiche ist es nach Angaben der Staatsanwa­ltschaft unklar, ob DNA-Spuren noch aussagekrä­ftig sind.

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Foto: Roessler, dpa Zwei Tage, nachdem Susannas Leiche entdeckt wurde, liegen Blumen neben einem Foto der 14 Jährigen aus Mainz. Der Fundort ist ganz in der Nähe.

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