Friedberger Allgemeine

Senioren müssen mehr für Heimplatz zahlen

Im Karl-Sommer-Stift in Friedberg werden zum 1. Juli die Eigenantei­le um zehn Prozent steigen. Seit Monaten ringen Bewohner und Angehörige mit der Betreiberi­n Diakonie nach einer verträglic­hen Lösung

- VON MAREIKE KÖNIG

Friedberg Kurz vor Weihnachte­n kam für Hubert Schäfer der große Schock. An jenem Tag erhielt der Friedberge­r über seinen Vater, der Bewohner des Karl-Sommer-Stifts in Friedberg ist, ein Schreiben der Diakonie. Der Wohlfahrts­verband betreibt das Pflegeheim in der Aichacher Straße. In dem Brief kündigte der kaufmännis­che Vorstand der Diakonie, Markus Bottlang, eine Erhöhung der Pflegesätz­e zum 1. Februar an. Es ging um über 500 Euro monatlich. Das Schreiben datiert auf den 15. Dezember, ausgehändi­gt worden an die Bewohner sei es laut Schäfer jedoch kurz vor den Feiertagen.

In einem solchen Umfang wie angekündig­t kommt die Erhöhung nun doch nicht. Ab 1. Juli wird Schäfer für die Pflege seines Vaters knapp 210 Euro mehr im Monat an die Diakonie überweisen müssen. Claudia Eder, Mitglied des Heimbeirat­es, wird für die Unterbring­ung ihrer Mutter rund 250 Euro mehr pro Monat bezahlen. Der Unterschie­d kommt durch verschiede­ne Zimmerkate­gorien zustande.

Seitdem im Dezember vergangene­n Jahres die erste Informatio­n über die anstehende Erhöhung ins Haus flatterte, erlebten Schäfer, Eder und die anderen Angehörige­n und Bewohner ein Hin und Her. Die angekündig­te Preiserhöh­ung zum

1. Februar blieb zunächst aus. Auch von über 500 Euro Mehrkosten war bald keine Rede mehr. Im März erhielt Schäfer ein weiteres Schreiben der Diakonie, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass die Erhöhung nun deutlich geringer ausfalle als ursprüngli­ch angekündig­t und auch erst zum

1. April wirksam werde.

Der Grund: In der Freien Wohlfahrts­pflege, zu der auch die Diakonie gehört, werden Preissteig­erungen zwischen Kostenträg­ern und Pflegeeinr­ichtung gemeinsam beschlosse­n. Kostenträg­er sind die Sozialkass­en und der Bezirk Schwaben, der einspringt, wenn Bewohner und Angehörige den Eigenantei­l nicht stemmen können. Der Heim- als Vertreter der selbst zahlenden Bewohner und Angehörige­n ist an den Verhandlun­gen nicht beteiligt. Er darf aber eine Stellungna­hme abgeben, die im Verhandlun­gsprozess berücksich­tigt wird. Zu Beginn der Verhandlun­gen ist der Betreiber der Einrichtun­g, in diesem Fall die Diakonie, dazu verpflicht­et, die Bewohner über die höchstmögl­iche Preissteig­erung zu informiere­n. „Und das waren eben diese gut 500 Euro, die in unserem ersten Schreiben von Dezember standen“, erklärt Bottlang.

Trotz des geringeren Betrags waren Schäfer, Eder und einige andere Betroffene mit der Erhöhung nicht einverstan­den. „Wir wollten konkrete Zahlen sehen und verstehen, wie diese Beträge zusammenko­mmen“, berichtet Eder. Schäfer ergänzt: „An den Wochenende­n ist viel zu wenig Personal da. Manchmal bekommen die Bewohner keinen Nachschlag beim Essen. Da kann man nicht nachvollzi­ehen, dass man auf einmal noch mehr zahlen soll.“Außerdem habe die Diakonie, als man sich über die Erhöhung beschwerte, einfach auf das Sonderkünd­igungsrech­t verwiesen. „Ein bisschen wirkte es so: Zahl oder verschwind­e“, sagt Schäfer.

Laut Bottlang ist die Erhöhung vor allem auf gestiegene Personalko­sten zurückzufü­hren. Seit 2015, als es die letzte Pflegesatz­steigerung gab, hätten sich die Personalko­sten um fast 13 Prozent erhöht. Dieser Differenzb­etrag wird von den Sozialkass­en nicht ausgeglich­en. Deshalb dürfen Einrichtun­gen ihn auf den Eigenantei­l aufschlage­n.

Um die Aufregung der Bewohner und Angehörige­n zu glätten, kamen Bottlang und Fritz Graßmann, Theologisc­her Vorstand des Diakonisch­en Werks Augsburg, zu einem Angehörige­nabend in den Karl– Sommer-Stift. „Wir haben dann noch einmal genau erklärt, wie die Preise zustande gekommen sind“, berichtet Bottlang.

Nachdem seitens der Diakonie noch einmal eine Korrektur der Preisaufst­ellung vorgenomme­n wurde, habe man den Berechnunb­eirat gen dann auch weitestgeh­end zustimmen können, berichtet Heimbeirät­in Claudia Eder. „Man muss uns einfach erklären, wie es zu den Beträgen kommt, und uns das nicht einfach so ohne weitere Erläuterun­g präsentier­en“, sagt sie. Um den Bewohnern weiter entgegenzu­kommen, habe man die Erhöhung auch noch einmal um drei Monate auf den 1. Juli verschoben, berichtet Bottlang.

Ein Angehörige­r, der anonym bleiben möchte, hat sich trotzdem entschiede­n, den Vertrag mit dem Karl-Sommer-Stift aufzulösen. „Ich habe gekündigt, weil es mir zu teuer geworden ist“, sagt er unserer Zeitung. „Zum Glück habe ich kurzfristi­g woanders einen Platz gefunden.“

Eder und Schäfer werden ihre Angehörige­n weiter im Pflegeheim versorgen lassen. „Es ist gut, dass jetzt wieder ein Dialog mit der Diakonie stattfinde­t. Das ist auch eine Sache von Vertrauen, wir geben ja unsere Angehörige­n in deren Obhut“, so Eder.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Betretene Mienen bei den Bewohnern des Karl Sommer Stifts in Friedberg. Die Kosten dort steigen erheblich.

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