Dubiose Geschäfte hinter Friedhofsmauern
Mehrere städtische Arbeiter sollen auf dem Nordfriedhof in die eigene Tasche gewirtschaftet haben. Drei wurden nun zu Bewährungsstrafen verurteilt. Ein prominenter Zuschauer saß im Gerichtssaal: der Chef des Steuerzahlerbunds
Es geht zwar nicht um Mord oder Totschlag. Aber der Fall, der am Montag vor dem Amtsgericht in Augsburg verhandelt worden ist, hat viele Zutaten für einen Krimi. Es geht dabei um dubiose Geschäfte auf einem Friedhof, um Mauscheleien unter CSU-Parteifreunden und beste Kontakte in die Politik. Und es geht um die Frage, ob die Stadtverwaltung bislang genug unternimmt gegen Schwarzarbeit und Korruption in den eigenen Reihen. Drei städtische Friedhofsangestellte sind in dem Prozess am Montag zu Gefängnisstrafen auf Bewährung verurteilt worden, weil sie nach Ansicht des Gerichts bei Grabarbeiten auf dem Nordfriedhof in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.
Ein Polizist sagte vor Gericht aus, die Friedhofsangestellten seien seinen Ermittlungen zufolge immer nach demselben Muster vorgegangen. Einer der Angeklagten erklärte Grabbesitzern, die ein Grab auflösen mussten, die dafür nötigen Arbeiten müssten eigentlich von einem Steinmetzbetrieb gemacht werden. Man könne das aber auch, deutlich günstiger, durch „Grabhelfer“erledigen lassen. Bei diesen Grabhelfern handelte es sich in Wirklichkeit um städtische Friedhofsangestellte. Sie erledigten laut den Ermittlungen die Grabarbeiten während ihrer Dienstzeit, das Geld dafür sollen sie aber in die eigene Tasche gesteckt haben. Laut Anklageschrift spielte sich das zumindest in den Jahren 2012 bis 2015 mehrfach so ab.
Ein weiteres dubioses Geschäftsmodell kam in dem Prozess ebenfalls zur Sprache. Die Friedhofsangestellten räumten nicht nur die alten Gräber ab, sie kümmerten sich auch um die Entsorgung der Grabsteine. Die Entsorgung sah aber so aus, dass sie die Steine gewinnbringend weiterverkauften. Davon wussten die Grabbesitzer offensichtlich nichts. Einer der Friedhofsangestellten – die Ermittler sehen ihn als führenden Kopf der Gruppe – gab zu, dass er damit pro Grabstein in mehreren Fällen rund 500 Euro verdiente. Gegen diesen Friedhofsarbeiter fiel das Urteil am Ende auch am härtesten aus. Das Gericht verhängte eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und neun Monaten wegen Betrugs und Unterschlagung. Zudem muss er laut Urteil 3000 Euro an einen gemeinnützigen Verein bezahlen und den von ihm angerichteten Schaden in Höhe von über 7000 Euro ersetzen. Gegen die beiden weiteren am Montag verurteilten Friedhofsarbeiter der Stadt verhängte das Gericht Bewährungsstrafen von neun und zehn Monaten. Alle drei haben vor Gericht zugegeben, dass sie Arbeiten auf eigene Rechnung nebenbei erledigt hatten – gegen „Trinkgelder“. Das Schuldeingeständnis wirkte aber bei den Angeklagten nicht allzu überzeugt. Der vermeintliche Kopf der Gruppe sagte: „Wir sehen ein, dass es nicht ganz in Ordnung ist und wir auch Fehler gemacht haben.“Verurteilt wurde auch ein Betriebsleiter eines Steinmetzbetriebs. Er hatte der Stadt in mehreren Fällen Grabarbeiten in Rechnung gestellt, die in Wirklichkeit von den städtischen Angestellten erledigt worden sind.
Pikant ist: Alle drei jetzt Verurteilten sind seit Längerem schon in der CSU aktiv und sitzen im Vorstand des Innenstadt-Ortsverbands. Es ist einer der mitgliederstärksten Verbände der Augsburger CSU. Die Ämter lassen sie ruhen, seit Anklage gegen sie erhoben worden ist. Im Fokus der Staatsanwaltschaft ist in der Friedhofsaffäre noch ein weiterer CSU-Mann. Die Ermittler gehen davon aus, dass Gerd Koller, der ehemalige Verwalter des Nordfriedhofs, von den zwielichtigen Geschäften seiner Mitarbeiter gewusst und sie dabei auch unterstützt hat. Koller, 66, hatte sich trotz der laufenden Ermittlungen im Sommer vorigen Jahres zum Vorsitzenden der Innenstadt-CSU wählen lassen. Als wenige Tage später bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft ihn angeklagt hat, ließ auch er sein Parteiamt vorläufig ruhen.
Gerd Koller bestreitet, von den Geschäften seiner Mitarbeiter etwas gewusst zu haben. Das Gericht trennte deshalb das Verfahren gegen ihn ab. Sein Strafprozess soll nun zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden, ebenso wie der Prozess gegen einen weiteren Friedhofsangestellten. Ob Kollers Dementi glaubwürdig ist, muss dann der Prozess zeigen. Klar ist, dass er zu den nun verurteilten Friedhofsarbeitern eine enge Beziehung hat. Er engagierte sich mit ihnen nicht nur gemeinsam in der CSU, sondern auch im Vorstand eines Augsburger Fördervereins, der krebskranke Kinder unterstützt. Das ist auch heute noch der Fall. Obwohl seine Mitarbeiter – wenn man seiner Darstellung folgt – hinter seinem Rücken die dubiosen Geschäfte betrieben haben und er deshalb Ärger mit der Justiz hat.
Sollte das Gericht wie in der Anklage beschrieben zum Schluss kommen, dass der inzwischen pensionierte
Sie sind alle schon länger in der CSU engagiert
Friedhofsverwalter an den verbotenen Geschäften mitgewirkt hat, dann droht ihm sogar eine Gefängnisstrafe ohne Bewährung. Gegenüber den bereits am Montag verurteilten Friedhofsarbeitern sagte Amtsrichterin Ulrike Ebel-Scheufele, dass es zumindest für den Hauptangeklagten ohne Geständnis eng geworden wäre mit der Bewährung.
Erledigt ist der Fall so schnell wohl ohnehin nicht. Mehrere Verteidiger kündigten am Montag bereits an, dass sie gegen das Urteil wohl in Berufung gehen werden. Die Verteidiger hatten zwar alle in ihren Plädoyers festgestellt, dass es „Mauscheleien“auf dem Friedhof gegeben habe. Strafrechtlich relevant seien diese Vorgänge aber aus ihrer Sicht nicht gewesen.
Ein prominenter Zuschauer verfolgte den Prozess: Rolf von Hohenhau, Präsident des SteuerzahlerBunds in Bayern und Ehrenvorsitzender des CSU-Bezirksverbands Augsburg-West. Allerdings trat er nicht auf, um vor den Fernsehkameras einen möglichen Schaden für den Steuerzahler anzuprangern. Er gilt in der CSU als ein Vertrauter von Gerd Koller.