Friedberger Allgemeine

Bespielen

- VON MICHAEL SCHREINER mls@augsburger allgemeine.de

Was machen Künstler mit Museen? Sie bespielen sie. Wo es Ausstellun­gen gibt, wird bespielt. Es ist ein klassische­r Topos des Feuilleton­s. „Ai Weiwei bespielt mehrere Museen in Lausanne“. Anne Imhof bespielte 2017 mit „Faust“den deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig. Aber auch Museen bespielen Museen. Zum Beispiel das Pariser Centre Pompidou. Es „bespielt“seinen Ableger in Brüssel. Die Kultur ist ein einziger Platz zum Bespieltwe­rden. So wird ganz Neuruppin 2019 „von Fontanes Wort(er)findungen bespielt“. Kein Ort, der unbespielb­ar wäre. Es soll sogar welche geben, die auf mehreren Etagen auf spielerisc­he Art bespielt werden. Bühnen sowieso, die werden sogar nach Spielplan bespielt.

Unbespielb­arkeit gibt es hingegen im Fußball. Das bezieht sich auf den Platz, den Rasen, der entweder bespielbar ist oder unbespielb­ar. Dass auch Mannschaft­en bespielt werden, ist eine neue Erkenntnis. Wir verdanken sie dem Nationalsp­ieler Toni Kroos, der in einem Interview mit dieser Zeitung gesagt hat, jeder Gegner unserer Elf müsse das Gefühl bekommen: „Deutschlan­d ist schwer zu bespielen.“Konsequent­erweise hätte er sagen müssen: Deutschlan­d ist unbespielb­ar (was nach ungenießba­r, wenn nicht gar unbesiegba­r klänge). Das Verspielte in der Nationalma­nnschaft in Gestalt von Leroy Sané hat Bundestrai­ner Jogi Löw ja schon ausrangier­t. Es wird in jedem Fall interessan­te Duelle bei der WM in Russland geben. Es spielt nicht Mexiko gegen Deutschlan­d im ersten Gruppenspi­el – sondern Mexiko wird Deutschlan­d zu bespielen haben, den Spielverde­rber, den zu bekämpfen kein Kinderspie­l wird. Vielleicht bespielt ja auch der Spanier Sergio Ramos seine Gegner wieder schwer.

Dies allerdings sollte man wissen: Was bespielt ist, verliert an Wert. Sammler von altem Spielzeug kennen das. Der höchste Wert wird dem zugemessen, was unbespielt ist. Alles Weitere am 15. Juli. Da ist das WM-Endspiel. Bespielt wird ganz sicher der Rasen im Luschniki-Stadion in Moskau. Und vielleicht auch Deutschlan­d?

Newspapers in German

Newspapers from Germany