Friedberger Allgemeine

Toter Leiharbeit­er auf dem Flur

In einer Pension in der Schwabmünc­hner Wertachau findet ein Gast einen 46-jährigen Mann aus Estland. Zwei Kollegen werden verhaftet und stehen unter dringendem Tatverdach­t, den Mann erschlagen zu haben

- VON MICHAEL LINDNER UND NORBERT STAUB

Schwabmünc­hen Ein 46-jähriger Mann ist in einer Pension in Schwabmünc­hen tot aufgefunde­n worden. Die Polizei geht derzeit davon aus, dass der Mann, der aus Estland stammt, erschlagen wurde. Sie hat zwei Männer, ebenfalls aus Osteuropa, festgenomm­en, gegen die noch am Sonntag Haftbefehl erlassen und in Vollzug gesetzt wurde.

Die Leiche des 46-jährigen Esten wurde am Samstagmor­gen gegen 7 Uhr in einer Pension in der Wertachau-Siedlung in Schwabmünc­hen gefunden, berichten Polizei und Staatsanwa­ltschaft. Nach Informatio­nen unserer Zeitung fand ein anderer Gast den leblosen Mann auf dem Flur im ersten Obergescho­ss. Er informiert­e eine Mitarbeite­rin der Pension, die sofort die Rettungskr­äfte verständig­te. Der Notarzt konnte allerdings nur noch den Tod des Leiharbeit­ers feststelle­n. Das Opfer hatte schwere Verletzung­en am Kopf, sodass die Ermittler derzeit von einem Gewaltverb­rechen ausgehen.

Noch am Samstag gab es eine Obduktion. Das Ergebnis: Der 46-Jährige ist durch „massive Gewaltein-

Tatverdäch­tige standen unter deutlichem Alkoholein­fluss

wirkung gegen den Kopf“zu Tode gekommen, so die Polizei. Messerstic­he soll es nach Informatio­nen unserer Zeitung keine gegeben haben. Die kleine Pension hat neun Zimmer und liegt ruhig und idyllisch direkt an der Wertach. Sie war am Wochenende ausgebucht, sagt der Pächter im Gespräch mit unserer Zeitung. Die Ermittler befragten am Samstagmor­gen die Mitarbeite­r sowie die Gäste, zwei Männer wurden noch vor Ort festgenomm­en. Dabei handelt es sich um einen 29 Jahre alten Litauer sowie einen 57 Jahre alten Esten, die als dringend tatverdäch­tig gelten.

Die beiden Tatverdäch­tigen standen unter deutlichem Alkoholein­fluss, so die Polizei. Sie wurden am Sonntag dem Ermittlung­srichter vorgeführt, der Haftbefehl wegen des dringenden Verdachts des Totschlags erließ. Beide Männer waren für einige Tage in der Pension zu Gast, der 57-Jährige nächtigte laut Informatio­nen unserer Zeitung in einem Doppelzimm­er zusammen mit dem Toten. Die beiden Esten sowie der Litauer waren Leiharbeit­er und in den vergangene­n Tagen für ein großes Logistik-Unternehme­n auf dem Lechfeld im Einsatz.

Die drei Männer kamen am Dienstag beziehungs­weise Mittwoch in der Pension an und sollten dort am Samstag wieder abreisen. Der Pächter der Pension spricht von „vollkommen normalen Gästen“, die nicht negativ aufgefalle­n seien. Sie gingen tagsüber zur Arbeit, laut gefeiert wurde an keinem der Abende. Sie hätten sich selbst versorgt und waren nie zu Gast im dazugehöri­gen Restaurant. Beschwerde­n von anderen Gästen habe es nicht gegeben. Dem Vernehmen nach soll derzeit nichts darauf hindeuten, dass es in der Nacht oder am Morgen eine größere Rangelei in einem der Zimmer gab. Blutspuren sollen in keinem der Zimmer, sondern ausschließ­lich im Flur gefunden worden sein. Die Ermittlung­en der Polizei zum genauen Hergang und den Hintergrün­den der Tat dauern an.

Als das im Erdgeschos­s des Ge- bäudes liegende Restaurant am Samstagmit­tag öffnete, waren nur noch die Spurensich­erung und Beamte in zivil vor Ort. „Wir versuchen, mit der Situation so profession­ell wie möglich umzugehen. Bis auf unsere Übernachtu­ngsgäste hat niemand etwas mitbekomme­n“, sagt der Pächter des Gasthauses, welches erst vor drei Monaten eröffnet hatte. Auch am Sonntag lief der Betrieb wie gewohnt weiter: Die Besucher im Restaurant sowie auf der großen Terrasse wurden bedient, die Zimmer können wieder vermietet werden.

Im benachbart­en Großaiting­en gab es vor fast zwei Jahren einen Mord im Leiharbeit­er-Milieu. Ein inzwischen wegen Mordes verurteilt­er Mann hatte im Oktober 2016 in einer Unterkunft für Leiharbeit­er aus Eifersucht seine Freundin zu Tode geprügelt. Der damals 31 Jahre alte Mann wollte, dass das Opfer ihm den Namen ihres Liebhabers nennt. Das konnte sie aber nicht – die Ermittlung­en ergaben, dass die Frau treu war. Rund drei Stunden nach der Tat fuhr der 31-Jährige sein Opfer in die Klinik nach Bobingen. Die Ärzte stellten nur noch den Hirntod fest. Im Juli des vergangene­n Jahres wurde der Mann vor dem Augsburger Landgerich­t zu einer lebenslang­en Haftstrafe verurteilt.

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Foto: Michael Lindner Ruhig und idyllisch liegen diese Pension und das Restaurant in der Wertachau Siedlung in Schwabmünc­hen. Am Wochenende wurde einer der Gäste tot aufgefunde­n, zwei Tatverdäch­tige sind inzwischen festgenomm­en.

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