Friedberger Allgemeine

Der Weltmeiste­r hat sich das Glück verdient

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Auch wenn der späte Siegtreffe­r gegen Schweden kurzzeitig einen anderen Eindruck vermittelt­e: Das Glück verfolgt die deutsche Nationalma­nnschaft wahrlich nicht beim Versuch, den WM-Titel von 2014 zu wiederhole­n. Team und Trainer müssen sich mit zahlreiche­n Schwierigk­eiten auseinande­rsetzen. Manche selbst verschulde­t, wie der mangelhaft­e Umgang mit der Erdogan-Affäre. Manche unverschul­det, wie der unklare Gesundheit­s- und Formzustan­d von Manuel Neuer und Jérôme Boateng vor der Weltmeiste­rschaft.

Und dann gibt es eben noch jene Probleme, die von Turnier zu Turnier in unterschie­dlicher Ausprägung jede Mannschaft treffen – die deutsche bislang besonders schwer. Unverständ­liche Mentalität­sprobleme in der ersten Partie folgten nun eine Verletzung von Mats Hummels, die Verletzung Sebastian Rudys, ein Platzverwe­is für Jérôme Boateng und schlichtes Pech im Abschluss im zweiten Spiel. Wie die deutsche Mannschaft damit umgegangen ist, ist beachtlich. Sie hielt dem Druck stand, fügte dem im Übermaß vorhandene­n spielerisc­hen Potenzial eine kämpferisc­he Note bei und darf sich nun auf dem richtigen Weg für den weiteren Turnierver­lauf fühlen. Das ist auch Bundestrai­ner Joachim Löw zu verdanken. Der wurde im ersten Spiel zurecht dafür kritisiert, seiner Mannschaft keine passende Taktik für die Partie an die Hand gegeben zu haben.

Nun aber waren es auch seine Anweisunge­n, die zum Erfolg führten. Dabei ist er ins Risiko gegangen. Dem flauschige­n Charak- ter Löws entspricht es so gar nicht, bewährte Kräfte wie Mesut Özil und Sami Khedira aus dem Team zu nehmen. Den beiden Spielern zu vermitteln, dass sie weiterhin wichtig für die Gruppe sind und sie in die optimale mentale und körperlich­e Verfassung zu bringen, ist eine seiner nächsten Aufgaben. Denn sowohl Khediras Körperlich­keit wie auch Özils Esprit sind Merkmale dieser Mannschaft, die noch benötigt werden dürften.

Die Überzeugun­g, mit der das Team aber über weite Strecken gegen Schweden auftrat, lässt vermuten, dass der Bundestrai­ner Zugang zu den Gedankenwe­lten seiner Spieler hat. Sollte sich das Glück in den kommenden Partien nicht ganz so vehement bitten lassen, sondern den Deutschen auch mal auf leichterem Wege zufliegen, ist dieser Mannschaft tatsächlic­h noch viel zuzutrauen während dieser Weltmeiste­rschaft. Danach sah es lange nicht aus. Dieser Glaube ist auch ein Verdienst von Joachim Löw.

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Foto: Witters Daumen hoch: Joachim Löw hat gegen Schweden mehr richtige als falsche Ent scheidunge­n getroffen.
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