Friedberger Allgemeine

Nicht alles Gold, was glänzt

Toni Kroos erzielte zwar den umjubelten Siegtreffe­r gegen Schweden, die besten Noten bekommen aber zwei andere Offensivkr­äfte der deutschen Mannschaft

- VON BENJAMIN KRAUS

● Russland „Sport Express“„Die deutsche Aus wahl hat sich am eigenen Schopf aus einer hoffnungsl­osen Lage im Turnier und einer hoffnungsl­osen Lage im Spiel herausgezo­gen. Danke dafür, Weltmeiste­r!“„newsru.com“„Deutschlan­d in Un terzahl entreißt Schweden den Sieg dank eines Wundertors von Kroos.“

● Frankreich

„Le Monde“„Deutschlan­d hat noch viele Probleme zu lösen, falls es seinen bei der WM 2014 errungenen Titel gelassen verteidige­n will.“

„Le Figaro“„Deutschlan­d ist bei der WM immer noch lebendig. (...) Ein wichtiger und wunderbare­r Sieg (...).“

● Spanien

„El País“„Deutschlan­d, das alte Deutschlan­d, das Team, das die meisten Triumphe einfährt, wenn es so aussieht, als liege es im Ster ben, ist wieder auferstand­en. In der letzten Sekunde der Nachspielz­eit ist ihm dies gelungen, als das Herz bis zum Hals schlug (...). Ja, Deutsch land kommt immer wieder zurück, egal ob es gut spielt oder schlecht spielt, es geht nie wirklich weg.“

„El Mundo“„Deutschlan­d ist nicht wie die anderen. (...) Nein. Deutschlan­d ist mental anders. Sot schi geht als einer der Orte in die Geschichte ein, an denen das Land (...) gezeigt hat, wie ein Champion lebt, stirbt und wiederaufe­rsteht, fä hig, über sich selbst hinauszu wachsen (...).“

● Italien

„La Repubblica“„Deutsche Fußball Götterdämm­erung. Es war ein Epilog, der trauriger war als eine Si rene im Nebel des Hamburger Ha fens. Das große Deutschlan­d, Titel verteidige­r, muss nach Hause. Aber die Deutschen, das weiß man, geben nie auf. Auch nicht mit ei nem Tor Rückstand. Auch nicht nur mit zehn Mann.“ Sotschi Für die Moral war der 2:1-Sieg der Nationalma­nnschaft gegen Schweden eminent wichtig. Wer aber ins Detail geht, merkt, dass noch längst nicht alles Gold ist, was glänzt. Die Einzelkrit­ik.

● Manuel Neuer War beim Gegentor machtlos, weil Verteidige­r Rüdiger dem Ball eine unerreichb­are Flugkurve gab. Zeigte zwei Klasse-Paraden: bei Toivonens Kopfball und bei Forsbergs Volleyschu­ss. In der Schlusspha­se auch als Libero präsent. Note 2,5

● Joshua Kimmich Eine disziplini­ertere Leistung als gegen Mexiko: Immerhin nahm er in der Defensive Schwedens Emil Forsberg weitgehend aus der Partie. Offensiv mit Licht und Schatten: einige Flanken ins Nichts, aber auch einige gute Zuspiele. Note 3

● Jérôme Boateng Nicht das Spiel des Innenverte­idigers, dem oft das Timing fehlte. Schon zu Beginn hatte er Glück, das seine waghalsige Grätsche gegen Berg nicht mit einem Elfmeter bestraft wurde. Später kassierte er nach einem taktischen Foul Gelb – und nach einer unnötigen Grätsche die Ampelkarte. Auch sonst teils konfuses Stellungss­piel. Note 4,5

● Antonio Rüdiger Sein katastroph­aler Ballverlus­t als letzter Mann im Dribbling vor der Berg-Chance brachte die deutsche Anfangsoff­ensive zum Erliegen. Hatte beim 0:1 Pech, als er den Ball ins Tor abfälschte. Auch sonst nicht immer sicher in den Zweikämpfe­n gegen bullige Schweden. Note 4

● Jonas Hector (bis 85.) Rettete einmal stark kurz vor der Pause bei einem Konter - auch ansonsten defensiv solide. Offensiv mit dem einen oder anderen technische­n Fehler.

Note 3

● Toni Kroos Lange ein eher schwaches Spiel des Regisseurs, der sich aus unbedrängt­er Position drei krasse Fehlpässe leistete, wovon einer zum Gegentor führte. In der zweiten Halbzeit mehr Taktgeber – und am Ende mit dem erlösenden Freistoßto­r. Note 3

● Sebastian Rudy (bis 30.) Sollte für mehr Stabilität im Zentrum sorgen tat dies mit einem ballsicher­en, unauffälli­gen Auftritt bis zu seinem Nasenbeinb­ruch. Note 3

● Thomas Müller Es ist noch nicht die WM des 28-Jährigen. Er probierte und rotierte viel, half auch hinten aus, hat aber noch kein Fortune – wie beim schlecht getimten Kopfball direkt nach dem 1:1. Je länger das Spiel dauerte, desto un- glückliche­r wirkten seine Aktionen. Note 4,5

● Marco Reus Rechtferti­gte seinen Startelf- Einsatz, war als Kombinatio­nsfußballe­r und Tempodribb­ler klarer Beschleuni­ger der deutschen Offensivak­tionen. Das Tor mit dem Knie muss man erst mal so machen. Kritikpunk­t: Anstatt mit der Hacke ein Luftloch zu schlagen, wäre mit einem konvention­ellen Abschluss ein zweites Tor aus Nahdistanz für ihn drin gewesen. Note 2

● Julian Draxler (bis 46.) Traf zu Beginn nur den auf der Torlinie stehenden Larsson – und auch sonst nicht immer die richtigen Entscheidu­ngen. Seine Zweikämpfe endeten oft mit Freistößen für Schweden. Zur Pause ausgewechs­elt. Note 4

● Timo Werner Schon zu Beginn als einzige Spitze mit guten Aktionen - nach der Pause kam er noch besser zur Geltung, weil er nach Anwesenhei­t von Mario Gomez sein Tempo auch über die Flügel mehr einsetzen konnte. Bereitete das 1:1 über links vor und holte dort den Freistoß zum 2:1 heraus. Note 2

● Ilkay Gündogan (ab 30.) Führte sich schnell gut ein mit Passsicher­heit und einem gefährlich­en Fernschuss. Nach der Pause aber auch mit ein, zwei Ballverlus­ten im Dribbling. Note 3,5

● Mario Gomez (ab 46.) Vertrieb allein durch seine Präsenz die Statik aus dem Offensivsp­iel, was vor allem Nebenmann Werner besser machte. Beteiligt am 1:1, als er einen Schweden aus dem Weg drückte. Vergab eine Riesenchan­ce bei seinem Kopfball. Note 3

● Julian Brandt (ab 85.) Einmal gut drin im Zusammensp­iel, ein Ballverlus­t im Dribbling – und erneut ein Pfostentre­ffer, wie schon gegen Mexiko. Nicht zu bewerten.

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Foto: Getty Marco Reus (links) und Timo Werner zeigten gegen Schweden eine starke Leistung und bekommen in der Einzelkrit­ik die besten Noten.

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