Weiß ist nicht Weiß und Schwarz nicht Schwarz
Jeanette Scheidles Grafiken wandern wie Schatten auf den Betonwänden. Die Ausstellung dauert ein Jahr
Die Experimentierfreude der Stadtberger Künstlerin Jeannette Scheidle gehört ausschließlich der Druckgrafik, Malerei spielt in ihrem Oeuvre keine Rolle. Deshalb hat sie im Laufe ihres Schaffens außer der Lithograhie inzwischen fast alle Techniken ausgereizt. „Impulsivquasistatisch“heißt ihre neueste Ausstellung im Kongress am Park, kuratiert von der Gesellschaft für Gegenwartskunst (GfG). Auf den grauen Betonwänden dort wandern nun Scheidles Arbeiten wie „Schatten hin – Schatten her“, so der Titel einer der Arbeiten, und die Betrachter können sich dem mannigfaltigem Spiel zwischen Schwarz und Weiß kaum entziehen.
Allerdings trügt die erste Wahrnehmung, es reduziere sich alles auf schwarz-weiße Holzschnitte, ob nun original und unverändert (13 Arbeiten unterhalb des Balkons) oder die sechs digital umgewandelten und auf Segeltuchfahnen gedruckten Arbeiten. Auf keinem der Exponate ist Weiß gleich Weiß, und Schwarz gleich Schwarz. Woran das liegt, erschließt sich beim genauen Hinsehen, denn nur so erkennt man, dass die Oberflächenstruktur auf manchen der originalen Grafiken glänzt, aber auch matt, ja sogar transparent sein kann. Und es gibt auch jene Holzschnitte, die geprägt sind von einem Reliefcharakter. Der entsteht, wenn Jeanette Scheidle jene, das Hauptmotiv vertikal durchziehenden Linien und Kreise auf unterschiedlichen schwarzen Texturen mehrfach überdruckt.
Auf diesen Effekt verzichtet die Grafikerin bei ihren am Computer verfremdeten Großformaten. Die Wirkung ist verblüffend und erklärt das Motto „impulsiv – quasistatisch“. Denn die Tatsache, dass Scheidle für jede Darstellung als Motiv einen schnellen FotoSchnappschuss gewählt hat, aus dem sie die Farbe nimmt, um dann kalkuliert und langsam über dem ausgewählten Negativ- oder Positivfoto mit einem erweiterten Holzschnitt „quasistatisch“antwortet. In dieser direkten Formensprache besticht das Können von Jeannette Scheidle. Laufzeit bis Mai 2019 im Kongress am Park zu den Öffnungszeiten