Friedberger Allgemeine

Wie alt ist der Angeklagte?

Prozess vor dem Amtsgerich­t nach brutalem Streit

- VON MICHAEL SIEGEL

Es war ein holpriger Auftakt im Verfahren gegen zwei Männer aus Äthiopien, die sich vor dem Augsburger Amtsgerich­t wegen schwerer Körperverl­etzung verantwort­en müssen. Weil es Unstimmigk­eiten über das Alter eines der Männer gibt, wurde das Verfahren ausgesetzt. Zunächst soll nun ein Gutachter den Geburtster­min des Angeklagte­n ermitteln, der laut Polizeiund Gerichtsun­terlagen eigentlich 23 Jahre alt sein soll. Nach eigenen Angaben ist er aber erst 17.

Dabei war sein Alter schon das zweite Problem für den Angeklagte­n. Hatte er sich im Vorfeld mit den Behörden und seinem Anwalt noch auf Arabisch verständig­en können, so gab er nun dem für diese Sprache vor Gericht erschienen­en Dolmetsche­r an, er brauche einen Übersetzer für seine Mutterspra­che Tigrinya, um den Verfahren folgen zu können. Zwar war eine Dolmetsche­rin anwesend, die diese Sprache beherrscht, sie war aber geladen, um

In Äthiopien gibt es rund 80 Sprachen und Dialekte

für den zweiten, 22-jährigen Angeklagte­n (auf Amharisch) zu übersetzen. Im 100-Millionen-EinwohnerL­and Äthiopien werden rund 80 Sprachen und Dialekte gesprochen.

Gravierend­er für Gericht, Staatsanwa­ltschaft und Verteidigu­ng war die Frage nach dem tatsächlic­hen Alter des ursprüngli­ch 23-jährigen Angeklagte­n. Der hatte bei der Personalie­nfeststell­ung einen ihm unbekannte­n Tag im April 2001 als seinen Geburtszei­tpunkt angegeben. Damit überrascht­e er das Gericht ebenso wie seinen Verteidige­r. Richter Dominik Wagner legte den Beschluss fest, das Alter des Angeklagte­n gutachterl­ich klären zu lassen. Möglicherw­eise steht dem Angeklagte­n künftig ein Verfahren vor dem Jugendgeri­cht bevor.

Laut eines Gerichtssp­rechers soll der 22-jährige Angeklagte im Januar in Augsburg zunächst einem Begleiter des möglicherw­eise 23-jährigen Landsmanne­s im Streit zwei Zähne ausgeschla­gen haben. Aus Rache soll der wiederum einen Begleiter des 22-Jährigen mit einem Messer in den Rücken gestochen und erheblich verletzt haben. Was tatsächlic­h vorgefalle­n ist, soll nun Ende Juli festgestel­lt werden. Bis dahin ging es für die beiden Angeklagte­n zurück in Untersuchu­ngshaft.

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