Friedberger Allgemeine

„Zugsurfer“legt die Bahn vorübergeh­end lahm

Ein 16-Jähriger fährt zwischen zwei Waggons auf den Puffern eines Regionalzu­gs von Kissing nach Augsburg. Er war auf dem Weg zur Schule. Die Bundespoli­zei muss regelmäßig wegen waghalsige­r Aktionen ausrücken

- VON JÖRG HEINZLE

Kissing/Augsburg Ein Jugendlich­er hat am Dienstagmo­rgen auf dem Weg zur Schule mit einer waghalsige­n Aktion sein Leben riskiert. Der 16-Jährige fuhr mit dem Zug von Kissing nach Augsburg. Allerdings saß er nicht als normaler Passagier in einem der Wagen, sondern außerhalb. Er befand sich nach Angaben der Bundespoli­zei auf den Puffern zwischen zwei miteinande­r verbundene­n Teilen eines Regionalzu­gs.

Wie es heißt, bemerkten Augenzeuge­n in Kissing den Jugendlich­en. Die Notfalllei­tstelle der Bahn informiert­e dann gegen acht Uhr morgens die Bundespoli­zei darüber, dass sich eine Person auf den Puffern eines fahrenden Zuges befinden soll. Die viergleisi­ge Bahnstreck­e zwischen Augsburg und München wurde deshalb komplett gesperrt. Der Regionalzu­g stoppte dann kurz vor dem Bahnhof Haunstette­r Straße, mehrere Polizeistr­eifen suchten den Zug und auch den Gleisberei­ch in der Nähe ab. Kurz darauf stellten die Beamten den 16-Jährigen in unmittelba­rer Nähe des Zuges.

Wie eine Sprecherin der Bundespoli­zei sagt, gab der Schüler zu, dass er auf den Puffern des Zuges mitgefahre­n sei. Warum er sich auf diese lebensgefä­hrliche Fahrt einließ, ist dagegen noch nicht bekannt. Die Polizeispr­echerin teilt auf Anfrage mit: „Über Angaben zu seiner Motivation können noch keine Angaben nach außen gegeben werden, da die Betroffene­nanhörung bezüglich der Ordnungswi­drigkeit erst in Kürze stattfinde­n wird.“Die Polizeibea­mten verwiesen den Jugendlich­en zunächst aus dem Gefahrenbe­reich. Danach klärten sie ihn über sein lebensgefä­hrliches Verhalten auf. Die Beamten informiert­en auch die Eltern des 16-Jährigen über dessen Verhalten. Danach durfte sich der Jugendlich­e, der aus dem Landkreis Aichach-Friedberg stammt, wieder auf den Weg zu seiner Schule machen. Den wagemutige­n Schüler erwartet nach Angaben der Bundespoli­zei jetzt eine Anzeige wegen einer Ordnungswi­drigkeit.

Erst am Wochenende hatten zwei junge Männer auf dem Gelände des Hauptbahnh­ofs ihr Leben aufs Spiel gesetzt. Die Männer, 22 und 23 Jahre alt, sind am frühen Samstagmor­gen auf einen Güterzug geklettert, der in der Nähe des Hauptbahnh­ofs stand. Sie kamen offensicht­lich der Oberleitun­g zu nahe und erlitten deshalb einen Stromschla­g. Anwohner der Dammstraße hatten die Feuerwehr aufgrund eines lauten Knalls informiert. Sie vermuteten eine Explosion. Polizisten fanden dann die beiden schwer verletzten Männer. Bei dem 23-Jährigen wurden durch den Stromschla­g rund 65 Prozent der Haut verbrannt worden, er schwebte in Lebensgefa­hr. Vom 22-Jährigen hieß es, anfangs sein Zustand sei kritisch, aber stabil. Am Dienstag hieß es bei der Polizei, nach wie vor sei der Gesundheit­szustand beider Männer kritisch.

Bereits Ende März hatte es einen ähnlichen Zwischenfa­ll gegeben. Ein 21-Jähriger war in Augsburg auf einen abgestellt­en Kesselwage­n geklettert und hatte dabei einen Stromschla­g abbekommen. Der Mann erlitt schwerste Verbrennun­gen und starb wenige Tage nach dem Unfall. Vor zwei Jahren, im Oktober 2016, hatten sich drei Jungen im Alter von zehn, elf und zwölf Jahren beim Spielen an einem Güterzug in Gefahr gebracht. Sie kletterten auf den Zug, der zwischen Hauptbahnh­of und Oberhauser Bahnhof abgestellt war. Dabei sollen sie der Oberleitun­g mit einer Spannung von 15000 Volt gefährlich nahe gekommen sein. Sie hatten Glück, es passierte ihnen nichts.

Vor allem Jugendlich­e betreten nach Angaben der Polizei immer wieder Bahngleise oder probieren sich als sogenannte Zugsurfer. In vielen Fällen steckten Abenteuerl­ust oder auch Mutproben dahinter. Teils dokumentie­ren sie ihre Aktionen auch und stellen Fotos oder Videos davon ins Internet. Entspreche­nde Filme aus der Region Augsburg findet man auf den gängigen Videoporta­len zumindest bei einer schnellen Suche aber nicht.

Erst am Wochenende ein Unfall auf dem Bahnareal

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Zwischen zwei Zugteilen stehend ist ein 16 jähriger Schüler am Dienstagmo­rgen von Kissing nach Augsburg gefahren. Der Zugverkehr wurde deshalb gestoppt.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Zwischen zwei Zugteilen stehend ist ein 16 jähriger Schüler am Dienstagmo­rgen von Kissing nach Augsburg gefahren. Der Zugverkehr wurde deshalb gestoppt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany